Bei der ersten Tagung des Klimakabinetts der Bundesregierung haben die teilnehmenden Minister vereinbart, bis Ende Mai konkrete Vorschläge für Klimaschutz-Maßnahmen vorzulegen. Auf dieser Grundlage soll dann ein Gesamtkonzept entstehen. Dabei könnte es wie von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorgesehen im Grundsatz bei individuellen Sektorenzielen etwa für Verkehr, Gebäude oder Landwirtschaft bleiben. Der Beitrag der einzelnen Sektoren zu den Klimazielen werde in den nächsten Sitzungen des Kabinettausschusses für den Klimaschutz besprochen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert nach der Sitzung einer Meldung der „Nachrichtenagentur Reuters“ zufolge. Es sei klar geworden, dass beim Klimaschutz „deutlicher Handlungsbedarf“ bestehe, so Seibert. Bei ersten Treffen des Klimakabinetts waren neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Ministerinnen für Umwelt und Landwirtschaft sowie die Minister für Wirtschaft, Verkehr, Finanzen und Bau vertreten.
Um sektorscharfe Ziele ist in den vergangenen Monaten ein Streit in der Bundesregierung entbrannt. Auslöser war, dass Schulze in ihrem ersten Entwurf für ein Klimaschutzgesetz den einzelnen Sektoren konkrete Einsparziele vorgegeben hatte. Die zuständigen Ministerien sollten in die Pflicht genommen werden, dass diese Ziele auch erreicht werden. Dagegen hatte vor allem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vehement protestiert. Der Verkehrssektor ist die größte Schwachstelle im deutschen Klimaschutz – hier ist der CO2-Ausstoß dem Statistischen Bundesamt zufolge seit 2010 sogar um sechs Prozent gestiegen.
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer hat derweil zur ersten Sitzung des Klimakabinetts gefordert, dass die Ministerrunde bis zum Sommer ein wirksames, mit Maßnahmen verbundenes Klimaschutzgesetz beschließen muss, das Ziele für alle Sektoren verbindlich macht. Diese Ziele müssten im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen stehen. Zudem fordert er bis zum Sommer Eckpunkte für den Kohleausstieg sowie ein Maßnahmenpaket, das den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Einklang mit dem Klimaziel für 2030 und dem Kohleausstieg ankurbelt. Darüber hinaus müssten noch in diesem Jahr Eckpunkte zur Einführung einer CO2-Bepreisung für alle Sektoren sowie ein Fahrplan zum Abbau umweltschädlicher Subventionen verabschiedet werden. „Das muss das Klimakabinett leisten, ansonsten ist es gescheitert“, resümiert Krischer.
Neuberufung der Expertenkommission für Monitoring-Prozess
Das Wirtschaftsministerium hatte am Mittwoch zudem veröffentlicht, dass das Bundeskabinett der Neuberufung der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ zugestimmt hat. Seit 2011 begleitet das unabhängige Gremium die Fortschritte bei der Energiewende. Neben Andreas Löschel (Universität Münster) und Fritjof Staiß (Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg) sind nun Veronika Grimm (FAU Erlangen) und Barbara Lenz (Humboldt-Universität Berlin) dabei. Die beiden Professorinnen ersetzen Georg Erdmann und Hans-Joachim Ziesing. Die Berufungsperiode für die neu zusammengesetzte Expertenkommission beginnt am 1. Juli 2019 und endet am 30. Juni 2022.
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„Dagegen hatte vor allem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vehement protestiert. “ (!!!)
Wenn das schon so losgeht, dass ein wichtiges Ministerium vehement gegen die Erreichung und damit verbundenen gesteckten Klimaziele bis 2030 vehement protestiert, dann hat das ganze „Kasperltheater“ was hier mal wieder von der Politik veranstaltet wird doch überhaupt keinen Sinn und kostet nur unnötig Geld. Menschen, die sich so gegen die Umwelt wenden und nicht wirklich konstruktiv und rasch versuchen, die Klimaziele, die ja nur eine Mindestanforderung sind, zu erreichen, sollten nicht mit derart wichtigen Aufgaben und Funktionen betraut werden. Sie sind an dieser Stelle inkompetent, ignorant und verantwortungslos.
Es ist wohl so: weil der Stromsektor besonders stark staatlich reguliert ist, war es dort auch besonders einfach, schnell einen höheren Erneuerbaren-Anteil durchzusetzen. Auf den freier organisierten Sektoren Verkehr und Wärme ist es viel schwieriger, mit Ge- und Verboten Ersparnisse und Umstellung zu erreichen. Speziell Ersparnisse resultieren auch gerne in einem Rebound-Effekt: Wenn die Motoren sparsamer werden, werden die Autos schwerer und stärker, wenn die Wärmedämmung besser wird, wächst die Wohnfläche und die Raumtemperatur wird angehoben.
Dann war wohl ein Gedanke immer, dass man in den anderen Sektoren fossile Brennstoffe durch Strom ersetzen kann, und wenn der Erneuerbar ist, ist alles geschafft. Auf dem Wärmesektor kann aber Stromeinsatz (mit Wärmepumpen) nur eine Teillösung sein, weil die Saisonalität das Stromnetz belastet. Die anderen Teillösungen, die mindestens genauso wichtig sind, sind Kraft-Wärmekopplung (die das Stromnetz direkt entlastet), Solarthermie und saisonale Wärmespeicherung. In anderen Ländern sind jetzt die PVT-Kollektoren im Kommen, die Strom- und Wärmeerzeugung kombinieren.
