Antworten auf Fragen im Webinar „Zwischen Peakshaving und Primärregelleistung – Wie Großspeicher heute Geld verdienen“

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Der Speicher bei einem Stadtwerk kostet 1.087.000 Euro. Mit Peakshaving lassen sich pro Jahr 127.734 Euro Einnahmen generieren. Man sieht auf den ersten Blick, dass sich das nicht in sechs Jahren rentiert. Wohl aber mit einer zusätzlichen Vermarktung, die im Jahr weitere 91.000 Euro einbringt. Dann refinanziert sich das System in fünf Jahren. Das war nur eines von mehreren Fallbeispielen, mit denen Hans Urban im Webinar „Zwischen Peakshaving und Primärregelleistung – Wie Großspeicher heute Geld verdienen“ Geschäftsmodelle erläuterte. Hans Urban ist Berater, unter anderem für den Webinar-Initiativpartner Smart Power, der Batteriespeicher projektiert und Projekte für größere Speichersysteme umsetzt.

Im folgenden erläutern wir einige Fragen noch einmal, die Teilnehmer im Webinar gestellt haben.

Hier können Sie das Webinar nachsehen und die Präsentation herunterladen.

Antworten zu Fragen zur Regelleistung

Wie lange muss man die Primärregelleistung bereitstellen, wenn sie abgefragt wird? Anders gefragt: Welche Energiemenge muss man je Megawatt vermarkteter Primärregelleistung vorhalten?

Hans Urban: Bei der Primärregelleistung (PRL) geht es im Wesentlichen – wie der Name schon sagt – um „Leistung“. Diese muss innerhalb kurzer Zeiten abrufbar sein. Die maximal abgefragte Energiemenge ist – ganz grob – gesagt, die präqualifizierte Leistung über einen Zeitraum von 30 Minuten.  Man spricht deshalb auch vom „Halbstundenkriterium“. Das liegt vor allem auch daran, dass ja die Energie in beiden Richtungen zur Verfügung stehen muss, also sowohl als „Lade-Energie“ als auch als „Entlade-Energie“. In der Regel muss der Speicher also nahe dem Ladezustand von 50 Prozent betrieben werden, damit er dann auch diese Energie entweder liefern oder aufnehmen kann. Wenn die Abrufe über eine bestimmte Zeit ständig in eine Richtung gehen, dann weicht der Speicher immer mehr von 50 Prozent Ladezustand ab und muss über sogenannte „Fahrplangeschäfte“ wieder dahin zurückgeführt werden. Diskutiert wird, dass in Zukunft 15 Minuten statt 30 Minuten eingeführt werden sollen, da die Abrufe in der Praxis immer wesentlich kürzer sind. (siehe auch link: https://www.pv-magazine.de/archiv/mit-gebrauchten-akkus-konkurrenzfaehiger/)

Was ist der Hauptgrund für den Rückgang der Preise für Primärregelleistung?

Die ausgeschriebene Menge an PRL ist für Deutschland beziehungsweise für das europäische Verbundnetz beschränkt, das Angebot steigt aber. PRL wird sowohl von konventionellen Kraftwerken angeboten (sozusagen die Leistungsvarianz im normalen Betrieb der Kraftwerke), also auch von Groß-Speichern. In Deutschland gingen zum Beispiel in den letzten zwei bis drei Jahren durchaus etliche Großspeicherprojekte im Leistungsbereich von circa einem Megawatt bis zu mehrstelligen Megawatt in Betrieb, bei einer Größe des Gesamtmarktes von „nur“ etwa 600 Megawatt sind dies durchaus relevante Veränderungen im Angebot, die den Preis beeinflussen.

Es wird viel darüber gesprochen, ob die Nutzung verteilter Heimspeicher für Primärregelleistung wirtschaftlich ist. Es gab auch schon Versuche, sie für Sekundärregelleistung zu nutzen. Wie verhält sich die Wirtschaftlichkeit bei Sekundärregelleistung im Vergleich zu der von Primärregelleistung?

PRL und SRL ist nicht direkt vergleichbar. Speichersysteme sind generell immer eher für die PRL prädestiniert, da sie eben symmetrisch in beiden Richtungen angeboten werden muss. Sekundärregelleistung (SRL) ist auch länger vorzuhalten als PRL. Ob Heimspeicher dafür wirtschaftlich sind, das wird wohl letztendlich der Markt entscheiden. Aus meiner subjektiven Sicht sprechen aber einige Faktoren dagegen, insbesondere der recht hohe Präqualifizierungsaufwand, der sich eher über große Einheiten rechnet.

Wie viele Jahre hält eine Batterie in der Primärregelleistungsnutzung?

Batterien werden noch nicht allzu lange in solchen Betriebsfällen eingesetzt, insofern fehlen etwas die Erfahrungen. Es gibt aber im Rahmen von Projektverträgen durchaus Garantiezeiten in der Größenordnung von 10 bis 15 Jahren. Auch dazu nochmals der Hinweis auf den oben bereits erwähnten Artikel.

