Proton Motor lieferte im Sommer 2016 seine Wasserstoff-Brennstoffzelle an das weltweit erste energieautarke Mehrfamilienhaus in Brütten in der Schweiz. Der Elektrolyseur verbraucht 14,5 Kilowattstunden Strom und produzieren zwei Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde. Das System kann insgesamt 120.000 Liter Wasserstoff fassen. Die Brennstoffzelle von Proton Motor produziert daraus 6,2 Kilowatt elektrische Leistung und 5,5 Kilowatt Wärme. Der Strom wird mithilfe der integrierten Leistungselektronik in die Batteriespeichersysteme geladen. Die entstehende Wärme wird an Wärmepumpen abgegeben und für die Heizung der Räume und Warmwasser verwendet.
Leiter und Initiator des Projektes ist die Umweltarena Schweiz. Dort heißt es, dass die direkte Verwendung der überschüssigen Wärme aus der Stromproduktion die Effizienz auf über 90 Prozent in den Wintermonaten hebt. Wenn während der Sommermonate wenig oder gar keine Heizung benötigt wird, bewege sich die Effizienz zwischen 18 und 19 Prozent.
Eine Photovoltaik-Dachanlage mit 79 Kilowattpeak versorgt das Haus, gemeinsam mit einer 46 Kilowattpeak Dünnschicht-Anlage an den Fassaden. Die insgesamt 126 Kilowattpeak erzeugen 90.000 bis 105.000 Kilowattstunden pro Jahr für die neun Familien, die dort wohnen. Der Energieverbrauch des Gebäudes betrug 2200 Kilowattstunden pro Wohneinheit pro Jahr. Das entspreche etwa der Hälfte des Schweizer Durchschnittsverbrauchs. Das Unternehmen betont auch, dass das Energiesystem den ersten Winter erfolgreich gemeistert habe, obwohl es der kälteste in der Region seit 30 Jahren und der mit den wenigsten Sonnenstunden in 20 Jahren gewesen sein soll.
Das Gebäude verfügt über eine Reihe von Energiespeichertechnologien, einschließlich Batteriespeicher, Wasserstoff-Elektrolyseur nur einem Wasserstofftank und einem thermischen Langzeitspeicher. Die Kombination dieser lang- und kurzfristigen Speichersysteme ermöglicht eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung über das gesamte Jahr, ohne die Notwendigkeit einer Anbindung ans Strom- oder Gasnetz.
Der Bau wurde aus öffentlichen Mitteln unterstützt. Laut Unternehmen zeige die Lösung die technische Machbarkeit und demonstriere, dass sie sich im größeren Maßstab rentabel umsetzen ließe. Bei steigenden Produktionszahlen würden auch die Kosten für den Elektrolyseur auf ein Viertel fallen. Ziel seien Kosten für den Wasserstoff zwischen zwei und drei Euro pro Kilogramm. Die in einem Castingverfahren ausgewählten Mieter erhalten ein Energiebudget, das bereits in ihrer Miete enthalten ist. Wenn es überschritten wird, fällt eine zusätzliche Gebühr an. Falls die Mieter unter dem Budget bleiben, profitieren sie von einer finanziellen Rückerstattung. Nach Angaben der Umweltarena Schweiz liegt die Miete am oberen Ende der Skala für die Region.
Kommentare der Jury:
Rof Heynen: „Diese Art von Pilotprojekten ermöglichen weit mehr als 60 oder 70 Prozent Autarkie, sie sorgen für einen Anstieg der Lernkurve auf Systemseite.“
Xavier Daval: „Die Verwendung mehrerer Speicherarten und erneuerbarer Technologien ist interessant.“
Proton Motor ist auf der Energy Storage Europe an Stand 8BG28 zu finden.
Die Jury:
Xavier Daval
Daval ist ein internationaler Solar- und Speicherexperte sowie Vorstandsvorsitzender des französischen solartechnischen Beratungsunternehmens kiloWattsol SAS, das er 2007 gegründet hat. Er ist Elektroingenieur und ehemaliger Direktor der Region EMEA für einen an der New Yorker Börse notierten Hersteller von Werkzeugen für die Elektronikindustrie. Er ist auch Vizepräsident des französischen Verbandes für erneuerbare Energien, Syndicat des Energies Renouvelables, und dort Vorsitzender der Solarkommission und Direktor des Global Solar Council.
