Kühlschränke, Kühl-Gefrierkombinationen und Tiefkühltruhen sind Verbraucher, die übers Jahr gesehen einen nicht unerheblichen Posten auf unserer Stromrechnung ausmachen und das, obwohl sie in den letzten Jahren immer sparsamer geworden sind. Sie benötigen am Tag in regelmäßigen Abständen Strom, um ihre Temperatur zu halten, aber das muss nicht immer exakt zu dem Zeitpunkt sein, den sich das Kühlgerät aussucht. Deshalb waren Kühlschränke schon häufiger im Blick von Forschern und Entwicklern, die die Leistungsaufnahme steuern wollten, um sie dem verfügbaren Solarstromangebot anzupassen. Doch trotz der Trägheit, mit er sich die Temperatur verändert, ließ sich die Last nur wenig verschieben, denn die Qualität der Lebensmittel leidet auch durch schwankende Temperaturen.
Forscher vom ZAE Bayern haben deshalb einen neuen Ansatz entwickelt. Sie haben eine Kühl-Gefrierkombi mit einem thermischen Speicher aus einem Phasenwechselmaterial ausgestattet. Dieses besteht aus einer Salzlösung, ein sogenanntes Phasen-Wechsel-Material, das bei etwa -20 Grad Celsius gefriert und die Temperatur im Kühlschrank konstant hält, während der Strom für mehr als sieben Stunden abgeschaltet werden kann. Das bedeutet, der Kühlschrank könnte beispielsweise über Nacht Strom sparen und dann bei Sonnenschein wieder nachladen. Oder die Verbraucher werden vom Netzbetreiber aus den Spitzenlastzeiten herausgehalten. Der Speicher benötigt im Demonstrationsgerät fünf Stunden, um wieder vollständig zu gefrieren. Solch ein Speicher ist vergleichsweise günstig in der Anschaffung, leidet aber wie auch andere Speicher unter Wirkungsgradverlusten und Selbstentladung. Benötigte der Kühlschrank ohne Speicher etwa 900 Wattstunden pro Tag, steigt der Bedarf mit Speicher auf 1,2 Kilowattstunden. Wärmeverluste an die Umgebung führen dazu, dass sich das Phasenwechselmaterial auch dann langsam entlädt, wenn die Last nicht verschoben wird. Hochrechnungen des ZAE Bayern zeigen aber, dass sich Lasten von ein bis zwei Gigawatt verschieben ließen, wenn nur die Hälfte aller Kühlschränke mit einem eigenen Speicher ausgerüstet wären.
Damit die Geräte netzdienlich kühlen, müssen sie jedoch von außen steuerbar sein. Bislang mangelt es an der Kommunikationsfähigkeit der Geräte. Noch haben nur wenige Kühlschränke einen Internetanschluss und noch setzen die Hersteller oft auf proprietäre Schnittstellen. Eine Weiterentwicklung des Konzeptes könnte deshalb so aussehen, dass größere Einheiten, wie Supermärkte oder Kühlhäuser damit ausgestattet werden und so vom günstigen Solarstrom vom eigenen Dach stärker profitieren ohne in teurere Lithium-Technologie zu investieren.
Kommentare der Jury:
Rolf Heynen: “Bei der enormen Anzahl an Kühlschränken im Betrieb, hätte es gewaltige Auswirkungen, wenn man diese Last verschieben könnte, um das Netz zu stabilisieren. Das ist eine Innovation für das Gesamtsystem.”
Mark Higgins: „Das ansprechende ist, dass diese Lösung eine Verschiebung des Energieverbrauchs völlig ohne Verhaltensänderung ermöglicht.”
Florian Mayr: ”Solche Lösungen könnten zwar in Zukunft im Markt erfolgreich sein, aber derzeit ist es schwierig, dem einen Geldwert zuzumessen.“
Die Jury:
Xavier Daval
Daval ist ein internationaler Solar- und Speicherexperte sowie Vorstandsvorsitzender des französischen solartechnischen Beratungsunternehmens kiloWattsol SAS, das er 2007 gegründet hat. Er ist Elektroingenieur und ehemaliger Direktor der Region EMEA für einen an der New Yorker Börse notierten Hersteller von Werkzeugen für die Elektronikindustrie. Er ist auch Vizepräsident des französischen Verbandes für erneuerbare Energien, Syndicat des Energies Renouvelables, und dort Vorsitzender der Solarkommission und Direktor des Global Solar Council.
Logan Goldie-Scot
Goldie-Scot leitet das Energiespeicher-Insight-Team von Bloomberg NEF. Er führt die Analysen des Unternehmens zu den globalen Energiespeichermärkten durch und bietet Einblicke in Technologie, Märkte, Richtlinien und Vorschriften sowie die Wettbewerbslandschaft. Er überwacht auch die Analyse von Lieferketten.
