EEG-Umlage auf Eigenverbrauch nur noch „unter Vorbehalt“ zahlen?

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Die Regulierung der Energiewirtschaft treibt auch seltsame Blüten. Man stelle sich nur vor, wie es wohl wäre, wenn der Staat für selbstgezüchtete Tomaten Umsatzsteuer erheben würde. Oder wenn jeder, der mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, eine Zwangsabgabe für den öffentlichen Nahverkehr leisten müsste.

Die EEG-Umlage für Eigenverbrauch ist im Grunde nichts anderes. Seit 2014 müssen grundsätzlich auch alle Betreiber von Photovoltaik-Anlagen für den selbst erzeugten und selbst verbrauchten Solarstrom eine – wenn auch der Höhe nach reduzierte – EEG-Umlage zahlen. Ausgenommen von dieser Pflicht sind im Wesentlichen nur sehr kleine PV-Anlagen mit weniger als 10 kW installierter Leistung und „echte“ Inselanlagen, also Anlagen, die weder unmittelbar noch mittelbar mit dem Netz verbunden sind.

EU stärkt die Prosumer-Rechte

Mit dieser Belastung des selbst erzeugten Stroms könnte bald Schluss sein. Denn das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben final eine neue europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EE-Richtlinie) beschlossen, mit der unter anderem die Rechte der „Prosumer“ gestärkt werden. Demnach muss es allen Stromverbrauchern erlaubt sein, mittels einer Erneuerbare-Energien-Anlage Strom selbst zu erzeugen, zu nutzen, zu speichern und zu verkaufen.

Das ist bereits heute weitgehend möglich. Neu ist, dass die Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien frei von unverhältnismäßigen Hindernissen und frei von „Abgaben, Umlagen und Gebühren“ sein soll (vgl. Art. 21 der neuen EE-Richtlinie). Das gilt im Grundsatz jedenfalls für den „an Ort und Stelle“ selbst erzeugten und selbst verbrauchten Photovoltaik-Strom, aber auch – mit Einschränkungen – für Photovoltaik-Strom, der innerhalb des Gebäudes an einen anderen Letztverbraucher geliefert wird.

Die neue EE-Richtlinie dreht den Spieß also um: Dezentral erzeugter und verbrauchter Solarstrom darf also künftig grundsätzlich nicht mehr mit Abgaben, Umlagen oder Gebühren belastet werden. Ausnahmen von diesem Belastungsverbot sind nur noch unter ganz bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Diese Ausnahmen sind allerdings weitreichend. So sind Belastungen insbesondere dann möglich, wenn die betreffende Anlage „effektiv gefördert“ wird, was etwa bei der Inanspruchnahme der EEG-Vergütung regelmäßig der Fall ist. Aber auch alle Anlagen mit mehr als 30 Kilowatt installierter Leistung dürfen ausnahmsweise belastet werden.

Umsetzung in nationales Recht

Wie alle europäischen Richtlinien muss auch die neue EE-Richtlinie zunächst in nationales Recht umgesetzt werden. Sie entfaltet für sich genommen also noch keine unmittelbare Wirkung zugunsten der Anlagenbetreiber. Für die Umsetzung haben die nationalen Gesetzgeber bis Mitte 2021 Zeit (siehe Art. 36 der neuen EE-Richtlinie).

Die Diskussion, an welchen Stellen das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nun entsprechend den Vorgaben der neuen EE-Richtlinie anzupassen ist, ist bereits im Gange. Bestimmte Anpassungen werden unausweichlich sein, etwa bei der zeitlichen Einschränkung der Privilegierung der kleinen Photovoltaik-Anlagen (vgl. § 61a Nr. 4 EEG). Andererseits lässt die neue EE-Richtlinie manche Interpretationsspielräume. Die Erfahrung lehrt, dass der deutsche Gesetzgeber wahrscheinlich nicht verlegen sein wird, die geltenden Belastungen soweit wie möglich zu verteidigen.