Wie hoch sind die Markteintrittsbarrieren zur Präqualifikation der technischen Einheit?

Das ist sehr individuell zu betrachten. Die Präqualifikation muss beim Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) erfolgen, zusätzlich muss der Verteilnetzbetreiber (VNB) den Netzanschluss zur Verfügung stellen. Ein Standard-Verfahren von der Anmeldung bis zur Erteilung existiert zwar im Prinzip, aber die Dauer und damit auch die Kosten des Verfahrens sind in der Regel schlecht kalkulierbar. Aus der Erfahrung ist der administrative Aufwand nur für größere Einheiten rentabel.

Antworten zu Fragen zu Peakshaving-Anwendungen

Kann man aus einer Viertelstunden-Lastgangmessung, wie sie normalerweise zur Verfügung steht, darauf schließen, bei welcher Auslegung eines Speichers welche Spitzenkappung möglich ist? Das ist doch viel zu grob. Lastspitzen spielen sich doch in Sekunden oder Minutenwerten ab. Braucht man nicht  Lastgangmessungen auf Sekundenbasis?

Die Frage ist grundsätzlich vollkommen richtig. Je genauer der Lastgang, desto genauer die Prognose. Allerdings werden die Kosten für die Spitzenleistung nachher im Speicherbetrieb auch nur im Viertelstundenraster ermittelt und auch abgerechnet (Viertelstunden-Leistungsmessung). Also reicht die Genauigkeit des Lastganges im Prinzip schon aus.

Kann man denn aufgrund eines Lastgangverhaltens von einem Jahr eine Wirtschaftlichkeit für die Zukunft kalkulieren? Schließlich kann sich der Jahreslastgang durch ein geändertes Nutzerverhalten ändern und die Wirtschaftlichkeitsberechnung ist davon abhängig. Benutzen Sie einen Faktor, der die Varianz des Lastprofils mit einberechnet?

Eine Prognose ist natürlich immer nur so genau wie die zugrundeliegenden Daten. Mehr ist grundsätzlich nicht erreichbar. Natürlich kann man Varianz und Reserven für die Zukunft mit in die Rechnung einbeziehen, aber die Vorgaben dazu müssen von dem kommen, der diese zukünftigen Veränderungen am besten abschätzen kann. Hier ist natürlich die zukünftige strategische Ausrichtung des Kunden eine wichtige Größe. Ist Wachstum zu erwarten? Oder eher Konsolidierung? Gibt es mögliche zukünftige Energiesparmaßnahmen in der Produktion? Am besten kann man solche Abschätzungen im Rahmen eines sachlichen Beratungsgespräches klären.

Muss ich das Peakshaving an 365 Tagen im Jahr einhalten, um niedrigere Netzentgelte zu zahlen?

Für einen Industrie- oder Gewerbe-Stromkunden ist der Preis der Leistungsspitze das wichtigste „Netzentgelt“. Diese Leistungsspitze kann im Extremfall vielleicht nur einmal im Jahr vorkommen, trotzdem bestimmt sie die Kosten für das gesamte Betrachtungsjahr. Soll der Speicher diese Kosten senken, so muss er dafür unbedingt 365 Tage im Jahr betriebsbereit sein. Dies gilt zumindest dann, wenn der Zeitpunkt der Lastspitze vorher nicht bekannt ist.

Wie können mehrere Betriebsmodi wie Peak Shaving und Primärregelleistung zusammen umgesetzt werden? Wird da eine bestimmte Leistungsmenge für PRL zurückgehalten?

Das ist für den Kunden frei wählbar. Man kann zum Beispiel einen bestimmten Teil der Leistung und/oder der Kapazität für PRL reservieren, man spricht dann vom „vertikalen Stacking“ von Speicherfunktionalitäten. Ebenso ist eine zeitliche Aufteilung möglich, zum Beispiel drei Monate im Jahr Peak Shaving und neun Monate im Jahr PRL (horizontales Stacking). Die zweite Methode bietet sich dann an, denn die Peaks zuverlässig vorhersagbar immer nur zu gewissen Zeiten vorkommen, beispielsweise im Winter.

Gibt es einen Unterschied für Peak-Shaving-Anwendungen wenn der Speicher im Niederspannungsnetz oder im Mittelspannungsnetz angeschlossen ist?

Einen prinzipiellen Unterschied gibt es nicht, beides ist möglich. Höhere Leistungen werden üblicherweise über die Mittelspannung angeschlossen, um Ströme und Querschnitte im Rahmen zu halten. Das richtet sich auch nach den gegebenen Anschlussbedingungen vor Ort. Im Niederspannungsnetz sind die Leistungspreise oftmals höher, was das Peak Shaving dort noch rentabler macht. Der Speicher selbst hängt immer im Niederspannungsnetz, bei einer Einspeisung in die Mittelspannung gehört deswegen der Trafo formal mit zur Gesamtanlage und muss somit mit präqualifiziert werden. Generell ist auch zu sagen, dass ein Anschluss an die Mittelspannung immer höhere Anforderungen nach sich zieht (NA-Schutz, Einheitenzertifikat, ab einer gewissen Größe Anlagenzertifikat und so weiter).

