PV-Symposium: Steigflug in die Wolken – Preissteigerungen zur Unzeit (2006)

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März 2006, 21. Symposium

Erneut stieß die Tagung an die Grenze dessen, was das Kloster aufnehmen konnte. Das stürmische Wachstum der Branche machte sich deutlich bemerkbar. Schon im Vorjahr mussten einige Interessenten abgewiesen werden, und obwohl diesmal das Limit auf 710 Teilnehmer angehoben wurde, kamen etwa 200 Interessenten mit ihrer Anmeldung zu spät.

Nun stand die Frage im Raum, ob man sich von der lieb gewordenen Tagungsstätte verabschieden müsste. Der Tagungsbeirat hatte sich am Vorabend „die Köpfe heiß diskutiert“, berichtete Eckardt Günther. Einigen Beiräten schien die Trennung vom Kloster besonders schwer zu fallen. Man einigte sich auf einen Kompromiss. Im kommenden Jahr sollte dem eigentlichen Symposium eine zusätzliche Veranstaltung vorgelagert werden, die vor allem für diejenigen gedacht wäre, die sich vornehmlich für ökologische, strategische und politische Fragen interessierten. Das umfangreiche Thema der photovoltaischen Technologie und Systemtechnik bliebe dem Symposium vorbehalten.

„Das ist eine Art Überlaufventil“, sagte Eckardt Günther, und man merkte ihm an, dass diese Lösung nicht in seinem Sinne war. Er kündigte an, sich sofort auf die Suche nach einer neuen Tagungsstätte zu machen, die ähnliche Qualitäten biete wie Kloster Banz. Auf keinen Fall sollte es eine anonyme Kongresshalle in einer Großstadt sein. Die Teilnehmer nahmen es gefasst zur Kenntnis.

Vor allem die seit zwei Jahren steigenden Modulpreise beschäftigten diesmal das Symposium. Denn weil die Einspeisevergütung mit der gesetzlich festgeschriebenen Degression von Jahr zu Jahr sank, konnte die Branche steigende Preise überhaupt nicht gebrauchen. Die Firma Wacker Polysilicon hatte naturgemäß einen guten Einblick in die Preisentwicklung, denn sie stellte das Produkt her, das gerade besonders knapp war. Karl Hesse, der Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens, stellte in Bad Staffelstein in Aussicht, dass in den kommenden zwei bis drei Jahren die Produktionskapazität um 15.000 Tonnen erweitert würde. Mit dieser Siliziummenge könnte im Jahr 2010 weltweit eine PV-Leistung von etwa 3,1 Gigawatt produziert werden. Sollte die Nachfrage auf 4 oder gar 5 Gigawatt ansteigen, dann würde das Silizium voraussichtlich wiederum nicht reichen. Mit der Folge, dass man mit weiteren Preissteigerungen rechnen müsste.

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Mehrere Jahre lang waren die Preise für PV-Anlagen im Durchschnitt um 5 Prozent jährlich gefallen. Doch seit 2004 hatte die reißende Nachfrage die Preise nach oben getrieben, und zwar um 5 bis 10 Prozent jährlich, wie Gerhard Stryi-Hipp berichtete, einer der beiden Geschäftsführer des kürzlich durch Fusion entstandenen Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). Seinen Angaben zufolge hatte sich der Siliziumpreis von 30 auf über 60 Dollar pro Kilogramm mehr als verdoppelt. Doch dies war nicht der einzige Grund für den Preisanstieg der Solarmodule.

Auch die erheblichen Investitionen in neue Produktionsanlagen würden sich bemerkbar machen. Denn die meisten großen Hersteller seien börsennotierte Unternehmen, von denen die Aktionäre angemessene Gewinnsteigerungen erwarteten. Dafür müsse man Verständnis haben, denn die PV-Branche sei in den vergangenen Jahren eher unterfinanziert gewesen. Deshalb sei es gerechtfertigt, dass die Unternehmen jetzt Gewinne machten, und „wann, wenn nicht in einer solchen Situation sollten sie dies tun?“ fragte Gerhard Stryi-Hipp das Auditorium. Es war eine rhetorische Frage.

