Eine Ein-Megawatt-Photovoltaik-Anlage aus dem Jahr 2011 im Süden Deutschlands wechselt drei Jahre nach der Errichtung den Besitzer. Zum Glück wusste der neue Besitzer von der Schwachstelle der verwendeten Wechselrichter, so dass diese eingepreist wurde. Dass diese allerdings so lästig wurde, wie es sich dann letztes Jahr zeigte, war ihm nicht klar.
Die rund 40 Wechselrichter der Photovoltaik-Anlage fallen alle der Reihe nach aus. Soviel ist jetzt schon klar. Dem Hersteller ist die Ursache bekannt und solange eine Garantie besteht, wechselt er die Geräte in der Regel gegen reparierte Austauschmodelle. Hört sich erst einmal gut an, auch wenn man wie der Besitzer kritisieren mag, dass der Hersteller „trotz der massiven Ausfälle“ immer nur die gerade ausgefallenen Exemplare getauscht habe und nicht bereit gewesen sei, alle Wechselrichter auf einmal zu tauschen.
Einfach mal vier Monate warten?
Vergangenes Jahr, als die Sonneneinstrahlung wieder zunahm, sind erneut zwei Geräte ausgefallen. Da hat ihm der Hersteller per Email – die pv magazine vorliegt – mitgeteilt, dass er die Geräte jetzt erst einmal gar nicht mehr tauschen kann. Für mindestens vier Monate seien sie nicht mehr verfügbar. „Und das, obwohl wir extra für die Garantieverlängerung bezahlt haben und diese noch galt“, so der Besitzer.
Was denken Sie?
Was ist Ihre Einschätzung? Ist das ein Einzelfall oder ist er relevant für die Industrie? Welche Themen im Bereich Wechselrichter interessieren Sie am meisten und haben Sie auch Erfahrungen und Fälle zu berichten, die wir auf unserem Quality Roundtable auf der Intersolar in München diskutieren und aus denen die Industrie lernen kann?
Schreiben Sie an (wir behandeln Hinweise vertraulich): michael.fuhs@pv-magazine.com
„Alternativ bot man uns den Wechsel zu einem nicht kompatiblen Gerät an“, erzählt er. Die Verkabelung des Solarparks hätte komplett neu gemacht werden müssen. „Dies hätte laut Schätzung unserer Wartungsfirma mehrere Tausend Euro gekostet“, sagt er. Der Hersteller bot in seiner E-Mail dagegen eine Pauschale von 50 Euro für den „zusätzlichen Inbetriebnahmeaufwand aufgrund von Kompatibilitätsproblemen“ an. Früher, im Fußballverein und den rauhen Gepflogenheiten dort, habe man so etwas „Verhöhnung des Gegners“ genannt, merkt der Besitzer etwas salopp an.
Er besorgte sich dann zunächst einen gebrauchten Wechselrichter gleichen Typs, zahlte diesen selbst und kündigte die Garatieverlängerung. Daraufhin bewegte sich der Hersteller. Er bot nach einigen Wochen an, selbst zwei Geräte aus dem Altbestand zu liefern. Man einigte sich dann darauf, dass die Garantieverlängerung nicht gekündigt würde und dass die Kosten von dem selbst beschafften Austauschgerät von der Jahresrechnung für die Garantieverlängerung abgezogen werden dürften. „Das war eine rein ökonomische Abschätzung“, sagt der Besitzer. Der Hersteller rechne damit, durch die jährlichen Zahlungen der Garantieverlängerung am Ende mehr einzunehmen werde als die Austauschgeräte kosten.
pv magazine Quality Roundtable auf der Intersolar Europe - Themen:
- Qualität bei Glas-Glas-Modulen
- Was lässt sich aus Erfahrungen mit schlechter Qualität bei Kabeln und Steckverbindern lernen (über Erdkabel und anderes)?
- Was lässt sich aus Erfahrungen mit schlechter Qualität bei Wechselrichtern lernen?
Zu Ende war die Geschichte trotzdem noch nicht. Die Rechnung sei dann in voller Höhe gekommen. „Es waren mehrere Mails und Telefonate notwendig um die Gutschrift für das selbst beschaffte Altgerät endlich zu erhalten“, sagt der Besitzer. Hauptsächlich wegen fehlender Kommunikation der Abteilungen bei dem Hersteller, vermutet er. Grundsätzlich habe er daraus gelernt, dass er sich auf dem Gebrauchtmarkt mit günstigen Ersatzgeräten eindeckt, um sie sofort parat zu haben.
Serviceerwartung und Versicherungen
Was lernt man daraus für neue Photovoltaik-Anlagen? Bei neuen Wechselrichter sei solch ein Vorgehen aber nicht mehr so einfach, so der Besitzer der Beispielanlage, da diese komplizierter seien als die älteren Geräte. Man müsse sich die Schnittstellen ansehen und kontrollieren, ob man die Gebrauchtgeräte updaten kann.
