Die vier Übertragungsnetzbetreiber Tennet, Amprion, 50Hertz und TransnetBW haben jetzt ihre aktualisierte Fassung des „Netzentwicklungsplans 2030“ (NEP) vorgelegt. Danach müssen bis Ende des nächsten Jahrzehnts zusätzlich zu den bislang im Bundesbedarfsplan festgeschriebenen drei Gleichstrom-Verbindungen von Nord- und Ost- nach Süddeutschland in allen untersuchten Szenarien zwei weitere Leitungen gebaut werden. Das verlange der Ausbau der erneuerbaren Energien auf einen Anteil von 65 Prozent am Bruttostromverbrauch sowie die Entwicklung des europäischen Stromhandels. Eine Zusammenfassung des NEP steht hier zum Download bereit.
Die Netzbetreiber beziffern das Investitionsvolumen im Hauptszenario auf insgesamt rund 52 Milliarden Euro. Bei der Vorgänger-Version des NEP aus dem Jahr 2017 gingen sie nur von 34 bis 36 Milliarden Euro aus. Vor allem die beiden zusätzlichen Verbindungen seien für die Kostensteigerung verantwortlich. Um die nötige Akzeptanz der Anwohner zu gewinnen, haben die Netzbetreiber ihrer Kalkulation eine Ausführung als Erdkabel zugrunde gelegt. Das ist deutlich teurer als der Bau von Freileitungen.
Die beiden neuen Verbindungen mit einer Kapazität von insgesamt vier Gigawatt sollen auf einer Gesamtlänge von etwa 1160 Kilometern Strom von Schleswig-Holstein über Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bis nach Baden-Württemberg transportieren. Im Hauptszenario sind zudem weitere 2900 Kilometer an Netzverstärkungen im Bestand und rund 450 Kilometer an Neubau-Maßnahmen (Drehstrom und Gleichstrom) erforderlich, die noch nicht Bestandteil des Bundesbedarfsplans sind.
Den Netzbetreibern zufolge nimmt das Gefälle der Stromerzeugung innerhalb Deutschlands weiter zu. Während in Nord- und Ostdeutschland in allen Szenarien die Erzeugung die lokale Nachfrage um mehr als das Doppelte übertreffe, herrsche in Süd- und Westdeutschland ein Erzeugungsdefizit – zwischen etwa einem Viertel und der Hälfte der jährlichen Stromnachfrage müssten hier aus in- und ausländischen Importen gedeckt werden.
„Der Entwurf des Netzentwicklungsplans verdeutlicht die Dringlichkeit eines zügigen Netzausbaus“, kommentiert Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). „Die große Koalition hat das Ziel ausgegeben, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen statt auf 50 Prozent. Es ist vollkommen klar, dass diese Anhebung zusätzlichen Netzausbau und Netzverstärkungsmaßnahmen erfordern wird.“ Kapferer sieht die Politik in der Pflicht, die Netzbetreiber beim Ausbau zu unterstützen: „Die Politik muss sich mit aller Kraft für den erforderlichen Leitungsbau einsetzen und vor Ort um Akzeptanz werben.“
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutsche Umwelthilfe, stößt in ein ähnliches Horn. „Bundesregierung, Länder und Übertragungsnetzbetreiber müssen jetzt alle Kräfte bündeln, um den Netzausbau zu beschleunigen“, sagt Müller-Kraenner.
Der NEP basiert auf einem von der Bundesnetzagentur im vergangenen Juni genehmigten Szenariorahmen. Das von der Kohlekommission Ende Januar vorgelegte Konzept hat im NEP natürlich keinen Eingang mehr gefunden. Allerdings enthält der Szenariorahmen Annahmen zur Reduktion der Kohlekraftwerks-Leistung bis 2030, die dem Fahrplan der Kommission fast exakt entsprechen.
Bis zum 4. März 2019 können nun alle Bürger Stellungnahmen zum NEP abgeben. Diese fließen in den zweiten Entwurf des Plans ein, der dann der Bundesnetzagentur zur Prüfung übergeben wird.
