Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT und die Fernleitungsnetzbetreiber Gasunie Deutschland und Thyssengas wollen bei der Kopplung von Strom- und Gasnetzen für die Energiewende vorangehen. Die drei Netzbetreiber sind in konkrete Planungen eingestiegen, in Niedersachsen eine 100 Megawatt Power-to-Gas-Pilotanlage aufzubauen. Nach Angaben der Unternehmen soll es sich bei „Element eins“ um die bis dato größte Anlage dieser Art in Deutschland handeln. Sie werde gebaut, um erste Erfahrungen mit Power-to-Gas-Anlagen im industriellen Maßstab zu sammeln. Es sei geplant, sie ab 2022 schrittweise ans Netz gehen zu lassen, hieß es weiter.
Als Standorte seien Bereiche der Tennet-Umspannwerke Diele und Conneforde im Gespräch, in denen vor allem Offshore-Windstrom aus der Nordsee gesammelt und weiterverteilt wird. Dieser Strom solle von der neuen Anlage in Gas umgewandelt werden, um damit neue Speicherpotenziale für erneuerbare Energien im Zuge der Energiewende zu erschließen. Dabei gehe es bei dem Projekt auch um die umfassende Kopplung der Sektoren Energie, Verkehr und Industrie, hieß es von den Unternehmen. Das erzeugte grüne Gas könne durch bestehende Leitung von der Nordsee in die Verbraucherzentren im Ruhrgebiet geleitet werden. Es könne aber auch über Wasserstoff-Tankstellen für die Mobilität genutzt und durch die Speicherung in Kavernen für die Industrie zur Verfügung gestellt werden.
Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies bezeichnete das Projekt als „ganz wichtiges Signal“. Die Energiewende dürfe nicht ausschließlich als Stromwende betrachtet werden. „Gerade der Sektorkopplung kommt eine herausragende Bedeutung zu“, so Lies weiter. „Einzelne Industrieunternehmen sind bereits am Thema Power-to-Gas dran. Wichtig ist es jetzt, dass wir industriepolitische Maßstäbe der Anlagen realisieren.“ Gerade die Verbindung von Strom- und Gasnetz biete große Entwicklungspotenziale, so Lies weiter. Auch beim Bundeswirtschaftsministerium unterstützt man das Projekt. „Ich bin überzeugt, dass die Nutzung von erneuerbarer Energie als Wasserstoff eine wichtige Antwort auf noch offene Fragen der Energiewende sein wird“, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Bareiß.
Aus Sicht on Tennet hat Power-to-Gas großes Potenzial, wenn es darum geht künftig die notwendige Flexibilität im Stromnetz zu schaffen. „Wir brauchen leistungsfähige Speichertechnologien, um das ambitionierte Ausbauziel für erneuerbare Energien 2030 zu realisieren“, sagte Tennet-Geschäftsführer Lex Hartman. „Wenn wir große Mengen an erneuerbarem Strom speichern können, entlasten wir das Stromnetz. Das hilft uns, die teure Abregelung von Windanlagen zu begrenzen und macht die Stromversorgung sicherer.“ Zugleich könnte durch mehr Speichermöglichkeiten Kosten beim Netzausbau gespart werden.
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Olaf Lies: „industriepolitische Maßstäbe“. Was soll denn das sein? Liest man das ganze Konzept, dann wirkt die Kombination von Größe (0,1 GW) und Bauzeit (4 Jahre) so, als ob da vor allem gewaltig verzögert werden soll. Entweder, man will einen industriellen Maßstab, dann sollte 2022 schon 1GW aufgebaut sein, oder man will Politik machen, dann verzögert man den Aufbau durch langwierige Pilotprojekte. Mit dem „industriepolitischen Maßstab“ soll diese Verzögerungstaktik dann noch verschleiert werden.
Industrieller Maßstab ist gefragt, und zwar jetzt und so schnell wie möglich.
Industrieller Maßstab ist dann gefragt, wenn Erneuerbare Energie in vielen Stunden pro Jahr im Überschuss vorhanden ist. Vor 2022 wird das nicht passieren. Eine PtG-Anlage muss möglichst viele Vollaststunden laufen, um günstig produzieren zu können. So eine Anlage würde heute nur dafür sorgen, dass die Kohlekraftwerke länger laufen.
Das gewonnene Gas sollte dann auch ausschließlich in der chemischen Industrie oder in GuD-Kraftwerken verwendet werden, zum Heizen ist das viel zu teuer, da muss auf Wärmepumpen gesetzt werden.
Das ist – mit Verlaub – Quatsch.
1. Kein Kohlekraftwerk wird seine chemische (Kohle-)Energie in Strom umwandeln, um sie anschließend zur Speicherung wieder in chemische Energie (H2) zurückzuverwandeln. Kohlekraftwerke haben also keinen Grund, von einer H2-Erzeugungsanlage profitieren zu wollen. Die Anpassung des unflexiblen Erzeugungsprofils von Braunkohlekraftwerken an das Verbrauchsprofil würde man besser mit Batteriespeichern erledigen, wenn es sich lohnen würde. Aber bisher bringt es noch mehr, den Überschussstrom der Braunkohle zu exportieren.
2. Die Erzeugung von H2 zur Langzeitspeicherung (und dann Überbrückung der Dunkelflaute) kann nicht „möglichst regelmäßig“ laufen. Sie kann nur laufen, wenn ein Überangebot an Strom im Netz ist, also typischerweise bei Starkwind-Wetter, oder sommers tagsüber. Wenn Strommangel im Netz herrscht, darf sie nicht laufen, allenfalls bei Netzengpässen auf der Seite des Überflusses.