Logan Goldie-Scot
Goldie-Scot leitet das Energiespeicher-Insight-Team von Bloomberg NEF. Er führt die Analysen des Unternehmens zu den globalen Energiespeichermärkten durch und bietet Einblicke in Technologie, Märkte, Richtlinien und Vorschriften sowie die Wettbewerbslandschaft. Er überwacht auch die Analyse von Lieferketten.
Rolf Heynen
Heynen ist Direktor von Good! Neue Energie. Good! ist bekannt für den jährlichen niederländischen Solar Trend Report – der auch auf Englisch erscheint – das Solar Quarterly, die internationale Fachmesse Solar Solutions und die Solar Business Day Konferenz. Good! ist außerdem in den Bereichen erneuerbare Wärme, smarte Beleuchtung und Gebäude, Energiespeicherung, Beratung, Energiemodellierung und Marktforschung tätig. Heynen hat Abschlüsse als Elektroingenieur und in Politikwissenschaft.
Mark Higgins
Higgins ist COO von Strategen, einem Dienstleistungsunternehmen, das sich auf die Marktentwicklung für ein erneuerbares Stromnetz konzentriert. Zu seinen vielfältigen Erfahrungen im Energiesektor vor Strategen gehört seine Tätigkeit als Direktor Netzbereich West bei SunEdison, als Vizepräsident für Finanzen bei Hu Honua Bioenergy und als Leiter für die Bereiche Politik, Zusammenschaltung und Übertragungsplanung bei Pazifik Gas & Elektrik.
Julian Jansen
Jansen ist Forschungsleiter bei IHS Markit Technology. Er leitet die weltweite Forschung der Gruppe zu stationären Energiespeichern und bietet Einblicke zu den Triebkräften am Markt und zu neu aufkommenden Geschäftsmodellen, die die Speicherbereitstellung in Europa und Nordamerika beschleunigen. Jansen liefert auch strategische Beratung für geplante Projekte mit neuen Energietechnologien.
Florian Mayr
Mayr ist Partner bei Apricum und Leiter im Bereich Energiespeicherung, digitale Energieversorgung und umweltfreundliche Mobilität. Er ist Experte für Strategie, Geschäftsentwicklung und Transaktionsberatung in globalen Märkten für erneuerbare Energien. Mayr berät Cleantech-Unternehmen bei Unternehmens- und Projektfinanzierungen. Vor Apricum war er acht Jahre in leitenden Positionen bei McKinsey & Company und RWE tätig.
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„Der Strom wird mithilfe der integrierten Leistungselektronik in die Batteriespeichersysteme geladen. Die entstehende Wärme wird an Wärmepumpen abgegeben und für die Heizung der Räume und Warmwasser verwendet.“
„Wenn während der Sommermonate wenig oder gar keine Heizung benötigt wird, bewege sich die Effizienz zwischen 18 und 19 Prozent.“
Als „Nichtfachmann“ dazu eine Frage:
Ist die Leistungselektronik nicht in der Lage in der „Nicht-Heizperiode“ den Strom direkt von PV für den laufenden Verbrauch (auch Warmwasser) in den Akku zu liefern und nur überschüssigen PV-Strom zur Wasserstofferzeugung herzunehmen damit die Heizperiode mittels Brennstoffzelle abgedeckt werden kann (wahrscheinlich wäre dann ein geringeres Fassungsvermögen des Wasserstoffspeichers ausreichend)?
Die Anlageneffizienz wäre möglicherweise deutlich steigerbar.
Was ich der Beschreibung der Anlage auf ihrer Webseite entnommen habe, ist mit den 18 bis 19 Prozent Effizienz das Strom-H2-Strom-System gemeint, wenn die Abwärme im Sommer nicht genutzt werden kann. Oben im Artikel steht das mißverständlich bis falsch. Wenn im Winter die Abwärme der H2-Erzeugung und -Wiederverwendung zum Heizen genutzt werden kann, ist die Effizienz 90%, allerdings im Effekt 70% Strom-Direktheizung. Auf die Rückumwandlung von H2 im Sommer und in der heizfreien Übergangszeit wird man nicht verzichten können, wenn man jederzeit eine Stromversorgung garantieren will. Gerade die heizfreie Übergangszeit endet in einem gut gedämmten Haus erst Ende Oktober und beginnt dann schon wieder im März.
