„Ich baue dieses Jahr nichts mehr – diesen Stress tue ich mir nicht mehr an!“ So oder so ähnlich klingt es häufiger, wenn man sich dieser Tage mit Projektierern und Installateuren unterhält. Aber auch so: „Wenn ich jetzt noch Module bestelle, können Sie mir dann garantieren, dass diese auch wirklich noch rechtzeitig geliefert werden?“ Kurz gesagt, es herrscht helle Aufregung im Markt, die teilweise in blanke Wut, teilweise auch in Resignation mündet. Doch was ist passiert, dass die allgemein positive Stimmung in Deutschland so schnell umgeschlagen ist?
Nun, die Politik ist dabei zu vollbringen, was sie offenbar am Liebsten immer dann macht, wenn das zarte Pflänzlein Solar wieder einmal droht, zu einer stattlichen Pflanze heranzuwachsen – sie trampelt darauf rum, indem horrende Kosten für die Allgemeinheit prognostiziert werden, und gießt sie mit vergiftetem Wasser in Form von angekündigten massiven Einschnitten bei der Förderung, Entzug von Privilegien und weiteren Repressalien, so dass auch wirklich alle neuen Triebe schnellstens an ihr absterben mögen.
Leider reicht mittlerweile ja schon die alleinige Ankündigung von Veränderungen und Kürzungen, um den Photovoltaik-Markt durcheinander zu bringen und jegliche Planungssicherheit zu beerdigen. Man möchte fast glauben, es werden von den heimlichen Gegnern einer schnellen Energiewende absichtlich möglichst überzogene Ankündigungen hinsichtlich des Termins und Umfangs der Maßnahmen gemacht, um in dem dann entstehenden Chaos den Weg für etwas abgemilderte, aber immer noch schmerzhafte Einschnitte durchsetzen zu können. So geschehen Anfang November, als aus dem Wirtschaftsministerium zu vernehmen war, man werde die Einspeisevergütung für dachgebundene Photovoltaik-Anlagen zwischen 40 und 750 Kilowattpeak bereits zum 1. Januar 2019 um etwa 20 Prozent auf das Niveau von Freiflächenanlagen in dieser Leistungsklasse absenken.
Dass daraufhin ein nie dagewesener Run auf alle noch in diesem Jahr verfügbaren Ressourcen begann, ist kaum verwunderlich. Da jedoch niemand auf diese Situation vorbereitet war, wurden bereits innerhalb weniger Tage die Kapazitäten knapp, sei es bei Modulen, Wechselrichtern, Unterkonstruktion oder gar Montagedienstleistungen. Fast jeder Akteur versucht gerade, noch alle halbwegs baureifen Dachanlagen in diesem Jahr abzuschließen beziehungsweise für das kommende Frühjahr geplante Projekte vorzuziehen. Wo das aus diversen Gründen nicht geht, werden Projekte vorsichtshalber auf Eis gelegt. Für Investoren und die gesamte Entwicklung der Solarbranche ist diese Situation eine Katastrophe, zumal völlig unklar ist, wie lange die Witterung nach einem so langen und trockenen Sommer noch mitspielt und ein Arbeiten auf dem Dach ermöglicht.
Die Modulpreisentwicklung zeigt mittlerweile auch einen deutlichen Trend hin zu stagnierenden bis steigenden Preisen. Da die Entwicklung noch relativ jung ist, haben sich nicht alle Akteure darauf einstellen können und bereits reagiert. Die großen Hersteller hatten bereits vor Bekanntwerden der EEG-Anpassungen einen sich abzeichnenden Engpass gemeldet, der sich vor allem auf die gestiegene Nachfrage auf der Südhalbkugel und in Asien zurückführen lässt. Die wenige, in Europa noch frei verfügbare Ware ist nun schnell vergriffen oder wird zu deutlich höheren Preisen angeboten. Aufgrund der Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung in Deutschland, die auch noch bis zur letzten Sitzung des Bundestags-Wirtschaftsausschusses in diesem Jahr am 12.12. andauern kann, können jedoch keine zuverlässigen Aussagen über Verfügbarkeit und weitere Preisentwicklung von Photovoltaik-Komponenten gemacht werden.