Die Erfahrung schreckt ihn trotzdem nicht vom Bau neuer Photovoltaik-Kraftwerke ab. So häufig würden solche Serienschäden seiner Erfahrung nach nicht auftreten. Für den Ertragsausfall habe er im Übrigen eine Allgefahrenversicherung abgeschlossen. Problematisch sei es allerdings, wenn Banken bestimmte Versicherungen verlangten, die unverhältnismäßig teuer seien. Da müsse man verhandeln.
Vor reinen Wechselrichter-Versicherungen warnt er. Wenn man mehrere Reparaturfälle hat, werden sie meist gleich gekündigt oder die Prämie gehe dramatisch nach oben. Und bei „normaler Abnutzung zahlen sie nicht“, erzählt er. Oft schickten sie auch Gutachter, um Versicherungsansprüche abzuwehren. „Dann bezahlt man erst einmal 3000 Euro, um dagegenzuhalten“. Da sei beispielsweise einmal herausgekommen, dass der Versicherungsgutachter aus einem ganz anderen Bereich gekommen sei und gar nicht „befähigt“ gewesen sei.
Grundsätzlich könne man von einem Wechselrichter-Hersteller aber einen anderen Service erwarten. Die Hotline müsse in drei bis fünf Minuten erreichbar sein, nicht erst nach 30 Minuten in einer Telefonschleife. Und wenn es einen Serienschaden gibt, verweist der Besitzer der Beispielanlage auf die Autoindustrie. „Da gibt es einen Rückruf“, sagt er. Der ist zwingend zwar nur innerhalb der Gewährleistungsfrist kostenlos. Doch auch danach übernehmen die Hersteller meist die Kosten, wenn man mal von der Dieselaffäre absieht, um die Marke zu schützen. Bei einem Wechselrichter gehe man ja auch davon aus, dass er länger als die Garantiezeit von fünf oder zehn Jahren halte, und ein bekannter Herstellerfehler sollte nicht der Grund dafür sein, wenn es vorher kaputt geht. Man muss sich eigentlich fragen, wozu man da eine Garantieverlängerung bezahlen soll.
Zur Diskussion auf dem pv magazine Quality Roundtable auf der Intersolar:
- Ist das ein Einzelfall oder kommen solche Erfahrungen öfter vor?
- Welche Erwartungen an den Service sind fair und gerechtfertigt?
- Ist es vertretbar, dass man keinen Anspruch auf einen Ersatz der verlorenen Erträge hat?
- Wie kann man sich im Vorfeld des Wechselrichterkaufs ein Bild vom Service davon verschaffen?
- Der Preisdruck bei Wechselrichtern ist groß. Was wären die Zusatzkosten für einen „zufriedenstellenden“ Service und wären Kunden bereit, diesen zu bezahlen?
- Welche Versicherungen sind sinnvoll, um sich gegen solceh Fälle abzusichern.
Welche Themen im Bereich Wechselrichter interessieren Sie am meisten und haben Sie auch Erfahrungen zu berichten, aus denen die Industrie lernen kann?
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Ganz konkret ein Fall aus der Praxis von heute gefällig? Kostal sagt dem Handwerker, dass sie keinen Service-Techniker für eine Vorort-Überprüfung eines Wechselrichters entsenden, obwohl in dieser Anlage bereits der zweite Kostal Piko 10 BA -per Video/Audio-Datei nachweislich belegt- „Arbeitsgeräusche“ fabriziert, dass einem die Ohren nur so schlackern. Der Handwerker stellt sich also in der Warteschleife der Service-Hotline an, bekommt dort Ungefähres zu hören und kann als vielleicht dann beste Möglichkeit ein weiteres Austauschgerät zugesendet bekommen, falls er sein Gegenüber davon überzeugen kann. Selbstverständlich verbunden mit der Einschränkung, dass er auf allen Kosten für die Überprüfung des rückgesandten Gerätes sitzen bleiben werde, falls sich irgendwie herausstellen sollte, dass das Gerät ja eigentlich ganz super sei und kein Fehler am Gerät gefunden worden sei. Eine gute und seriöse Firma kommt da schon `mal mit einem Fachmann vorbei und schaut sich gemeinsam mit dem Handwerker das Problem beim Endkunden vor Ort an. Das würde erstens meistens das Problem lösen und zweitens die Verbindung zum Handwerker stärken. Das braucht´s aber anscheinend heute nicht mehr -ich empfinde das als keine gute Entwicklung!
Hallo Stefan Haug!
In der Kostal-Serviceabteilung dürfte es zu wenig „Eingeweihte Fachleute“ geben.
Telefonanfragen können teils (mangels Fachwissen?) nicht beantwortet werden und Emails bleiben wochenlag unbeantwortet.
Eigentlich schade, ist doch das Produkt (soweit vom Laien einschätzbar) grundsätzlich in Ordnung.
Eine Personalaufstockung im Service scheint unausweichlich.
