„Die relativen Preise der Stromerzeugungsquellen haben sich geändert, und Solar- und Windenergie sind in den meisten Ländern die billigsten netzgekoppelten Energiequellen.“ Diese Aussage, die von einem Erneuerbaren-Unternehmen oder aus der Kampagne einer Umweltgruppe stammen könnte, ist eine der Hauptaussagen in der Ausgabe 2018 des Statusbericht über die Atomindustrie (WNISR). Veröffentlicht wird dieser Report jedes Jahr von dem unabhängigen französischen Nuklearberatungsunternehmen Mycle Schneider. Dieses sagt selbst, dass der Bericht auf einer neutralen Perspektive basiert, die eine offene Diskussion über die nachhaltige Entwicklung der Kernenergie und einen rationalen Ansatz des Nachdenkens über die Atomindustrie anregen.
Nach Ansicht der Autoren wird die Atomkraft künftig wenig Wettbewerbschancen haben, wenn es nicht kleine, kommerziell verfügbare, modulare Reaktoren entwickelt, die zu niedrigen Kosten und zuverlässiger, passiver Sicherheit erhältlich sind und vor allem das Interesse privater Investoren wecken. „Diese Aussichten scheinen fern zu sein“, heißt es in dem Bericht.
Der Anteil der Atomkraft an der globalen Stromproduktion ist deutlich gesunken – von 17,5 Prozent im Jahr 1996 auf 10,3 Prozent im Jahr 2017. „Es muss festgehalten werden, dass der Bau neuer Kernkraftwerke vor allem von Staaten getrieben und unterstützt wird, und nicht durch den privaten Sektor“, heißt es im Bericht weiter. Darüber hinaus sind die meisten Befürworter solcher Nuklearprogramm Staaten, die Atomwaffen besitzen.
Die Unterstützung von AKW-Projekten, wie es in dem Bericht heißt, wird von Ländern gegeben, die bereit sind, öffentlichte Förderung anzubieten, was oftmals auch von Korruption begleitet wird. Vor allem aufgrund ihrer Größe (zwischen 1,0 und 1,6 Gigawatt) werden AKW in vielen afrikanischen Entwicklungsländern, deren Stromsysteme meist klein und nicht für die Integration großer Kapazitäten ausgelegt sind, als unrealistische Lösung angesehen. Weiter zeigt der Bericht, dass der Anteil der Photovoltaik und Windkraft am globalen um 35 und 17 Prozent am globalen Strommix gestiegen ist, während die Atomkraft im vergangenen Jahr nur um ein Prozent wuchs. Im Jahr 2017 seien nur vier Reaktoren in Betrieb genommen worden, drei davon in China und einer in Pakistan. Zudem ist mit dem Bau von fünf weiteren Anlagen 2017 begonnen worden, wie es weiter heißt. Die Zahl der im Bau befindlichen Anlagen sei von 68 Reaktoren Ende 2013 auf 50 in 15 Ländern bis Mitte 2018 gesunken. 16 davon befänden sich in China. Bei insgesamt 33 Reaktoren seien die Bauarbeiten meist mehrere Jahre im Rückstand. In China ist dem Bericht zufolge der Anteil der Kernenergie im vergangenen Jahr um 18 Prozent gewachsen. Am gesamten Strommix des erhöhte sich ihr Anteil von 3,6 auf 3,9 Prozent.
Mitte 2018 waren zudem auch 115 Reaktoren stillgelegt, davon allerdings nur 19 Anlagen endgültig. 13 dieser stillgelegten AKW befänden sich in den USA, fünf in Deutschland und eines in Japan. Doch was der Atomkraft wirklich zu schaffen macht, ist die Wirtschaftlichkeit, wie die Experten sagen. „Ausschreibungsergebnisse führten zu Rekordniedrigstpreisen für Onshore-Windkraft (unter 20 US-Dollar/Megawattstunde), Offshore-Windkraft (unter 45 US-Dollar/Megawattstunde) und Photovoltaik (unter 25 US-Dollar/Megawattstunde) – verglichen mit dem „Basispreis“ für das Hinkley Point C-Projekt in Großbritannien (120 US-Dollar/Megawattstunden)“, schreiben die Autoren.