Zumindest im Spotmarkt ist zu erwarten, dass aufgrund von Stornierungen immer wieder Restmengen bei den Herstellern und Großhändlern frei werden, die dann zu moderaten Preisen angeboten werden. Diese dürften im Vergleich zu heute noch sinken, je näher die Weihnachtszeit und das Jahresende rücken. Sollte zwischenzeitlich von Seiten der Regierungsparteien eindeutige Signale zugunsten einer Abschwächung oder aber einer Verschiebung des Stichtags gesendet werden, kann sich die Situation augenblicklich wieder radikal ändern. Nach dem guten Abschneiden der Grünen in etlichen Landtagswahlen hat diese Partei durchaus ein politisches Gewicht, welches die bisher geäußerten Pläne der Regierung noch beeinflussen kann. Hoffnung gibt es auch seitens einiger SPD- und CDU-regierter Bundesländer, welche eine hohe Dichte an Solarindustrie und –handwerk aufweisen.
Dennoch ist mir völlig unverständlich, wie die versammelte Mannschaft in Berlin an einem derartigen Realitätsverlust leiden und sich immer wieder solche Schildbürgerstreiche leisten kann. Man scheint ja durchaus gemerkt zu haben, dass es ohne ressourcenschonende, schadstoffarme Energieerzeugung nicht mehr lange weitergeht, fordert öffentlichkeitswirksam auch mehr Ökostrom. Allein die Taten sprechen eine ganz andere Sprache – man unternimmt jegliche Anstrengung, die zügige Umsetzung der Energiewende zu verhindern. Milliardengeschenke an die alte Energiewirtschaft, Verzögerung des Kohleausstiegs, Dieselgate und die nicht eingedämmte Plastikflut sind nur einige Punkte in einem gigantischen Tableau des Versagens. Jahrelang werden wohlbekannte Problem vertuscht, schöngeredet und eine Beseitigung verzögert, aber sobald es um die Solarbranche geht, schafft man es plötzlich, innerhalb weniger Wochen einen harten Einschnitt im Eilverfahren durch alle Instanzen zu prügeln!? Man wolle die Energiewende bezahlbar machen und den Bürger vor unzumutbaren Belastungen schützen … das Gegenteil wird der Fall sein – es wird uns alle noch teuer zu stehen kommen!
Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im November 2018 inklusive der Veränderungen zum Vormonat (Stand 11.11.2018):
— Der Autor Martin Schachinger beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Photovoltaik und Regenerativen Energien im Allgemeinen. Er ist innerhalb der Photovoltaik-Branche bestens vernetzt, was nicht zuletzt auf sein kontinuierliches Engagement für die internationale Online-Handelsplattform für Solarkomponenten www.pvXchange.com zurückzuführen ist, welche er 2004 zusammen mit zwei Partnern ins Leben rief. Dort wird ein breites Spektrum an Markenprodukten, Neu- und Gebrauchtware mit unterschiedlichsten Spezifikationen angeboten.—
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Danke für den guten Kommentar. Ich frage mich , was ich nun tun kann. Wie und wo kann ich mich aufregen und über wen? Wer ist denn für den entsprechenden Passus im Energiesammelgesetz verantwortlich? Welche Kanzlei, welcher Sekretär oder Peter Altmeier höchstpersönlich? Hat da jemand genauere Infos, um an den richtigen Stellen den Hebel anzusetzen.
Manchmal denke ich, unsere Branche ist auch selbst dran Schuld bei dem was passiert, weil wir auf politischer Ebene so dilettantisch agieren. Mein Vorschlag: der BSW rekrutiert Mal ein paar Autoindustrie-Aussteiger-Lobbyisten. Die wissen, wie es geht.