Im Verkehrssektor ist die Stromlösung bisher kein Ersatz: Die Autos sind zu teuer und haben eine zu geringe Reichweite. Selbst bei ausreichender Lieferfähigkeit und gutem Ausbau des Ladesäulennetzes würden kaum mehr Leute E-Autos kaufen, weil sie weniger Gebrauchswert zu deutlich höheren Kosten bekämen. Dass die Autoindustrie da zögerlich war und auf bessere technische Lösungen wartet, kann ich gut nachvollziehen. Warum man nicht intensiver und mit mehr Nachdruck an einem Akkuwechselsystem arbeitet, kann ich nicht nachvollziehen. Dass man Batterien oder Akkus wechselt um die Reichweite zu verlängern ohne das Gerät selbst zu schwer zu machen, ist bei elektrischen Geräten eine lange erprobte Technik. Die elektrochemische Speicherung stößt bei der Massenenergiedichte schnell an physikalische Grenzen, höhere Dichten erreicht man nur mit chemischen Energieträgern. Die höhere Effizienz der Speicherung spricht trotzdem für die elektrochemischen Speicher, aber ein Akkuwechselsystem erfordert seine eigenen technischen und organisatorischen Lösungen.
Die starke emotionale Aufladung des Kfz mit Verbrennungsmotor, der Möglichkeit mobil zu sein, aber auch strukturelle Gründe mit Gewerbegebieten in der Pampa, ausufernden Zentren, Schwierigkeiten, wegen des Arbeitsplatzes seine Wohnung zu wechseln, führen zu mehr Verkehr und machen es schwer, restriktiv zu sein. Lieber werden neue Straßen gebaut, damit im Stau nicht so viel Treibstoff vergeudet wird.
Alleine, dass jemand wie Angela Merkel, für die das Auto nur ein Fortbewegungsmittel ist, sich gezwungen sah, sich zur Autokanzlerin zu erklären, weil ihr Vorgänger damit Erfolg gehabt hatte, spricht Bände.
Deutschland war ein Autoland und hatte in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts Erfolg damit. Es wird Zeit, dass es seinen Schwerpunkt verlagert auf Erneuerbare Energie und Computer – das sind die Märkte der Zukunft. Dass die Alten sich dagegen mit Händen und Füßen wehren, ist normal, sollte aber kein Hinderungsgrund sein.
Im Wärmesektor waren die Bemühungen um mehr Effizienz, obwohl nirgends so einfach wie dort, viel zu wenig ambitioniert. Nach 20 Jahren Bewährung sollte das Passivhaus schon seit mehreren Jahren Baustandard sein. Die EnEV dagegen enthält z.T. sinnlose bis schädliche Regelungen, dass man z.B. sein Haus so schlecht dämmen kann wie man will, wenn man bloß Erneuerbare Energiequellen zum Ersatz des zu hohen Wärmeverlustes verwendet. Der Gedanke, dass jede Energienutzung die Umwelt schädigt und auch Erneuerbare Energien deshalb eine begrenzte Ressource sind, kam da nicht vor. Sprüche wie „Die Sonne schickt keine Rechnung“ sind da auch nicht hilfreich. Die Sonne schickt eine Rechnung in Form von Landschafts- und Rohstoffverbrauch, Verschandelung der Landschaft durch Windräder, Strommasten, Entsorgungsproblemen, Maiswüsten, ….
Architekten, Bauherren und Bauaufsicht betreiben eine stillschweigende Kumpanei, es bei den Vorschriften nicht so genau zu nehmen, auf dem Papier alles zu akzeptieren und beim Bau nicht so genau hinzuschauen. Und wenn vom Mangel an Mietwohnungen die Rede ist, kommt von der Wohnungswirtschaft sofort die Forderung, Baustandards zu senken. Dass ein höherer Baustandard zwar den Bauherrn mehr kostet, aber den Mieter entlastet, weil der dann niedrigere Nebenkosten hat, wird geflissentlich unterschlagen. Die Immobilienhaie wollen so billig wie möglich bauen, die Heizkosten sollen dann die Mieter zahlen – daran wird dann noch mal verdient.
Ingesamt sind die Beharrungskräfte überall gewaltig, die steuerliche Bevorzugung von großen Dienstwagen, der Unwille, sich mit Wärmedämmung zu beschäftigen, etc.: Alles, was wirkt, stellt eine Bedrohung der existierenden Strukturen dar. So weiter wie bisher können wir aber auch nicht machen. Am lächerlichsten ist immer das Arbeitsplatzargument: Bedroht sind natürlich die Arbeitsplätze, die bisher davon leben, dass die Umwelt geschädigt wird. Sie werden ersetzt durch umweltneutrale Arbeitsplätze. Billiger wird’s in den seltensten Fällen, und ist entsprechend mit mehr Arbeit und damit auch mehr Arbeitsplätzen verbunden.