Hallo,
ich bin der Meinung, man sollte in der PV Branche mal die Kirche im Dorf lassen. Ich kenne keine Rückrufaktion in der Automobilbranche, die sich mit defekten Handschuhfächern oder nicht funktionierender Sitzverstellung beschäftigt. Es gibt dies ausschließlich für sicherheitsrelevante Themen wie Airbag, Bremsen, blockierende Getriebe,Sicherheisgurte usw.. Dies erfolgt aufgrund der Produkthaftung und hat nichts mit Gewährleistung oder Garantie zu tun.
Auch ruft kein Endkunde direkt bei Audi, BMW oder Toyota im Werk an, wenn er ein Reklamation hat oder sein Auto nicht anspringt. Er wendet sich an seinen Fachbetrieb; der hat nur VW oder BMW auf dem Schild, ist aber eine eigenständige Werkstatt; in ganz seltenen Fällen kommt dann der Hersteller zum Fachbetrieb, dass ist aber extremst selten.
Auch Viessmann, Miele oder Bosch kommen im Reklamationsfall nicht zu einem nach Hause. Es kommt der QUALIFIZIERTE Fachbetrieb oder der Servicepartner (auch nicht der Hersteller). Woher also diese Erwartungshaltung in der PV-Branche?
Die Geräte werden nur immer komplexer und sind im Verbund mit anderen Geräten z.B. Modulen, Batterien, Routern usw. Nun wird zunehmend erwartet, dass diese Komplexität durch das Anzeigemedium „Wechselrichter“ bzw. dessen Hersteller gelöst wird.
Und das natürlich kostenlos und innerhalb von 2-3 Tagen Vorort; Europa- oderWeltweit versteht sich.
Das leisten auch keine anders artigen Hersteller und wäre sicher durch den Endkunden auch nicht bezahlbar.
Hier wäre sicher das Lesen der Anleitungen und die Schulungen der verwendeten Produkte (meist mehrere) von Vorteil. Auch die Weiterbildung bzgl. Normen, Netzanschlussrichtlinien, Funk etc. werden immer wichtiger.
Das die Erreichbarkeit gewährleistet werden sollte steht außer Frage und soll mit o.a. Kommentar in keinster Weise beschönt werden. Sowohl telefonisch wie per Mail! Das auch hier Nachholbedarf besteht ist absolut außer Frage und muss durch die Hersteller (alle) gelöst werden.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass alles und jeder beim Hersteller an- und abgefragt wird !?!?
Auch, dass die Verbindung zum Installateur verstärkt werden sollte halte ich für extrem wichtig und fehlt mir auch gelegentlich.
Wir schließen (in der Medizin) für unsere Geräte Wartungsverträge ab, in denen genau geregelt ist, wie schnell der Service da sein muss, und wieviel Ausfallzeit pro Jahr maximal akzeptiert wird. Die Geräte fallen aber auch häufiger aus, was sich im Jahrespreis eines solchen Vertrags so auswirkt, der etwa 10% des Gerätepreises beträgt.
Bei Wechselrichtern geht man davon aus, dass die im Normalfall 10 Jahre und länger ohne Mucks laufen. Das geeignete Instrument zur Absicherung ist hier die Versicherung: Wenn man eine Versicherung mit Ersatz des Produktionsausfalls hat, dann wird die dem Hersteller schon Beine machen. Dadurch, dass Sie den Namen des Herstellers nicht nennen, verhindern Sie natürlich, dass der um seinen Ruf fürchten muss, wenn er kundenunfreundlich agiert. Man darf dann natürlich nichts falsches, nicht mal übertriebenes sagen, sonst wird man tatsächlich schadensersatzpflichtig. Aber die meisten Hersteller funktionieren plötzlich sehr gut, wenn ihr Name bekannt ist.
Kostal hat sich im von mir eingangs beschriebenen Fall inzwischen in der Person des zuständigen Aussendienst-Mitarbeiters gemeldet und es wurde auch ein Termin vor Ort beim Kunden vereinbart. Das finde ich sehr gut und hätte dies hier sowieso zur Ergänzung geschrieben. Anders als hier oben von Hans.D angeführt wird, ist es sehr wohl bei vielen Herstellern, die Komponenten für Haus- und Versorgungstechnik liefern, üblich, vor Ort gemeinsam mit dem Handwerker und dem Endkunden Feststellungen zu einer besonders schwierigen Reklamation zu treffen und gemeinsam so eine Lösung zu finden, die oft auch mit Kulanz und nicht nur mit Erfüllung von Garantie-basierten oder auf Gewährleistungspflicht beruhenden Rechten zu tun hat. Für eine kulante Lösung braucht es sogar zwingend den kompetenten Mitarbeiter der Hersteller-Firma vor Ort. Und dann erst steht auch die Kirche wieder im Dorf. Ziel ist es nämlich nicht, als Kunde im Falle des Falles ähnlich angeschmiert und abgemeiert zu werden wie von Siemens, Daimler, Allianz oder anderen „Riesen“. Kostal steht hier dem Kunden noch wesentlich näher und ist für seinen Handwerker idealerweise dann auch Partner.