Aber so einfach ließ sich die Debatte über die Preissteigerungen nicht beenden. Die anwesenden Installateure berichteten, dass die Nachfrage bereits rückläufig sei. „Wir werden sicherlich noch einige Diskussionen erleben, bis sich das neue Gleichgewicht eingestellt hat“, versuchte Gerhard Stryi-Hipp den Unmut zu dämpfen. Winfried Hoffmann, als Chef der Schott Solar GmbH selbst ein Modulhersteller, drückte sich etwas undiplomatischer aus. Er warnte die Branche davor, von den sich bietenden „Preisopportunitäten“ Gebrauch zu machen. Und er deutete an, dass diejenigen, die die Situation nun ausnutzten, um fette Gewinne einzustreichen, dafür verantwortlich seien, wenn sich die politische Diskussion verschärfte. Denn Preissteigerungen seien Wasser auf die Mühlen derer, die schon immer Stimmung gegen die Photovoltaik gemacht hätten.

Blindflug ohne Anlagenregister

Die PV-Industrie werde sich in den kommenden Jahren auf den Vorwurf einstellen müssen, dass der Solarstrom viel zu teuer sei, sagte Karin Freier, die erstmals die Position des Bundesumweltministeriums in Bad Staffelstein erläuterte und verteidigte. Sie wies auf den Erfahrungsbericht hin, der Ende 2007 eine Zwischenbilanz des EEG ziehen werde, und rief die Branche dazu auf, sich dieser Diskussion zu stellen und dafür zu sorgen, dass sich die Debatte nicht auf die Kosten reduzierte. Sie empfahl, die positiven Effekte der Photovoltaik zu betonen, vor allem in Bezug auf Innovationen, Exportchancen und Beschäftigung. In dieser Hinsicht ließen sich erste greifbare Erfolge schon jetzt nachweisen. Nach Angaben des BSW hatte die Photovoltaik bereits 25.000 Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen.

Leider war das im EEG vorgesehene Anlagenregister noch immer nicht fertig. Karin Freier erklärte, dass man das Vorhaben vorläufig nicht in Angriff nehmen werde. Überlegungen zu Aufwand und Nutzen sowie der Gedanke der Deregulierung hätten dabei eine Rolle gespielt, teilte sie auf Nachfrage mit und versicherte, dass man im Ministerium intensiv über Alternativen nachdenken würde.

Kurz vor der Pressekonferenz die REferenten im Hof von Kloster Banz:
Eckardt Günther, Leiter des Veranstaltungsbereiches bei OTTI, dem Tagungsorganisator Ostbayerisches Technologie-Transfer-Institut;
Dr. Hansjörg Gabler, Chef des wissenschaftlichen Tagungsbeirats und Leiter des Geschäftsbereichs Photovoltaik am ZSW Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden Württemberg;
Dr. Karin Freier, im Bundesumweltministerium zuständig für Regerenative Energien;
Dr. Winfried Hoffmann, Generalbevollmächtigter der Schott Solar GmbH und designierter Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Solarwirtschaft BSW
Foto: Heinz Wraneschitz

Foto: OTTI

Ohne Anlagenregister waren die Marktbeobachter gezwungen, zeitaufwendige Umfragen unter den Akteuren durchzuführen, um das Marktvolumen der beiden vergangenen Jahre wenigstens näherungsweise zu ermitteln. Der BSW hatte seine Mitglieder befragt und verkündete nun, dass im Jahr 2004 etwa 500 Megawatt in Deutschland installiert worden waren. Erst wenige Monate zuvor hatte der Verband seine Schätzung von 360 auf 450 Megawatt angehoben. Die Zeitschrift Photon präsentierte ein ganz anderes Ergebnis. Sie hatte das Marktvolumen zunächst auf 770 Megawatt taxiert und es nun aufgrund von Nacherhebungen auf 711 Megawatt reduziert. Den großen Abstand zwischen 500 und 711 Megawatt konnte sich keiner so recht erklären.

Auch das Marktvolumen des Jahres 2005 lag noch im Nebel. Der BSW rechnete mit einer Leistung von über 600 Megawatt, aber es wurde allgemein erwartet, dass der Verband diese Zahl noch einmal nach oben korrigieren würde. Die Zeitschrift Sonne Wind & Wärme war nach einer Großhändlerbefragung zum Ergebnis gekommen, dass der Markt um etwa 40 Prozent wachsen würde. Ausgehend von etwa 535 Megawatt im Jahr 2004 würde sich demnach ein Marktvolumen von rund 750 Megawatt im Jahr 2005 ergeben.

