18,5 Kilowatt Leistung kann die Zelle eines Superkondensators abgeben, die kleiner ist, als eine Getränkedose. Wollte man damit aber beispielsweise mehrere Waschmaschinen versorgen, die zwei bis drei Kilowatt benötigen, würden sie schon nach kurzer Zeit wieder stillstehen. Supercaps sind gerade für die Bereitstellung hoher, aber kurzer Leistungen geeignet und können dafür bis zu eine Millionen Mal geladen und entladen werden. Diese Eigenschaften bergen für regenerative Energienetze mit 100 Prozent Grünstrom große Potenziale, denn sie helfen, Zeiträume zu überbrücken, die benötigt werden, um andere Speicher langsam hochzufahren und sie schonend zu betreiben.
Skeleton Technologies hat leistungsstarke Industriezellen (Skelcap) und Module (Skelmod) im Angebot, die seine solche Überbrückung ermöglichen. Das Unternehmen gibt an, mit einem eigenen patentierten Verfahren gekrümmte Graphene herzustellen, die den Übergang der Ionen von der Elektrode in den Elektrolyten erleichtern und eine Steigerung der Spannung der Zellen auf mehr als 2,85 Volt erlauben. Dadurch erhöhe sich die Energie- und Leistungsdichte der Superkondensatoren. Die Produkte hätten auch einen sehr niedrigen Serienwiderstand. Das verringere die Wärmeentwicklung.
In welchen Situationen ein solches Energiepaket vielversprechend eingesetzt werden kann, zeigt ein Beispiel von der schottischen Insel Eigg. Das Eiland mit etwa 100 Einwohnern hat keinen Anschluss ans Stromnetz und versorgt sich mit Hilfe einer Photovoltaik-Anlage mit 50 Kilowattpeak, einem kleinen Windrad mit 24 Kilowatt und bis zu 100 Kilowatt aus einem Wasserkraftwerk. Die früher verwendeten Dieselgeneratoren stehen heute die meiste Zeit still. Schwankungen in der Erzeugung gleicht ein Blei-Säure-Batteriespeicher aus. Dieser Batterietyp leidet jedoch am sogenannten Whiplash-Effekt. Bei einer plötzlich auftretenden hohen Last kommt es zu einem proportionalen Spannungsabfall, der einige Sekunden dauern kann. Danach benötige die Batterie Minuten, um normal zu funktionieren, schreibt Olivier Chabilan von Skeleton Technologies. Um der Batterie Zeit zu geben, langsam hochzufahren, setzt die örtliche Energiegesellschaft auf Schwungräder und die Superkondensatoren von Skeleton. Nur die Supercaps reagieren jedoch schnell genug, damit Verbraucher den Wechsel der Energiequelle nicht bemerken und sich abschalten. Im Prinzip kann ein Supercap auch genauso schnell wieder geladen werden, wie er entladen wurde. In dem Inselnetz ist das jedoch nicht möglich. Dort dauert es etwa zehn Minuten, bis die volle Kapazität wieder erreicht ist und ein neuer Einsatz beginnen kann.
Auch andere Speichertechnologien ohne Whiplash können von Supercaps profitieren. Bekannt ist das kinetische Energie Rückgewinnungssystem (KERS), das jahrelang in Formel eins Wagen eingesetzt wurde. Dabei wird Bremsenergie durch Rekuperation gespeichert und bei der Beschleunigung wieder abgegeben. Inzwischen wird es in Bussen verwendet. Von Skeleton ausgerüstete Dieselbusse sparen, nach eigenen Angaben, 30 Prozent Kraftstoff und Emissionen.
Selbst die Kombination mit leistungsstarken Lithium-Ionenbatterien bietet sich an. Eine Studie zu Supercaps, die schon 2012 im „Journal Energies“ veröffentlicht wurde zeigte, dass ein hybrides System die Reichweite von Fahrzeugen mit Batterien zwar nur wenig verlängerte, aber Performance und Effizienz der Batterie steigerte. Außerdem werde sie nicht mehr so stark gestresst, was zu einer Verlängerung der Lebensdauer um bis zu 40 Prozent führen kann.
Superkondensatoren eignen sich somit hervorragend, um spontan auftretende Energieschübe genauso abzufangen, wie plötzliche Fluktuationen und sie schließen eine Lücke in bislang üblichen Konfigurationen.