3. In der jetzigen Lage mit nur seltenen Zeiten des Überflusses, könnte man ein Pilotprojekt sinnvoll betreiben. In vier Jahren ist es dafür zu spät – dann müssen entsprechende Anlagen im industriellen Maßstab zur Verfügung stehen. Jedes Gigawatt, das jetzt zugebaut wird, wird, wenn es mit voller Leistung arbeitet, das zu einer Zeit tun, wo es Überschussstrom erzeugt. Und bis 2022 werden noch viele GW hinzukommen.
4. Mit gespeichertem H2 lassen sich die Zeiten von Niedrigstrom überbrücken mit einer vom BDEW so penetrant geforderten „gesicherten Kraftwerksleistung“. Bisher hält der BDEW dies noch für die Lebensversicherung der Kohlekraftwerke. Denen kann aber effektiv das Wasser abgegraben werden, wenn die Erneuerbaren mehr „gesicherte Kraftwerksleistung“ darstellen können.
Ich fürchte, weder die SPD-regierten Länder, noch die unionsregierten wollen das. Deshalb verzögern sie den Aufbau einer Langzeit-Speicher-Infrastruktur mit vorgeschobenen Argumenten. Schon vor den Kurzzeit-Speichern (Batterien) haben sie Angst, und setzen lieber auf ein Projekt (Netzausbau), das zwar auch nötig ist, aber viel längere Realisierungszeiten hat. Und dies mit dem widersprüchlichen Argument, es würde einerseits Arbeitsplätze kosten, andererseits den Strom teurer machen. Aber warum macht es denn den Storm teurer, wenn es denn wirklich so ist? Weil die Batterien an Arbeitsplätzen produziert, installiert und betrieben werden müssen. Man scheut also einfach den Fortschritt, weil man Angst hat, das mühsam austarierte ökonomische Gleichgewicht unseres Wirtschaftssystems könnte gestört werden und die Folgen wären nicht absehbar. Wenn man aber das richtige tut, dann wird es immer das System stabiler machen. Wenn man das richtige unterlässt, kommt irgendwann der große Knall.
Übrigens: PtG-Anlagen, die H2 produzieren, weil das ein begehrter Rohstoff in der chemischen Industrie ist, die sollten wirklich rund um die Uhr laufen – nur dann ist es konkurrenzfähig zu H2 aus Methan u.ä. Soweit haben Sie recht. Das ist aber eben nur ein minimaler Anteil. Größer wird der Anteil, wenn die Sektorkopplung voranschreitet, da gilt für die PtG-Anlagen das gleiche. Aber Sektorkopplung mit Kohlekraftwerken, was sollte da der Sinn sein?
Aus meiner Sicht ist das alles krampfhaft und ein Symbol für die völlig abwegige „Energiewende“. Erst wird mit Subventionen überflüssiger Strom erzeugt, die Umwelt mit Industrieanlagen vollgestellt, und dann weiß man nicht, wohin damit. Soweit mir bekannt ist, gehen bei der Vergasung des Stroms weitere >50% der Energie verloren, so daß es vielleicht sinnvoller wäre, die Windräder abzustellen, bzw. erst wieder welche zu bauen, wenn man weiß, was man mit der Energie tun möchte oder sie so transportieren kann, daß es sinnvoll ist. Das Umwandeln in Gas scheint nur dann einigermaßen zweckmäßig zu sein, wenn die dabei entstehende Abwärme auch voll genutzt wird. Und was tut man damit im Sommer…?
Ihre Informationen sind nicht richtig: Mit der Reversiblen Brennstoffzelle liegt der Strom-H2-Strom Wirkungsgrad bei bis zu 70% (der Verlust also bei 30+%, Quelle: Wikipedia „Reversible Brennstoffzelle“). Damit ist er nicht viel schlechter als in Pumpspeicherwerken. Das ist möglicherweise, wie es so schön heißt, „alternativlos“.
Eine mögliche Alternative könnte die Produktion von Kohlenwasserstoffen durch Algen in Reaktoren sein. Die würden dann der Atmosphäre sogar CO2 entziehen. Wenn man einen Teil der Produktion dauerhaft einlagerte, könnte man damit direkt die notwendige Reduktion des CO2-Gehalts der Atmosphäre befördern. Sonst muss man die Natur arbeiten lassen, die zwar auch sehr effektiv ist, aber es dauert dann halt länger.
In der Wikipedia ist ein Paper von Jensen et.al. zitiert, in dem die 70% einfach so postuliert werden. Es wird aber nicht gezeigt, wie denn diese erreicht werden sollen. Schon alleine die H2-Verstromung erzeugt in einer üblichen Zelle so viel Abwärme, dass hier 30% Verlust entstehen.
Hier
https://edison.handelsblatt.com/erklaeren/reversible-brennstoffzellen-stromspeicher-mit-wasserstoff/23835848.html
wird gesagt, dass „Der elektrische Wirkungsgrad im Wasserstoffbetrieb liegt bei 62 Prozent. Das ist ein Weltrekord.“ Also H2->Strom:etta=0,62=>best avaiable technique.
Wie soll dann noch zusätzlich mit H2-Erstellung denn die 70% erreicht werden können. Weiter unten im Handelsblatt wird der Strom-Strom-Wirkungsgrad mit 43% angegeben.
Die reversible Brennstoffzelle ist damit viel, viel schlechter als Pumpspeicherwerke.
Elon Musk sagte mal: am Ende behält die Physik immer recht. Das trifft hier auch zu.