Wiedereinführung der Sanktionen gefährdet Photovoltaik-Projekte mit 2,4 Gigawatt im Iran

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Im Mai entschied sich US-Präsident Donald Trump, die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran nicht zu erneuern. Daher sind sie vor einer Woche wieder in Kraft gesetzt worden – mit weitreichenden Folgen. Während sich die EU bemüht, Investoren zu beruhigen und eine Blocking-Verordnung eingeführt hat, um zu zeigen, sie wolle am Abkommen festhalten und die wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran aufrechterhalten, sind die Stimmen aus der Solarindustrie deutlich. Photovoltaik-Investitionen sind unsicher, Projekte werden aufgegeben und Zugang zu einem großen, bis dato weitestgehend unerschlossenem Markt könnte verlorengehen. Die EU Blocking-Verordnung soll sicherstellen, dass europäische Firmen nicht von den neuen Sanktionen betroffen sind.

Iran hat erneuerbare Pläne im Gigawatt-Bereich

Durch Irans Unterstützung für das Pariser Klimaabkommen, einer hohen Sonneneinstrahlung, sehr guten Windverhältnissen und der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen haben seither viele ausländische Energieinvestoren, hauptsächlich aus Europa, wieder Geschäfte im Iran abgewickelt. Die Sanktionen wurden aufgehoben, nachdem das Atomabkommen mit dem Iran (JCPOA) im Januar 2016 unterzeichnet wurde.

Tatsächlich erklärte der iranische Wirtschaftsminister Mohammad Khazaei dem US-Magazin „Forbes“ im Oktober 2017, dass sich die europäischen Investitionen im iranichen Energiesektor auf 3,6 Milliarden US-Dollar beliefen.

Des Weiteren hätten nach Angaben des iranischen Energieministeriums 124 Unternehmen, zumeist aus Europa, seit 2016 in den Energiesektor investiert. Resultierend daraus folgte ein Aufwind des hiesigen Photovoltaik-Markts, der zurzeit kumulative Pläne von 2,38 Gigawatt in unterschiedlichen Projektentwicklungsstadien vorweist. Laut der iranischen Agentur für erneuerbare Energien, SATBA, gab es Pläne, die Windkraft- und Photovoltaik-Leistung im Land auf fünf Gigawatt bis 2022 auszubauen. Derzeit seien Anlagen mit 188 Megawatt Gesamtleistung vollständig ans Netz angeschlossen.

Optimismus trotz neuer Umstände

Die in Mecklenburg-Vorpommern ansässige Durion GmbH entwickelt bereits seit sieben Jahren Erneuerbare-Energien-Projekte im Iran – länger als die Sanktionen aufgehoben wurden – sie hat das Land zu Zeiten von Mahmoud Ahmadinejad und Hassan Rohani gesehen.

Nach eigenen Aussagen hat das Unternehmen zusammen mit seinen iranischen Tochtergesellschaften die größte Photovoltaik-Anlage des Landes mit einer Leistung von 20 Megawatt fertiggestellt. Die Projektkosten beliefen sich auf 27 Millionen US-Dollar. Darüber hinaus arbeitet die Firma an einer weiteren 100 Megawatt-Anlage.

Zwar würden einige Kreditgeber des Unternehmens erst einmal abwarten, welche Nachwirkungen die Sanktionen haben, sagt Uwe Kuhnle, Geschäftsführer von Durion im Gespräch mit pv magazine. Die Arbeiten an dem Großprojekt seien dennoch in vollem Gange. Die Bodenarbeiten seien abgeschlossen und bis zum Ende des Jahres erwartet Kuhnle die Lieferung aller Materialien in den Iran, um mit der Installation der Anlage beginnen zu können.

Durion hat darüber hinaus acht Stromabnahmeverträge (PPA) für 100 Megawatt-Anlagen unterzeichnet, obgleich sich diese noch in der frühen Projektplanungsphase befinden. Seit die Sanktionen wieder in Kraft getreten sind, gebe es mehr Hürden und die Prozesse würden länger dauern, berichtet Kuhnle.

Trotzig sagt er, dass er seine Geschäfte im Iran weiterverfolgen würde, egal was kommt, „selbst, wenn ich mein Geld in Sporttaschen über die Grenze bringen muss“.  In der Tat sei der iranische Markt groß genug. Kuhnle erläutert, dass er keinen Zugang zum US-Markt brauche, weshalb er auch im Iran bleiben werde.

„Ein Fehler den Barack Obama gemacht hat, ist die Aufhebung der Sanktionen alle sechs Monate durch den US Präsidenten erneuern zu lassen. Mehr Sicherheiten zu geben, hätte sicherlich dazu geführt, dass mehr Investoren den Mut dazu gehabt hätten, in den iranischen Markt einzutreten“, sagt Kuhnle. „Es ist jetzt wichtig, Flagge zu zeigen und zu seinen Entscheidungen zu stehen. Deshalb werden wir bleiben.“

Eine weitere Firma, die in den iranischen Markt investiert hat, ist das niederländische Unternehmen Global Renewables Investments (GRI), das an Projektplänen für ein Gigawatt Photovoltaik und 200 Megawatt Windkraft im Iran arbeitet.