Kommentare der Jury:
„Es ist immer gut, die Spitzenlast zu berücksichtigen, die mit Hilfe von Supercaps abgedeckt werden kann“, sagte einer der Juroren. Ein anderer ergänzte, dass es eine „nützliche Anwendung für ein kleines Segment des Gesamtmarktes“ sei. Ein weiterer Juror gab zu bedenken, dass es noch unklar sei, ob sich die zusätzliche Investition in Supercaps allein durch die verlängerte Lebensdauer der Batterie rechtfertigen lasse.
Die Jury:
Xavier Daval
Daval ist ein internationaler Solar- und Speicherexperte sowie Vorstandsvorsitzender des französischen solartechnischen Beratungsunternehmens kiloWattsol SAS, das er 2007 gegründet hat. Er ist Elektroingenieur und ehemaliger Direktor der Region EMEA für einen an der New Yorker Börse notierten Hersteller von Werkzeugen für die Elektronikindustrie. Er ist auch Vizepräsident des französischen Verbandes für erneuerbare Energien, Syndicat des Energies Renouvelables, und dort Vorsitzender der Solarkommission und Direktor des Global Solar Council.
Logan Goldie-Scot
Goldie-Scot leitet das Energiespeicher-Insight-Team von Bloomberg NEF. Er führt die Analysen des Unternehmens zu den globalen Energiespeichermärkten durch und bietet Einblicke in Technologie, Märkte, Richtlinien und Vorschriften sowie die Wettbewerbslandschaft. Er überwacht auch die Analyse von Lieferketten.
Rolf Heynen
Heynen ist Direktor von Good! Neue Energie. Good! ist bekannt für den jährlichen niederländischen Solar Trend Report – der auch auf Englisch erscheint – das Solar Quarterly, die internationale Fachmesse Solar Solutions und die Solar Business Day Konferenz. Good! ist außerdem in den Bereichen erneuerbare Wärme, smarte Beleuchtung und Gebäude, Energiespeicherung, Beratung, Energiemodellierung und Marktforschung tätig. Heynen hat Abschlüsse als Elektroingenieur und in Politikwissenschaft.
Mark Higgins
Higgins ist COO von Strategen, einem Dienstleistungsunternehmen, das sich auf die Marktentwicklung für ein erneuerbares Stromnetz konzentriert. Zu seinen vielfältigen Erfahrungen im Energiesektor vor Strategen gehört seine Tätigkeit als Direktor Netzbereich West bei SunEdison, als Vizepräsident für Finanzen bei Hu Honua Bioenergy und als Leiter für die Bereiche Politik, Zusammenschaltung und Übertragungsplanung bei Pazifik Gas & Elektrik.
Julian Jansen
Jansen ist Forschungsleiter bei IHS Markit Technology. Er leitet die weltweite Forschung der Gruppe zu stationären Energiespeichern und bietet Einblicke zu den Triebkräften am Markt und zu neu aufkommenden Geschäftsmodellen, die die Speicherbereitstellung in Europa und Nordamerika beschleunigen. Jansen liefert auch strategische Beratung für geplante Projekte mit neuen Energietechnologien.
Florian Mayr
Mayr ist Partner bei Apricum und Leiter im Bereich Energiespeicherung, digitale Energieversorgung und umweltfreundliche Mobilität. Er ist Experte für Strategie, Geschäftsentwicklung und Transaktionsberatung in globalen Märkten für erneuerbare Energien. Mayr berät Cleantech-Unternehmen bei Unternehmens- und Projektfinanzierungen. Vor Apricum war er acht Jahre in leitenden Positionen bei McKinsey & Company und RWE tätig.
In einer früheren Version des Textes stand, dass 18,5 Kilowatt Energie in die Zelle eines Superkondensators passen. Das war, wie einige Leser anmerkten, missverständlich, denn es war nicht die Kapazität gemeint, sondern die mögliche Leistungsabgabe. Die Kapazität beträgt nach Angaben des Unternehmens 3,6 Wattstunden.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
„18,5 Kilowatt Energie passen in die Zelle eines Superkondensators“
Von einer seriösen Fachzeitschrift sollte man erwarten, dass sie den Unterschied zwischen den Einheiten für Leistung (kW oder Kilowatt) und Energie (kWh, Kilowattstunden) kennt.
Danke für die Korrektur. Jetzt wird auch klar, warum die Waschmaschinen nach kurzer Zeit stillstehen würden.