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Interessant ist, wenn man diese 52Mrd Euro ins Verhältnis setzt zu den Investitionen für die Erneuerbaren Leistungen, die in dieser Zeit aufgebaut werden müssen. Nimmt man mal die Zahlen von der „Bierdeckelrechung“, die 12*8GW PV und 12*4GW Wind abschätzte, dann würde das nach heutigen Preisen ein Investitionsvolumen von 96Mrd PV und 48Mrd Wind bedeuten, zusammen 144 Mrd. Mit einer stärkeren Verschiebung zum Wind hin (wie sie wohl zu erwarten ist) könnte es auch mit 12*(4GW PV+6GW Wind) getan sein, was dann noch ein Investitionsvolumen von 120Mrd bedeutet. Für die gesparten 24Mrd könnte man dann noch Batteriespeicher mit 24GW Leistung aufbauen. Es ist eine Frage der individuellen Sichtweise, was man daraus schließt. Mir erscheint das überschaubar. Besser, man baut die Netze auf, auch wenn sie etwas überdimensioniert sind, als dass ihr Fehlen als Vorwand dient, um den Aufbau der Erneuerbaren zu behindern. Wenn die Netze dann da sind, kann man auch noch Geld damit verdienen, indem man Strom von Dänemark nach Österreich und der Schweiz und zurück leitet. Nur mangelnde Fähigkeit zum Kompromiss lässt einen auf ideologischen Maximalpositionen verharren, die entweder zur Blockade führen, oder sich einfach kein Gehör mehr verschaffen können.
Wer Genehmigungs- und Realisierungszeiträume solcher Projekte in Deutschland kennt, kann sich an 5 Fingern abzählen, dass wir das Pariser Klimaschutzabkommen nicht erfüllen werden, wenn diese Mega-Trassen dafür erforderlich sind.
Darum wäre mein Ansatz ein gänzlich anderer !
Wir müssen auf eine massiv dezentralisierte Energieversorgung setzen. D.h. die Verteilnetzebene muss derart ertüchtigt werden, dass der überwiegende Teil des benötigten Stroms aus der Region kommt. Meiner Meinung nach ist das zu einem Bruchteil der Kosten gegenüber der Megatrassen-Lösung zu erreichen, wenn folgender Rahmen von der Regierung gesetzt wird:
1. sekundengetaktete bidirektionale bilanzkreisorientierte Stromtarife
2. Abschaffung der Sonnensteuer (EEG-Umlage auf Eigenstromverbrauch)
3. Doppelbelastung von Stromspeichern beim Laden aus dem Netz und Einspeisen ins Netz beseitigen
4. entfernungsabhängige Netzentgelte
5. Förderung von BHKW-Heizungen
6. Förderung von Power-2-Gas – Anlagen, damit Überschussstrom in Form von Methan im ausreichend dimensionierten Gasnetz gepeichert und transportiert werden kann
Mit diesem Ansatz wird Strom und Wärme dort erzeugt, wo und wann diese Energieformen auch benötigt werden – nämlich dort wo die Menschen sind und zwar tagsüber und nicht nachts.
Leidtragende wären auf den ersten Blick Übertragungsnetz-Dinosaurierer, deren Monopolstellung natürlich darunter leidet. Diese müssten ihr Geschäftsmodell dahingehend ändern, dass sie Dienstleister für Millionen Prosumer werden, denen mit eigenen PV-Anlagen, stationären Speichern, eCar-Speicher, BHKW-Heizungen Instrumente zur Verfügung stehen, von sekündlich ändernden variablen Strom Preisen sowohl als Produzent, als auch als Konsument zu profitieren.
Mir ist klar, dass das eher eine Revolution, als eine Evolution ist, aber mit Trippelschritten werden wir die Welt für unsere Kinder und Enkel nicht retten können. Wir müssen Grundlegenderes ändern.
Genau, und Bayer und VW, und ……der Flughafen Düsseldorf können ja mit den Prosummer Verträge abschliessen, ist für alle ein gutes Geschäft.
Die paar gesicherten Ampere sollten doch kein echtes Problem darstellen.