Rolf Heynen
Heynen ist Direktor von Good! Neue Energie. Good! ist bekannt für den jährlichen niederländischen Solar Trend Report – der auch auf Englisch erscheint – das Solar Quarterly, die internationale Fachmesse Solar Solutions und die Solar Business Day Konferenz. Good! ist außerdem in den Bereichen erneuerbare Wärme, smarte Beleuchtung und Gebäude, Energiespeicherung, Beratung, Energiemodellierung und Marktforschung tätig. Heynen hat Abschlüsse als Elektroingenieur und in Politikwissenschaft.
Mark Higgins
Higgins ist COO von Strategen, einem Dienstleistungsunternehmen, das sich auf die Marktentwicklung für ein erneuerbares Stromnetz konzentriert. Zu seinen vielfältigen Erfahrungen im Energiesektor vor Strategen gehört seine Tätigkeit als Direktor Netzbereich West bei SunEdison, als Vizepräsident für Finanzen bei Hu Honua Bioenergy und als Leiter für die Bereiche Politik, Zusammenschaltung und Übertragungsplanung bei Pazifik Gas & Elektrik.
Julian Jansen
Jansen ist Forschungsleiter bei IHS Markit Technology. Er leitet die weltweite Forschung der Gruppe zu stationären Energiespeichern und bietet Einblicke zu den Triebkräften am Markt und zu neu aufkommenden Geschäftsmodellen, die die Speicherbereitstellung in Europa und Nordamerika beschleunigen. Jansen liefert auch strategische Beratung für geplante Projekte mit neuen Energietechnologien.
Florian Mayr
Mayr ist Partner bei Apricum und Leiter im Bereich Energiespeicherung, digitale Energieversorgung und umweltfreundliche Mobilität. Er ist Experte für Strategie, Geschäftsentwicklung und Transaktionsberatung in globalen Märkten für erneuerbare Energien. Mayr berät Cleantech-Unternehmen bei Unternehmens- und Projektfinanzierungen. Vor Apricum war er acht Jahre in leitenden Positionen bei McKinsey & Company und RWE tätig.
In einer früheren Version des Artikels hieß es in der Überschrift: ein bis zwei Gigwatt des Stromverbrauchs ließen sich verschieben. Tatsächlich sollen sich Lasten in dieser Größenordnung verschieben lassen.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Für den Eigenstromversorger kann das schon eine interessante Lösung sein, da stört nicht einmal der Mehrverbrauch. Den würde man natürlich vermeiden, wenn man einfach die Pausen, die der Kompressor ohnehin macht, angebotsorientiert platzieren würde. Die einfachste Lösung wäre hier der Kühlschrank mit interner Schaltuhr. Die Beleuchtung sollte ja noch angehen, auch wenn der Kompressor gerade Zwangspause macht.
Den Mehrverbrauch würde man auch vermeiden, wenn man den Kältespeicher nur auf Kühl- oder Gefrierteil optimieren würde. Wenn der Kompressor -20° erzeugen muss, bloß um dann die +6° des Kühlschranks zu versorgen, dann ist die Arbeitszahl zu schlecht.
Aber eine ganz grundsätzliche Verhaltensänderung wäre das aller sinnvollste: Auf Kühlgefrierkombinationen verzichten. Zumindest den Gefrierteil in einen ungeheizten Raum (Keller, Geräteschuppen außerhalb der gedämmten Hülle) stellen. Besser wäre das natürlich für beide Teile. Sogar im Sommer würde man davon profitieren, wenn dann das Kühlgerät nicht zur Aufwärmung des Wohnraums beiträgt.
Das kann Jeder(!) an seinem alten Kühlschrank für 5€ selbst umrüsten!
Einfach eine oder zwei Kühlakku mit Salzwasser ins Gefrierfach (ca. 10g Salz je Liter Wasser). Im normalen Gefrierbereich hab ich halbseitig einige Wasser Kühlakkus an den Radiator gelehnt. Den Kühlschrank hab ich an eine Intelligente Dose gehängt die mindestens 2.Std am Tag um 14.00 Uhr angeht. Oder wenn der PV-Batteriespeicher voll ist. Ist sie daueraktiv. Man muss halt einmal ne Testmessung machen ob der Kühlschrank auch im Gefrierfach nicht taut und sauber halbwegs bei spätestens -10 °C die Temperatur hält. Das Salzwasser taut dann da wieder auf. Wenn nicht Salzkonzentration oder Anzahl der Akkus erhöhen.
.
Man braucht:
Salz, Wasser, Wage(g), leere Kühlakkus, Zeitschaltuhr oder eine SmartPowerPlug, Thermometer bis-20°C und mal eine Stunde Zeit.
Als vor Jahren das normale Thermostat im Kühlschrank defekt war habe ich es durch eine Zeitschaltuhr mit Thermostatfunktion ersetzt. Eine Bastelarbeit. Der Kühlschrank hält jetzt von
9 – 22 Uhr eine Temp. von 7°. Ab 22 Uhr wird nur noch bis 10° gekühlt. Damit steht der Kompressor von 22Uhr bis max. 4 Uhr Nachts still. Mit Kühlakkus ist der Zeitraum noch länger.