Vorsicht bei Zahlung „unter Vorbehalt“

Vor allem Betreiber kleinerer Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von weniger als 30 Kilowatt stellen sich nun die Frage, ob sie die EEG-Umlage für Eigenversorgung besser nur noch unter Vorbehalt zahlen sollten. Denn sollte sich das deutsche EEG insoweit als unvereinbar mit der neuen europäischen EE-Richtlinie erweisen, können die betroffenen Anlagenbetreiber – so die Überlegung – die geleistete EEG-Umlage auf Eigenverbrauch möglicherweise zurückfordern.

Eine Zahlung unter Vorbehalt wäre jedoch aus Perspektive der Anlagenbetreiber nicht frei von Risiko. Derzeit besteht dafür aber auch keine Notwendigkeit.

Allgemein gilt nämlich: Zahlt jemand, weil er glaubt, hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, und stellt sich später heraus, dass die vermeintliche Rechtspflicht – aus welchen Gründen auch immer – nicht bestand, so kann die Zahlung zurückgefordert werden. Der Jurist nennt dies „Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung“.

Dieser Rückforderungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn die Zahlung nicht unter Vorbehalt erfolgt ist. Auch die Verjährung des Rückforderungsanspruchs wird durch die Erklärung eines Vorbehalts nicht nach hinten verschoben (vgl. BGH, Beschl. v. 23.06.2009 – EnZR 49/08). Eine Zahlung „unter Vorbehalt“ bewirkt in der Regel lediglich, dass sich der Zahlungsempfänger später nicht darauf berufen kann, das Geld selber nicht mehr zu haben („Wegfall der Bereicherung“ gemäß § 814 BGB, vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2005 – III ZR 37/05).

Auf die richtige Formulierung kommt es an

Auf der anderen Seite hat der zuständige Netzbetreiber nach derzeit geltender Rechtslage einen Anspruch auf Zahlung der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch. Netzbetreiber sind von Gesetzes wegen sogar dazu verpflichtet, die EEG-Umlage von allen Verpflichteten tatsächlich zu fordern. Zahlt ein Anlagenbetreiber die von ihm geforderte EEG-Umlage nur unter Vorbehalt, kann dies unter Umständen dazu führen, dass die Zahlung keine „schuldbefreiende Wirkung“ hat (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.1992 – V ZR 84/91). Die Netzbetreiberin könnte dann nach wie vor Zahlung verlangen und diese Zahlung notfalls auch gerichtlich einklagen.

Entscheidend ist daher, in welcher Art und Weise der Vorbehalt erklärt wird. Stellt der unter Vorbehalt zahlende Anlagenbetreiber seine Zahlungsverpflichtung generell in Abrede, bleibt der Zahlungsanspruch der Netzbetreiberin in der Schwebe. Gibt der Zahlende dagegen lediglich zu erkennen, dass er sich eine spätere Nachprüfung und eventuell Rückforderung offenhalten will, so ist die Zahlung erst einmal wirksam. Im Zweifel kommt es darauf an, wie der Netzbetreiber die Vorbehaltserklärung verstehen darf.

Mit einer Vorbehaltserklärung gewinnt der Anlagenbetreiber derzeit also wenig, riskiert aber einen unnötigen Streit mit dem Netzbetreiber. Daher sollte die Zahlung der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch besser nur dann unter Vorbehalt erfolgen, wenn besondere Umstände dies erfordern. Die neue EE-Richtlinie rechtfertigt dies für sich genommen noch nicht. Nichtsdestotrotz sollten Anlagenbetreiber die weitere Rechtsentwicklung im Auge behalten, um gegebenenfalls sofort reagieren zu können.

— Der Autor Rechtsanwalt Sebastian Lange ist Inhaber der in Potsdam ansässigen Projektkanzlei (www.projektkanzlei.eu). Er vertritt bundesweit Projektierer und Betreiber bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb von Erneuerbare-Energien- und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. —

 

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