Ich stimme Dir in Teilen zu. Ich denke aber nicht, dass unsere Chance Schuld daran hat, was passiert. Aber sicher daran, die Zeit (=Atempause) der letzten 2 Jahre nach der letzten EEG-Novelle 2016 nicht genutzt zu haben, um Modelle und gut Inititiativen (Grünstrom-Marktmodell, PPA`s, Hybridkraftwerke, Modelle Post-EEG, um nur einige zu nennen) die ja da waren, weiterzuentwickeln und damit politisch Druck aufzubauen, um einer solchen Aktion nicht nur zuvorzukommen sondern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Spätestens nach Übernahme des BMWi durch die CDU ist wieder zu befürchten, dass verstärkt gegen die Solarenergie vorgangen wird. (Der CDU-Wirtschaftsrat forderte vor nicht all zu langer Zeit wieder einmal die (ersatzlose) Streichung und Abschaffung des EEG. Von daher gebe ich Dir Recht, wir haben uns da regelrecht einlullen lassen von den Diskussionen um Sonderausschreibungen, Kohleausstieg und Umsetzung des Paris-Abkommens.
Volle Zustimmung.
Herrn Altmaier ist ebensowenig wie Herrn Gabriel zu trauen. Und seit Herr Baake das sinkende Schiff verlassen hat, gibt es im BMWi schlicht keinen qualifizierten Mann mehr für die Aufgabe.
Aber es ist sehr erfreulich, dass der Bundesrat hier Druck macht.
An einer Absenkung mag kein Weg dran vorbei führen, aber ein Jahr Vorwarnzeit wäre das mindeste. Ich will mir den Aufschrei bei einer solchen und solch kurzfristigen Maßnahme gegen die Kohleverstromung gar nicht vorstellen: CO2 Mindestpreis in Deutschland von 25€ ab 1.1.2019…. das wäre mal eine Steilvorlage…..
Hallo Herr Schachinger, sehr trefflich formuliert!
Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass die Schutzzölle/Mindestimportpreise auf PV-Module nicht dafür gedacht waren, die verbliebenden Modulhersteller (da waren es eh nur 1-2 Firmen geblieben) wirklich zu schützen, sondern die Ware möglichst lange teuer zu halten, damit keine PV-Anlagen mehr gebaut werden. Die Zubaurate hat es ja gezeigt – es wurde zu wenig gebaut.
Dumm nur, dass die Höhe der Einspeisevergütung daran gekoppelt war. Sie blieb nahezu konstant.
Und als es abzusehen war, dass Anfang September die Schutzzölle/Mindestimportpreise wegfallen würden, musste was anders her, um die Photovoltaik mal wieder auszubremsen. So eine Studie schreibt man nicht über das Wochenende! Das war bestimmt schon lange vorher in Auftrag gegeben.
Die Anlagen sind nicht überfördert. Die Anlagen haben sich vorher nicht rentiert – daher wurde auch wenig gebaut. Jetzt, wo es sich wieder einigermaßen lohnt, muss die Lobby wieder alles kaputt machen. Und das wegen eines einzelnen Arbeitsplatzes! 🙂
Ich würde jetzt genau nachschauen, ob mein Stromversorger Kohlenstrom beimischt und wenn ja, wird zügig gewechselt.
Petitionen?
Wären Petitionen evtl. ein Weg, diese politische Schieflage zu korrigieren?
Gibt es schon Petitionen zu diesem Thema?
Ich konnte auf die Schnelle nichts finden, wo ich mich anschliessen und so zumindest meine Nerven wieder beruhigen konnte.
Wir haben eine entsprechende Petition gestartet!
https://weact.campact.de/petitions/pro-energiewende-stoppen-sie-die-reduzierung-der-pv-strom-einspeisevergutung-zum-01-01-2019-1
Bitte schließt Euch an!
wir dürfen auf keinen Fall den korupten und völlg intransparenten Lobbyismus der Auto, oder anderer Großindustriezweige nachmachen, oder versuchen nachzumachen.
Es ist nunmal ein großer Machtkampf von David gegen Goliath.