Ich verstehe den Einwand nicht ganz. Ich will doch nichts verbieten. Bayer, VW und der Flughafen Düsseldorf dürfen sich natürlich den Strom wie bisher auch von Großkraftwerken quer durch die Republik liefern lassen, wenn sie das unbedingt haben wollen. Sie müssen lediglich auch die entfernungsabhängigen Netzentgelte hierfür voll bezahlen und diese Infrastrukturkosten nicht auf Otto-Normalverbraucher abwälzen.
Gesicherte Ampere sind auch nach meinem Vorschlag kein Problem. Diese Unternehmen müssen lediglich entsprechende Verträge mit Lieferanten, gerne auch mit Großkraftwerken, abschließen, denen sie dann die Auslastung garantieren. Alternativ können sich diese Unternehmen aber auch eigene Speicher / BHKWs betreiben, um die Vorteile der variablen Stromtarife zu nutzen.
Seltsam, dass Großkonzerne immer dann den sonst so vehement von ihnen geforderten „Markt“ beklagen, wenn sie auch selbst ohne Sonderbehandlungen / Priviligierung auf dem Markt einkaufen sollen.
Das veränderte Transparenzverhalten gegenüber Stromkunden auch beim Netznutzungsentgelt sollte man weiterhin kritisch begleiten
https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/Netzentgelte/Transparenz/Transparenz_node.html
Sollten absolute Unternehmenskennziffern ein großes Defizit für Datenschutz, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse darstellen, dann könnte man auch für die Vergleichbarkeit der Netzbetreiber diese in Relation zueinander setzen, ohne deren absolute Kennzahlen zu veröffentlichen.
Sonst bleibt für Verbraucher dann langfristig nur die Möglichkeit mit 5 Jahre alten Daten die nachträgliche Glaubwürdigkeit der Netznutzungsentgelte nachzuprüfen?
Diese Benachteiligung des Normalbürgers gegenüber mächtigen Übertragungsnetzbetreibern (welche auch mit der Vermarktung der Strommengen der Erneuerbaren Energien am Spotmarkt (welche nicht am Terminmarkt oder direkt gehandelt werden) durch den Gesetzgeber beauftragt wurden) ist nicht wirklich nachvollziehbar.
Sicherlich dürfte man von den Netzbetreibern auch Antwort darauf erhoffen, wie diese im Sinne des Kundenauftrages Ideen dazu einbringen wollen, die Netznutzungsentgelte zu stabilisieren oder zu reduzieren?
Die (graphische) Entwicklung der Stromnetzkosten zeigt jedoch eindeutig gegensätzliche Tendenzen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Netznutzungsentgelt#Entwicklung_der_Netzentgelte
Die Vermutung Netznutzungsentgelte sollen (zum Vorteil der Netzbetreiber) zukünftig wieder zurückliegende Topanteile der Jahre um 2006 erreichen, scheint nicht unbegründet. Auch aufgrund der Zurückhaltung, entgegen den Anforderungen durch den Umbau der Infrastruktur auf erneuerbare Einspeisungsquellen, Rücklagen dafür zu bilden und dafür Initiative zu zeigen. Das schwächt die Glaubwürdigkeit von Teilen der Netzbetreiber im Rückblick auf eine (seit Juli 2005) fast 15jährige Entwicklungsgeschichte der deutschen *Stromnetzentgeltverordnung(en) und deren Einschätzbarkeit und Beeinflußung durch deutsche Industrie- und Energieinteressenverbände.
Anstatt dieses Geld in den von den geliebten Ausbau von Übertragungsleitungen zu stecken, sollte damit der Zubau von verteilter Produktion und Konsumation gesteckt werden, in eine Zukunft wo Microgrids zum Standart werden und damit lokale Marktplätze mit Peer-to-Peer Stromhandel via Blokchain günstigeren und besseren Vor-Ort-Strom verteilen. Zusammen mit den Batterien gibt es immer mehr Gebiete, wo eine hohe Selbstversorgung entsteht, die auch die Sektorenkopplung für das e-Auto und die Wärmepumpe beinhalten wird. Für die Industrie selber sind andere Lösungen erforderlich, aber auch dort kann die Produktion nahe zur der Konsumation gebracht werden, womit die Übertragungsleitungen immer mehr entlastet werden.