Winfried Hoffmann räumte in seiner Funktion als Präsident des BSW ein, dass sich regelmäßig nur etwa die Hälfte der Großhändler und Installateure an der monatlichen Markterhebung des Verbandes beteiligte, und wetterte, es sei eine „mittlere Katastrophe, dass sich Firmen nicht einmal fünf Minuten pro Monat dafür Zeit nehmen.“ Viele Fragebogen des BSW blieben also unbeantwortet. Es blieb einem Schweizer vorbehalten, die merkwürdige Situation zu kommentieren, die auf einen eklatanten Mangel an deutscher Gründlichkeit schließen ließ. Thomas Nordmann bemerkte süffisant, dass die deutschen Marktzahlen anscheinend „nicht Gegenstand einer Statistik, sondern einer öffentlichen Diskussion“ seien und empfahl dringend, einen „Blindflug“ zu vermeiden.

Aufholjagd der Dünnschichtmodule

Weil die Experten des Bundesumweltministeriums annahmen, dass Freiflächenanlagen schneller billiger werden würden als die Dachanlagen, hatten sie eine jährliche Degression um 6,5 Prozent in das EEG hineingeschrieben. Manfred Bächler, Technikvorstand der Phönix Sonnenstrom AG, bezeichnete diese Degression als „Höhentrainingslager für den Export“. Seiner Berechnung zufolge müssten Freiflächenanlagen im Jahr 2010 um etwa 1300 Euro pro Kilowatt billiger sein als Ende 2005, um die Vorgabe des EEG zu erfüllen. Diese straffe Preissenkung würde den Einsatz von Dünnschichtmodulen begünstigen. Denn im langfristigen Vergleich der Systemkosten schnitten die kristallinen Module seiner Ansicht nach schlechter ab. Mit Dünnschichtmodulen sei bis 2010 eine Einsparung um 650 Euro pro Kilowatt möglich, mit kristallinen Modulen nur um 250 Euro, kündigte Manfred Bächler an. Die 650 Euro, die noch fehlten, um die angestrebte Einsparung um 1300 Euro zu erreichen, seien durch Verbesserungen des Produktionsprozesses der Dünnschichtmodule zu erzielen.

Die Dünnschichttechnik habe zwar Weltmarktanteile verloren, aber die Talsohle sei nun durchschritten, berichtete Michael Powalla, der Leiter des Fachgebietes Materialforschung am ZSW. Bis zum Jahr 2010 könnten Dünnschichtmodule einen Marktanteil von 20 Prozent erreichen. Die Technologie sei zu einer echten Industrie geworden und profitiere unter anderem von den Fortschritten der Flachbildschirmherstellung. Dadurch sei die Herstellung von Modulen aus amorphem Silizium günstiger geworden.

Aber die Konkurrenz schlief nicht. Die Verknappung des Siliziums stachelte die Solarforscher zur Materialeinsparung an. Es lag auf der Hand, dass es in dieser Situation das Sinnvollste war, aus weniger Silizium mehr Leistung herauszuholen. Rolf Brendel, der Leiter des ISFH in Hameln-Emmerthal, kündigte im Kloster Banz an, dass es im Prinzip möglich sei, hauchdünne Siliziumzellen herzustellen. Zwar waren die Wafer bereits von 350 auf 200 Mikrometer Dicke „abgemagert“, doch selbst diese Wafer waren rund 20- bis 40-mal so dick wie die neuartigen ultradünnen Schichten, die im ISFH-Labor hergestellt worden waren.

Das Geheimnis des Erfolges bestand darin, poröses Silizium als Sollbruchstelle zwischen einem Siliziumsubstrat und einer epitaktisch gewachsenen Siliziumschicht einzusetzen. Die 5 bis 25 Mikrometer dünnen Epitaxieschichten wurden von dem Substrat abgelöst und auf ein gläsernes Trägersubstrat transferiert. „Diese Zelltechnologie hat das Potenzial für höchste Wirkungsgrade von über 18 Prozent bei Schichtdicken von unter 5 Mikrometer“, prophezeite Rolf Brendel und machte damit deutlich, dass kristallines Silizium den Wettbewerb der Dünnschicht-Technologie nicht zu fürchten brauchte.

Teil 1: Weltmarktführerschaft in Sicht (2004)

Teil 2: Rohstoffmangel ohne Resonanz (2005)

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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