Die Wacker Chemie AG kämpfte in den vergangenen Jahren vehement gegen die bis September 2018 geltenden Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen gegen kristalline Photovoltaik-Produkte aus China in der EU. Dies ist insofern nachvollziehbar, verhängte doch die chinesische Regierung 2013 quasi als Vergeltungsmaßnahme für die Entscheidung aus Brüssel einen Mindestimportpreis für Wackers Polysilizium-Verkäufe in China. Für den Münchner Konzern ein Wettbewerbsnachteil. Wacker fürchtete dadurch schlechtere Geschäfte.
Im Kampf für eine Ende der Maßnahme gründete Wacker Mitte 2015 mit weiteren Unternehmen die Vereinigung „Safe“ in Deutschland. Zudem übernahm Marketing-Vorstand Christian Westermeier im März 2017 die Präsidentschaft von Solarpower Europe. Der europäische Photovoltaik-Verband hatte sich damals bereits für ein Auslaufen der Mindestimportpreise positioniert und versuchte, die Entscheidungsträger in Brüssel von der Notwendigkeit des Endes der Maßnahmen zu überzeugen. Im ersten Anlauf scheiterten Solarpower Europe und Safe mit ihrem Anliegen. Die EU-Kommission leitete Ende 2015 eine Auslaufprüfung ein und verlängerte die Maßnahme schließlich nochmals bis September 2018.
Wacker verließ sich im Kampf gegen die Mindestimportpreise wohl aber nicht nur auf den Einfluss der Verbände. Um ein endgültiges Ende der Maßnahmen zu erreichen, griff Wacker auch auf die Unterstützung der Beratungsfirma Eutop zurück. Dies legt zumindest ein im „Spiegel“ erschienener Artikel vom Wochenende nahe. Wacker setzt dem Bericht zufolge bereits 2010 auf die Dienste von Eutop und lässt sich das offenbar 250.000 Euro jährlich kosten. Die Beratungsfirma bestehe aus einem „Kreis aus meist exzellent bezahlten Mitarbeitern aus Politik und Wirtschaft“, darunter auch ehemalige deutsche Ministerpräsidenten und Minister.
Das Nachrichtenmagazin hat auf Basis von Aussagen ehemaliger Mitarbeiter und ausgewerteter Dokumente die Methoden der Firma nachvollzogen. Lobbyismus per se bewegt sich oft in einer Grauzone. Die politische Einflussnahme von Eutop in Brüssel und Berlin bezeichnet der „Spiegel“ als „zumindest fragwürdig“. Im Artikel heißt es: „Soweit sich das nachvollziehen lässt, wissen die Kunden nicht, welche Eutop-Mitarbeiter für sie tätig werden. Die angesprochenen Politiker wiederum kennen wohl in der Regel die wahren Auftraggeber und Absichten nicht, weil sie nur mit Mittelsleuten aus der Beraterfirma zu tun haben. Intern heißen diese Leute ‚gute Geister.‘“
Mit diesen Methoden agierte Eutop auch im Auftrag von Wacker für ein Auslaufen der Mindestimportpreise. Nach den „Spiegel“-Recherchen wandte sich Westermeier im November 2015 – also kurz vor Einleitung der Auslaufprüfung durch die EU-Kommssion – an seinen Ansprechpartner bei Eutop, der heute das Brüssel Büro der Beratungsfirma leite. Westmeier sah zu diesem Zeitpunkt eine gute Chance, den damaligen Kanzleramtsminister und heutigen Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der als Befürworter der Zölle galt, „umzudrehen“. Die Antwort von Eutop: „Herr Hoff ist an Herrn Altmaier dran. Das ‚Umdrehen‘ sollte doch gelingen.“ CDU-Parteifreund Volker Hoff war zuvor hessischer Europaminister und hatte einen privilegierten Zugang zu Altmaier. Die Pressestelle seines heutigen Ministeriums bestätigt, Altmaier habe mehrfach Gespräche zum Thema Zölle mit Vertretern der Solar- und Chemieindustrie geführt, geht aber nicht auf Hoff oder Eutop ein, wie es im Artikel weiter heißt.
Parallel zu Altmaier soll die Beratungsfirma im Auftrag von Wacker auch den damaligen SPD-Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bearbeitet haben. Dafür sei der ehemalige bayerische SPD-Chef Ludwig Stiegler eingesetzt worden. Er wandte sich an Gabriel, um die Sorgen des bayerischen Unternehmens an ihn heranzutragen. „Wackers Marktanteil ist erheblich gesunken und entsprechende Verluste sind die Folge. Damit sind gut 3000 Arbeitsplätze bei Wacker in Gefahr, obwohl die Produkte weltweit anerkannt sind“, zitiert der „Spiegel“ aus einer E-Mail von Stiegler. Anschließend bat er Gabriel noch, sich für das Auslaufen der Maßnahmen gegen China einzusetzen. Stiegler bot Gabriel dem Bericht zufolge auch ein „orientierendes Gespräch“ mit Wacker an.
In einer weiteren E-Mail schickte Stiegler einen Brief des Wacker-Vorstandschefs mit, der nach seiner Aussage auf eine Initiative des Chefs der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie und Energie, Michael Vassiliadis, zurückgehe. Vassiliadis bestreitet dies gegenüber dem „Spiegel“. Zugleich zitiert das Blatt eine Antwort von Gabriel, dass er Stiegler als Interessensvertreter von Wacker wahrgenommen habe. Kein Wort allerdings über Eutop – weder von Stiegler noch von Gabriel.
Und das soll ja auch so sein. „Intransparenz gehört von Beginn an zum Geschäftsmodell von Eutop“, schreibt der „Spiegel“ weiter. Zudem rate Firmengründer Klemens Joos allen Mitarbeitern angeblich, nur das Notwendigste schriftlich festzuhalten. Wacker hat den Kontakt zu Eutop auf Anfrage weder bestätigt noch dementiert. Und auch Joos schicke direkt seine Anwälte vor, als der „Spiegel“ mit einem umfangreichen Fragenkatalog auf ihn zukam.
Mit dem Auslaufen der Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen für die chinesischen Photovoltaik-Hersteller im September 2018 konnte Wacker – wenn auch erst zwei Monate danach – sein eigenes Ziel erreichen. China hob die Mindestimportpreise für das Polysilizium des deutschen Konzerns ebenfalls auf.
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Die Mindestimportpreise gegen China haben der europäischen Solarindustrie zu keinem Zeitpunkt etwas genutzt. Sie haben – im Gegenteil – dazu beigetragen, die Energiewende in
Europa weiter zu verzögern und genau das war der eigentliche Antrieb. Die Importzölle waren eine Form der
politischen Korruption der konventionellen Energiewirtschaft. So zumindest meine These. Wer – mit Restvertand – glaubt ernsthaft, dass Frank Asbeck diese Maßnahme im Alleingang bewirken konnte ? Dass das ehemalige Nachrichtenmagazin „der Spiegel“, dass sich permanent zum Lautsprecher von Lobbyorganisationen macht, nun politische Einflussnahme von Lobbyisten beklagt ist schon einigermaßen amüsant.
Es zeigt uns allerdings eines: Der neue Feind im transatlantischen Lager heißt China und es muss alles dafür getan werden dieses Feindbild zu manifestieren.
Wir in der Solarbranche sollten alle froh sein, dass die sinnlosen Zölle endlich weg sind. Ohne China ginge die Energiewende in Deutschland noch schlechter voran, als dies ohnehin schon der Fall ist.