Schon mal über Spannungs- und Frequenzhaltung, die verschiedenen Arten der Leistung, Oberschwingungen, Flicker, Verlustleistungen, die verschiedenen Reserven, Selektivität der Absicherungen, die Abrechnungsproblemen zw. den vielen Partnern, und …….. nachgedacht?
Die lösen sich ja nebenbei oder braucht man evtl. wieder eine Behörde?
Von rd. 5% Gesamtverlusten entfallen wohl gut 4% nur auf die Mittel- und Niederspannungsebene, und dort soll ja nun das Prosummergeschäft ablaufen mit den o.g. Rahmenbedingungen?
Viel Vergnügen. Was wäre die Welt, wenn der Mensch sich keine Probleme machen würde? Langweilig!
Sie fragen: „Was wäre die Welt, wenn der Mensch sich keine Probleme machen würde?“
Ich kann es Ihnen sagen: „Ein Planet ohne Kriege und ohne Klimakatastrophe !“
Ich finde es ja erstaunlich. Meistens sind es die gleichen Menschen, die behaupten, dass man Atome ohne Gefährdung von Mensch und Natur spalten könne. Weiterhin wäre es natürlich möglich den strahlenden Müll für mindestens 1 Mio Jahre von der Biosphäre fernhalten zu können, indem man den Müll vergräbt und vergisst. Motto: „Nach mir die Sintflut !“
Gleichzeitig halten es die gleichen Menschen aber für absolut unmöglich, 0,007 % der Energie, den die Sonne uns jede Sekunde zur Verfügung stellt, zu nutzen. Mehr braucht es nämlich nicht, um allen Energiebedarf der Menschheit für Strom, Wärme, Verkehr und Prozessenergie zu decken.
Nur ganz böse Menschen denken, dass diese waghalsigen Behauptungen damit zusammen hängen, dass Konzerne sich milliardenschwere Monopol- und Oligopol-Märkte sichern möchten. Motto: „Wo kommen wir denn da hin, wenn jeder Bürger die Möglichkeit hätte seine benötigte Energie einfach selbst zu ernten oder gar auch noch Überschüsse zu verkaufen ? “
Übrigens:
Ich habe nie behauptet, dass mein Vorschlag keine technische Herausforderung sei – natürlich ist es das. Aber dass hochkomplexe dezentrale Systeme stabil funktionieren, zeigt z.B. das Internet. Ganz ohne zentrale Steuerung läuft es seit Jahrzehnten stabil, weil es intelligent und selbstregulierend organisiert ist. Ein Albtraum für alle Zentralisten mit Allmachtsphantasien !
Nicht unmöglich, sondern wirtschaftlich nicht umsetzbar.
Wenn man jedoch nicht auf die Kosten schaut, ist eine Menge umsetzbar.
Und dass das Internet „funktioniert“ ist sicher auch eine mögliche Sicht, dieses letztlich jederzeit abschaltbare „Netz“ funktioniert nur, weil es für die anderen wichtigen Produkte ständig funktionieren muss, und die dortigen „Lücken“ schließt.
Nur für kostenlose Werbung würde es keiner betreiben.
Aber so kann man sich die Welt zurecht legen.
Dieses Netz „world wide web“ abzuschalten ist letztlich nur mit brachialer Gewalt möglich.
Zivilisierte Entwicklung darf man so etwas nicht nennen.
Mit dem NEP werden jetzt teilweise die Weichen gestellt, welche Form der erneuerbaren Energien wir in Zukunft vorwiegend nutzen werden: zentrale Großkraftwerke, vor allem Offshore Wind – dominiert von den großen Energiekonzernen, also den bisherigen Verlierern der Energiewende – oder dezentrale und damit verbrauchsnahe Kraftwerke, vor allem PV. Letzteres können wir alle gestalten, was eine einmalige Chance ist, dass breite Bevölkerungsteile an der Energieversorgung von morgrn beteiligt werden.