Kommt aber sehr darauf an, wie oft der Kühlschrank geöffnet wird.
So entlaste ich seit Jahren die Akkus meiner PV-Anlage.
Für die Industrie wäre es keine große Umstellung die Kühl- u. Gefrierschranke mit einer Zeit/Thermostatuhr aus zu rüsten.
Den Aufwand einer Internetverbindung braucht es da erst mal nicht.
Zur Stromverbrauchsreduzierung wäre eine automatische Türschliesseinrichtung ebenso sinnvoll. Damit liesen sich unvollständig geschlossene Türen oder unnötig lange Zeiten bei offener Tür zu vermeiden. Zu keiner Zeit geht so schnell u. so viel Kälte verloren.
Zu „Ein bis zwei Gigawatt des deutschen Stromverbrauchs ließen sich täglich verschieben“ Diese Aussage ist physikalischer Unsinn . Gigawatt ist eine Leistungsangabe , Stromverbrauch misst man in kwh , mwh oder gwh
Der aktuelle Leistungsbedarf wird aber schon in Watt gemessen. Die Aussage im Artikel ist also etwas verkürzt, aber klar: Es geht um Last-Peak-Shaving bzw. verringerte Leistungsaufnahme, wenn im Netz kurzfristig zu wenig Leistung zur Verfügung steht. Der Netzbetreiber kann da nur in Watt denken, weil er den absoluten Energiebedarf nicht kennt. Wenn man es ganz beckmesserisch sagen wollte: Strom-(verbrauch) ist eine auf die Zeit bezogene Größe, wie auch die Leistung. Also wäre der Strombedarf direkt proportional zur Leistung.
Vielleicht sollten sie erst einmal einen Physikgrundkurs belegen bevor sie so einen Unsinn erzählen. 1 KWh wird in einer Stunde bei einer konstanten Leistung von 1 KW ( Kilowatt) erzeugt. Leistung kann man auch nicht speichern, und genau darum geht es bei den obigen Kältespeichern . Und noch eine Anmerkung dazu , die deutschen Pumpspeicher haben derzeit eine Speicherkapazität von rund 40 GWh , also gut 20 mal so viel wie oben in den Raum gestellt wenn man die Hälfte aller deutsche Haushalte mit einem solchen Speicher ausrüsten würde. Da der Stromverbrauch des Kühlschranks dadurch aber um 300 Wattstunden pro Tag ansteigt , macht eine solche Anlage aber für mehr als 90 % aller Haushalte in Deutschland wenig Sinn und verursacht nur Kosten. Nur für Eigenheimbesitzer mit einer Solaranlage, die keine hohen Vergütungen wie bis 2013 mehr erhalten, kann so etwas Sinn machen. Aber dann ist der Effekt in Relation zum Gesamtverbrauch in Deutschland nahe zu vernachlässigbar. Ob es sich für den Einzelhaushalt auch rechnet steht aber auf einem anderen Blatt
@JCW :
zu ihrer Aussage „Es geht um Last-Peak-Shaving bzw. verringerte Leistungsaufnahme, wenn im Netz kurzfristig zu wenig Leistung zur Verfügung steht“.
Das ist Unsinn es geht darum Tagsüber Strom aus PV zu speichern statt ihn ins Netz einzuspeisen
Hallo Herr Grün.
Lesen Sie doch mal Ihren zitierten Satz bis zum Ende. gwd ist zwar nicht häufig genutzt, aber physikalisch völlig korrekt für den Stromverbrauch. (… lies Gigawatttage).
Freu und liebe Grüße
Carsten Hermann
Hallo! Ich denke hier wird der Vorteil, wie schon von JWC eher bei den Netzbetreibern gesehen, als beim privaten Haushalt. Also die Summe, die An- und Abfahren von Kraftwerken unnötig machen könnte. Da ist dann eben, neben den „Bastellösungen“ die ich auch schon praktiziert habe, um den Eigenverbrauch , bzw. die 70%-Regelung zu verschieben.
Aber die Energiewende lebt doch von Ideen, die von Skeptikern erst abgetan werden und dann zum Erfolg werden.
VG
Manuel Grimlowski
Für die Netzbetreiber ist diese Lösung doch schon von den Dimensionen kaum relevant , selbst wenn die Hälfte aller Haushalte ihren Kühlschrank so umrüsten würden betrüge die Speicherkapazität weniger als 5 % der aktuell vorhanden Pumpspeicher in Deutschland . Und subventionieren werden die Netzbetreiber diese „Lösung“ auch ganz sicher nicht. Bei der Lösung geht es eher darum den Eigenverbrauch von Solaranlagen zu erhöhen mit anderen Speichern als Batteriespeicheren.