In meinem Passivhaus musste ich in den vergangenen Tagen z.B. nicht heizen, weil die Sonne kräftig schien und die Außentemperaturen schon recht mild waren. Aber das ist selten. In den vier Wintermonaten hat man meist die Alternative zwischen sonnig, aber knackig kalt, oder mild, aber sonnenlos. Sonnig und mild ist im Februar die absolute Ausnahme.
Genau das – …ist mit den 18 bis 19 Prozent Effizienz das Strom-H2-Strom-System gemeint… – hatte auch ich gemeint.
Warum sich in der heizfreien Saison mit 19% begnügen und den PV Strom samt Speicher nicht direkt nutzen?
Der anfallende Überschussstrom kann dann immer noch zur Wasserstofferzeugung verwendet werden.
Hallo JCW und Manfred Stummer,
in den heizfreien Sommermonaten wird der PV Strom direkt genutzt, bzw. in den Batteriespeicher geschickt. Was dann noch übrig bleibt wird in Wasserstoff umgewandelt.
Wird im winter neben der PV Anlage und der Batteriespeicher noch zusätzlich Strom benönigt kann der Wasserstoff durch den Generator wieder in Strom umgewandelt werden. Dabei entsteht Abwärme, die im Winter zum Heizen genutzt werden kann. Daher ist die Energieausbeute aus der Wasserstoffverbrennung 90%.
Sollte in den heizfreien Sommermonaten, aus welchen Gründen auch immer der Strom aus PV Anlage und Batteriespeicher einmal nicht ausreichen, kann auch dann die Wasserstoffanlage zugeschaltet werden. Nur dann braucht man die Abwärme nicht. Die Energieausbeute fällt dann eben geringer aus.
Herrn Stummer (und wahrscheinlich noch manchem anderen, der von Autarkie mittels PV träumt) ist nicht klar, dass PV eine Hälfte des Jahres in unseren Breiten wenig bis fast nichts erbringt, selbst bei bestem Wetter. Die Tage sind zu kurz, die Sonne steht tief, das Licht muss mehr Atmosphäre durchdringen und ist deshalb schwächer. Je nach Neigung der Module (für viel Ertrag im Winter sollten sie 65° geneigt sein) hat das zur Folge, dass man an einem klaren Tag im Winter nur 1/5 (steil) bis 1/10 (flach) des Ertrages wie an einem klaren Sommertag hat. Wenn dann das Wetter im Oktober drei oder mehr Tage hintereinander schlecht ist, sind die Batteriespeicher längst leer. Die werden nämlich so ausgelegt, dass sie täglich fast vollständig be- und entladen werden. Mehr Kapazität wird zu selten gebraucht, um die teure Investition zu rechtfertigen. Schon wenn sie wetterbedingt ein paar Tage nicht nur den nächtlichen Bedarf sondern auch den Tagesbedarf abfedern sollen, ist eine „vernünftig“ ausgelegte Batterieanlage überfordert. Wahrscheinlich haben die Bewohner auch die Maßgabe, je nach Wetterbericht Spül- und Waschmaschine mal ein paar Tage stehen zu lassen (was ja keinen größeren Komfortverlust bedeutet).
@Marian Willuhn, danke für die Aufklärung. Genau so habe ich es mir vorgestellt.
@JCW, es ging nicht um Autarkie sondern um die Effizienz der Anlage.
Zu meinen Träumen und Unklarheiten:
Nur als Beispiel meine PV-Anlage 5 kWp (Ost-West-Satteldachanlage, Dachneigung etwa 25 Grad – Ihre genannten 65 Grad beziehen sich wohl ausschließlich auf reine Südausrichtung welche i. ü. nicht erforderlich ist, im Gegensatz zur solaren WW-Bereitung) samt BYD-Speicher 6,4 kWh. Standort Oberösterreichische Voralpen auf 720 m Höhe. Netzfreischaltung 27. August 2018.
Jahresertrag 2018 790,70 kWh, Autarkiegrad 58,17 %. Bisheriger Jahresertrag 2019 167,07 kWh autark zu 55,76 %. Vom 2. – 15. Jänner war die Anlage wegen der anhaltend hohen Schneefälle komplett abgeschaltet. 2x wurden die Module vom Schnee befreit.
Damit kommt erst die ertragreiche Zeit und ich erwarte mir einen Autarkiegrad im Jahresschnitt 2019 von zumindest 75%.