Sind Peakshaving-Anwendungen örtlich an den Betrieb gebunden? Muss also eine Direktleitung bestehen oder ist auch eine bilanzielle Weitergabe möglich?

Das ist sicher eine sehr wichtige Frage. Das Peakshaving muss im Betrieb stattfinden, also ähnlich wie die Eigenverbrauchserhöhung bei Photovoltaik-Anlagen „behind the meter“, also hinter dem Zähler – vom Versorger aus gesehen. Ansonsten liegt eine Netz-Durchleitung vor.

Antworten zu Fragen zum Kapitel „zukünftiges Energiesystem“

Welche Rolle sehen Sie für die Methanolerzeugung?

Aus Sicht des Energiesystems offen gesagt keine. Methanolerzeugung für industrielle Anwendungen kann Sinn machen. Aber Methanolerzeugung zum Beispiel für mobile Anwendungen ist im Vergleich zur direkten Verwendung elektrischer Energie vom Wirkungsgrad her einfach zu niedrig. Oft wird propagiert, Methanol aus pflanzlichen Stoffen herzustellen, um damit wieder PKW zu betreiben. Da ist Photovoltaik auf der gleichen Fläche in Verbindung mit E-Autos in der Regel mindestens um den Faktor zehn effizienter. Da wir nur ein begrenztes Flächenpotential haben, sind gute Systemwirkungsgrade im Sinne der Energiewende unverzichtbar. Schlechte Systemwirkungsgrade können und müssen dann akzeptiert werden, wenn es um saisonale Speicherung von Energie geht.

Welche Rolle sehen Sie für Salzwasserspeicher?

Die Salzwasserbatterie wird als umweltfreundliche Alternative für Heimspeichersysteme angeboten. Sie ist tendentiell „groß und schwer“, enthält aber weniger giftige Inhaltsstoffe als vergleichbare Batteriesysteme. Bei Anwendungen, wo die Performance (Stichwort C-Rate) oder  hohes Gewicht und Volumen nicht so wichtig sind, können solche Technologien durchaus Sinn machen.

Welche Rolle sehen Sie für Druckspeicher und Redox-Flow-Speicher?

Druckspeicher haben ein thermodynamisches Problem. Man kann nicht einfach Medien komprimieren und wieder dekomprimieren wie einen mechanischen Federspeicher, denn Gase setzen beim Komprimieren Energie frei, die als Wärme abgegeben wird. Beim Dekomprimieren (also bei der Rückverstromung) muss wieder Wärme zugeführt werden, da ansonsten Vereisung in den Wärmetauschern auftritt. Man kann zwar versuchen, parallel zwischenzuspeichern, das verursacht aber ebenfalls Aufwand, braucht ein Speichermedium und der Wirkungsgrad der Wärmespeicherung nimmt dann mit zunehmender Speicherzeit wegen der Wärmeverluste ab.
Redox-Flow-Speicher können in bestimmten Fällen sinnvoll sein, denn die gespeicherte Energie erhöht die Systemkosten vergleichsweise nur wenig, da nur mehr Trägermedium zwischengespeichert werden muss. Was Kosten verursacht, ist lediglich die System-Leistung. Allerdings beinhalten solche Speicher auch einiges an „Mechanik“ wie Pumpen und Anlagentechnik. Die Kosten dieser eher „konventionellen“ Technologien sinken aber erfahrungsgemäß kaum oder nur sehr langsam, es ist deswegen fraglich, inwieweit diese Speicher einer künftig zu erwartenden Kostendegression folgen können.

Antworten zu allgemeinen Fragen zu Speichern

Wie hoch sind die Entsorgungskosten eines ein Megawattspeichers ungefähr und wie werden sich diese entwickeln?

Das lässt sich im momentanen Zeitpunkt schlecht beantworten, weil es bisher noch keine großtechnischen Entsorgungssysteme gibt. Momentan kostet eine Entsorgung etwa ein Prozent vom Invest, mit sinkender Tendenz.

Ist ein Hybridspeicher aus neuen und aus Second-Use-Batterien günstiger als ein Speicher aus rein neuen Batterien?

Selbstverständlich sind Second-Use-Batterien günstiger, deswegen werden sie ja auch verwendet. Der Preisvorteil wird allerdings teilweise durch eine aufwendigere Wechselrichterkonfiguration kompensiert. Second-Use-Batterien sind im Allgemeinen auf dem freien Markt nicht verfügbar, sondern werden nur in Form von Rahmenverträgen mit den Herstellern gehandelt. Jedes Projekt ist deswegen hier sehr individuell zu betrachten.

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