Die Gesamtinvestitionen in die Kernenergie 2017 betrugen für die 4 Gigawatt Kapazitäten nur rund 16 Milliarden US-Dollar, während weltweit zur gleichen Zeit 160 Milliarden US-Dollar in die Photovoltaik und 100 Milliarden US-Dollar in die Windkraft flossen. In dem Bericht wird auch betont, dass die Kernenergie auch einen Einfluss auf die globale Erwärmung haben könne, da sie für die Kühlung der Reaktoren große Mengen Wasser braucht. Dies habe Regierungen, besonders in Europa, bereits veranlasst, Betriebsbeschränkungen für die AKW einzuführen, um eine übermäßige Erwärmung der Flüsse zu vermeiden. „Während in den meisten Fällen die Vorschriften eine Leistungsminderung der Reaktoren um etwa zehn Prozent vorsahen, sind einige Reaktoren auch abgeschaltet worden, darunter vier in Frankreich, um das Problem zu lösen“, heißt es in dem Bericht. Obwohl diese Erwärmung als sekundär angesehen wird, warnen die Experten, dass das „Unwohlsein“ über die unsichere Zukunft der Industrie „tief und beunruhigend“ bleibt.
Es ist auch interessant festzustellen – so der Bericht bezüglich der französischen Atompläne – die Ambivalenz des staatlichen Energiekonzerns EDF, der „in einer anderen Welt zu leben scheint“, wie die geplanten Schließungen einiger Reaktoren erst ab 2029 zeigen. Währenddessen hat die französische Regierung klar erklärt, dass sie den Anteil der Kernenergie von derzeit 71 Prozent auf 50 Prozent im Jahr 2025 reduzieren will. Auf der anderen Seite hat EDF einen Photovoltaik-Plan für 30 Gigawatt angekündigt, mit dem die wegfallenden Kapazitäten teilweise ausgeglichen werden sollen.
Dies gilt auch für das AKW Hinkley Point in Großbritannien, dass ebenfalls von EDF entwickelt wird (der Bau hat noch nicht begonnen) und im Zuge der Contract for Difference (CfD)-Vertrags seinen Strom für 115 bis 120 US-Dollar pro Megawattstunde verkaufen kann. Der Bericht betont, dass die Nationale Aufsichtsbehörde NAO es bereits als „riskantes und teures Projekt mit unsicheren strategischen und wirtschaftlichen Vorteilen“ definiert hat. Um Mittel für das Projekt zu beschaffen, kündigte EDF seine Absicht an, nicht zum Kerngeschäft gehörende Vermögenswerte zu verkaufen. Das Projekt wurde im September 2016 genehmigt. „Der stetige Rückgang von Energie und Strom in Großbritannien nicht den wirtschaftlichen Fall für einen nuklearen Neubau befürworten „, heißt es in dem Bericht weiter.
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Die Atomkraft ist also trotz ihrer massiven Förderung weiterhin im Sinkflug- sie hat ihre Versprechen nie eingehalten was Kosten und auch Sicherheit, etc. betrifft. Dennoch weiterhin ein Fetish für alle Despoten auf diesem Planeten und die Atomsüchtigen in UK/ F. Und in D die Sehnsucht vieler Konservativer- hauptsache nix was GRÜN gut findet. Egal wie teuer und sch …
Aber noch immer hat sie und die fossile Energiewirtschaft massive Vorrechte ggb. den EE.
Was man gerade im Hambacher Wald besichtigen kann …
Ein Bericht der mir bestätigt – alles richtig gemacht!
PV-Anlage auf dem Dach, Speicher im Keller, Interessenten und solche die es werden wollen einladen und informieren. Und so die Energiewende aktive angehen und in kleinen Schritten zu deren Beschleunigung beitragen – ohne auf Politik oder die Anpassung der Geschäftsmodelle der Energieversorger warten zu müssen.
Dazu Bedarf es noch nicht einmal eines Sticker „Atomkraft! Nein danke!“
Go 360 SonnE
Ob dieses Mycle Schneider wirklich neutral ist?
Mir fällt auf, dass das Argument, die Erneuerbaren seien preisgünstiger als die Konventionellen inzwischen gerne von den Gegnern der Erneuerbaren gebraucht wird. Dabei aber nicht, um zu sagen „dann brauchen wir mehr davon“ sondern mit dem Schluss: „Dann brauchen sie keine Förderung in Form von garantierter Einspeisevergütung und Einspeisevorrang mehr“!