Übrigens erbrachte die Anlage im Oktober 2018 einen Autarkiegrad von 91,82 %!
Unsere WW-Bereitung erfolgt mittels Solaranlage bzw. mit einem Heizstab von 2,5 kW.
Die Aufheizung außerhalb der solarversorgten Zeit wird manuell, möglichst unter Berücksichtigung der PV-Produktion gemacht.
Auch das Aufladen unseres E-Autos (Hyundai Ioniq electric) wird so gut es geht auf den Zeitraum verlegt wo die PV-Anlage bereits Überschussstrom ins Netz liefert.
Geschirrspüler haben wir nicht (2 Personen Haushalt) und die Waschmaschine wird selbstverständlich unter Berücksichtigung der PV-Produktion betrieben.
Die Anlage wird demnächst noch um 2 Speichermodule (je 1,28 kWh) erweitert und mit einem Backup-Unit (Notstromversorgung) ergänzt.
Eine „vernünftige Batteriegröße“ hängt wohl von mehreren sehr individuellen Faktoren ab.
Im Wesentlichen bestätigen Sie damit, das was ich sage. Es fehlt der Hinweis, dass der Oktober 2018 (ich nehme an auch in Oberösterreich) ein selten schöner Oktober war. Es gibt auch viel schlechtere. Ich hatte auch schon Jahre, da hat meine PV-Anlage im Oktober mehr produziert, als im vorausgehenden September. Nach 20 Jahren Wohnen im Passivhaus kann ich ein Lied davon singen, was das Wetter ausmacht, wenn man Sonnenenergie (das Passivhaus nutzt – daher der Name – die passiven Energiegewinne durch die Fensterscheiben) zum Heizen nutzt. Da gibt es Jahre, in denen braucht man Dank glücklicher Umstände nur 50% des langjährigen Durchschnitts an fossiler Heizenergie, und andere mit 50% mehr, weil drei Monate lang kein Sonnenstrahl durch den Nebel dringt.
Nicht mal der Super-Oktober 2018 hat Ihnen zu 100% Autarkie gereicht. Den Reststrom haben Sie sich aus dem Netz geholt. In dem Haus in Brütten will man 100% autark sein, und muss den Reststrom in einem solchen Fall aus Wasserstoff herstellen. Und das läuft dann eben, wenn die Abwärme zum Heizen nicht gebraucht wird (Oktober ist in diesem gut isolierten Haus noch nicht Heizzeit), mit einem Wirkungsgrad von 19% Strom-H2-Strom. Das ist nur ein kleiner Teil des Stroms, der mit so schlechtem Wirkungsgrad erzeugt werden muss – auf den Gesamtstromverbrauch umgelegt relativiert sich das. Zählt man aber alle Zusatzkosten (Elektrolyseur, Brennstoffzelle, große Batterieanlage, Wärmespeicher) und Überproduktionsverluste (große PV-Anlage) zusammen, dann wird es noch eine Weile dauern, bis so etwas wirtschaftlich werden könnte. Meine Vermutung ist, dass man mit entsprechenden Anlagen auf Quartiersebene besser bedient ist, auch weil man nicht so viele diffizile technische Anlagen in seinem Haus betreuen möchte. Wenn die Installationsfehler ausgemerzt sind, läuft das ein paar Jahre ohne viel Betreuung, aber wenn es in die Jahre kommt, dann ist ständig etwas zu warten oder zu ersetzen. Und dann kann man nur bangen und hoffen, dass es den Hersteller noch gibt, so dass Ersatzteile verfügbar sind und nicht das ganze System ausgetauscht werden muss. Ich habe z.B. ziemlich lange gebraucht, bis ich eine Steuerung für meine Lüftungsmotoren gefunden hatte, da der ursprüngliche Hersteller seine Geschäftstätigkeit eingestellt hatte.
Mit den 65° ist natürlich eine PV-Anlage gemeint, die nach Süden ausgerichtet ist, um im tiefsten Winter bei den 9 Stunden Tageslicht (in Oberösterreich, in Hamburg nur 8) einen maximalen Ertrag zu bringen. Was eine Ost-West-Anlage bringen soll, wenn man gleichzeitig einen Speicher betreibt, der den Strombedarf für jede Nacht liefern kann, ist mir nicht ganz klar – außer man hat halt die Giebelrichtung von Nord nach Süd und muss sich damit arrangieren.