Was aber passiert, wenn Einspeisevergütung und Einspeisevorrang wegfallen, kann man sich doch an den Fingern einer Hand ausrechnen: Die Konventionellen verkaufen das Gros ihrer Stromproduktion im Voraus. Wind und PV können das nicht wegen unsicherer Prognosen. Sie müssen ihre gesamte Produktion an der Börse verkaufen. Dort konkurrieren sie mit Restmengen der Konventionellen, wobei diese, weil sie sich über die Vorauskontrakte finanzieren, den Preis gnadenlos in den Keller treiben können. Wenn die Erneuerbaren dann immer unter Wert (eigentlich Kosten) verkaufen müssen, wird der Zubau völlig zum Erliegen kommen, weil an auskömmliche Preise an der Börse nicht zu denken ist. Und das ist genau das, was diejenigen, die plötzlich entdeckt haben, dass Wind und PV „die preisgünstigste Energiequelle“ sind und „deshalb keine Förderung mehr brauchen“, wollen.
Wie kann man dagegen argumentieren? Man muss davon wegkommen, Einspeisevergütung und Einspeisevorrang als Förderung anzusehen. Es sind notwendige Instrumente, um den Strommix im Netz zu erreichen, der die Ziele Versorgungssicherheit, niedriger Preis und Umweltfreundlichkeit am besten unter einen Hut bringt.
Als preisgünstigste Energiequelle haben die Erneuerbaren dort eine Chance am freien Markt, wo es kein Netz und/oder keine konventionellen Erzeuger gibt, wo also eine Stromversorgung erst aufgebaut wird. Und sie haben eine Chance dort, wo Strombedarf und erneuerbare Erzeugung zeitlich gut korrelieren, wie beispielsweise die PV mit Klimatisierung und Kühlung in heißen Ländern.
Bei uns aber gibt es keinen freien Markt und kann es wegen der Leitungsbindung und des Daseins-Vorsorge-Charakters auch nicht geben. Hier gibt es sachliche Rahmen und politische Wünsche/Verpflichtungen, denen sich der Markt unterordnen muss. Wie man unter diesen Bedingungen trotzdem die Leistungsanbieter dazu bringt, einerseits Leistung anzubieten, andererseits aber so preiswert wie möglich, verlangt ein ausgefeiltes Instrumentarium, zu dem wir gegenwärtig mit Ausschreibung und Einspeisevergütung auf einem guten Weg sind. Mit „Förderung“ hat es aber nichts zu tun, wenn die Leistungsanbieter in einem Ausschreibungsverfahren untereinander konkurrieren müssen. Das ist wirklich „Markt“, aber kaum ein freier, weil eben von politischen Vorgaben gesteuert, wie von den ersten Tagen an, als Stromanbieter Konzessionen erwerben mussten, um Ortsversorgungen aufzubauen zu dürfen, als Konzessionsnehmer dann aber auch mussten.
JCW sagt:
Was aber passiert, wenn Einspeisevergütung und Einspeisevorrang wegfallen, kann man sich doch an den Fingern einer Hand ausrechnen: Die Konventionellen verkaufen das Gros ihrer Stromproduktion im Voraus. Wind und PV können das nicht wegen unsicherer Prognosen. Sie müssen ihre gesamte Produktion an der Börse verkaufen. Dort konkurrieren sie mit Restmengen der Konventionellen, wobei diese, weil sie sich über die Vorauskontrakte finanzieren, den Preis gnadenlos in den Keller treiben können. Wenn die Erneuerbaren dann immer unter Wert (eigentlich Kosten) verkaufen müssen, wird der Zubau völlig zum Erliegen kommen, weil an auskömmliche Preise an der Börse nicht zu denken ist.
@ JCW.
Genau so ist es. Allerdings muss der Zubau nicht ganz zum Erliegen kommen, er wird lediglich nicht mehr von der Politik beeinflusst. Wenn die EE Erzeuger auch Strom Händler sind, bestimmen die was an Zubau nötig ist, um lukrative Geschäfte zu machen.
Geschäfte auf Basis niedriger Börsenpreise, zu Lasten der dadurch steigenden Umlage.
Lassen Sie Ihre Thesen nicht den Bernd Taler lesen, sonst sind Sie außer dem Diehl der nächste „Dummschwätzer“ hier im Forum.