Im Gespräch mit pv magazine sagt Gründer und Direktor, Gerben Pek, dass GRI vier PPAs für Anlagen mit einer Gesamtleistung von 77 Megawatt unterzeichnet habe. Die Bauarbeiten an den Projekten würden im nächsten Jahr beginnen, berichtet er, und glaubt, dass die Firma trotz der Wiedereinführung der Sanktionen dazu in der Lage sein wird, die Ihre Pläne weiter zu verfolgen. „Wir werden die 77 Megawatt bauen können and wir glauben, dass es auch möglich sein wird, den Rest unseres Projektvolumens zu entwickeln. Es wird allerdings viele andere Unternehmen geben, die sich dazu gezwungen sehen, dem iranischen Markt den Rücken zu kehren.“

Auch das deutsche EPC-Unternehmen Visprion berichtet pv magazine, dass es im Iran Projektpläne im mittleren zweistelligen Megawattbereich verfolge. Markus Scheungrab, Vertriebsleiters bei dem Münchner Unternehmen, sagt, dass das erste Photovoltaik-Projekt im Mai 2018 an Netz gegangen sei. „Es handelt sich um ein 3,5 Megawatt Kraftwerk in der Region Yazd, welches zusammen mit dem lokalen Projektentwickler Sherkate Toseye Energyhaye No Maxsun Dehshir Co. umgesetzt wurde. Visprion hat hierbei den Iran als Land mit einem sehr angenehmen Investitionsklima erlebt“, so Scheungrab.

Wenn du noch woanders Geschäfte machen willst, verschwinde aus dem Iran

Am 18. Mai kündigte die Europäische Kommission bereits an, dass es eine eigene Lösung für das Wiedereintreten der Sanktionen am 7. Augst geben wird, um europäische Firmen zu schützen, die rechtmäßig Geschäfte im Iran betreiben. Die EU-Kommission teilte mit: „Die US-amerikanischen Sanktionen werden allerdings nicht ohne Folgen bleiben. Daher haben wir, die Kommission und die Europäische Union, die Pflicht, alles zu tun, um die europäischen Unternehmen zu schützen, vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen.“ Jedoch glaubte keines der Unternehmen, mit denen pv magazine gesprochen hat, dass diese Blocking-Verordnung die gewünschten Sicherheiten für Investoren in Europe oder dem Iran bringen kann.

Die Sprecherin eines großen europäischen unabhängigen Stromproduzenten, der anonym bleiben wollte, erklärte, dass ihr Unternehmen in den vergangenen zweieinhalb Jahren einen Projektplan über mehrere hundert Megawatt entwickelt hat. Demnach habe der Konzern kurz vor der Umsetzung der Pläne gestanden, als Trump die Sanktionen wieder eingeführt hat.

Alle großen Konzerne, die ihre Finanztransaktionen in US-Dollar abwickeln, müssen ihre Geschäfte im Iran beenden, sagte die Sprecherin des Stromerzeugers weiter. Nur kleine Firmen ohne Geschäftsinteresse in den USA und ohne Finanztransaktionen in US-Dollar seien in der Lage, weiterhin im Iran zu bleiben. Aber selbst für diese sei es absolut notwendig, dass die EU sichere Finanzierungskanäle schafft.

„Es ist  schon gut, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere an dem Abkommen festhalten und kein Zeichen geben, sich auf US-Kompromisse einlassen zu wollen. Was wir jetzt aber brauchen, sind ernsthafte Lösungen. Primär brauchen wir Finanzierungskanäle und zwar schnell“, sagt Kuhnle.

James Watson, CEO des europäischen Photovoltaik-Verband Solarpower Europe bestätigt dass die EU-Maßnahmen nur begrenzt wirksam sein werden. Er gehe davon aus, dass die meisten europäischen Unternehmen ihre Anlagen im Iran verkaufen müssten. Watson schätzt, dass der finanzielle Schaden, der sich aus dem Verlust von Geschäftsmöglichkeiten ergibt, sich für europäische Photovoltaik-Unternehmen auf mehrere hundert Millionen Euro belaufen werde. Es handele sich dabei aber um eine frühe und grobe Einschätzung.

Auswirkungen auf Investitionen

Es scheint klar, dass die Sanktionen Auswirkungen auf ausländischen Investitionen im Iran haben werden. Viele europäische Firmen müssen sich ernsthaft überlegen, wie sie mit ihren Projekten im Land weiter verfahren.

Ein Hauptproblem besteht darin, dass die Sanktionen die europäischen Unternehmen zwar nicht direkt betreffen, diese mit dem Weiterführen ihrer Geschäfte im Iran ihren Zugang zum US-Markt aufs Spiel setzen.

Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Lieferkette. Zulieferer von Modulen, Wechselrichtern und anderen Komponenten müssen befürchten, ihren Zugang zum US-Markt zu verlieren, sollten sie ihre Produkte an ein europäisches EPC-Unternehmen mit Projekten im Iran liefern.

Zusätzlich werden die meisten internationalen Finanztransaktionen in US-Dollar abgewickelt. Selbst wenn sich ein europäisches EPC-Unternehmen dazu entscheidet, dem US-Markt den Rücken zu kehren, und Zulieferer findet, die ebenso kein Interesse am US-Markt haben, könnten ihre Vermögen oder Finanztransaktionen durch die USA eingefroren werden.

Iran hat darüber hinaus den Zugang zum von den US-kontrollierten Markt für Währungsdividenden verloren. Somit kann die iranische Zentralbank Gewinnausschüttungen für bestehende Anlagen nicht frei in anderen Währungen auszahlen, sondern muss die Transaktionen in iranischen Rial abwickeln. Da sich dieser aber zurzeit im freien Fall befindet, werden Geschäfte für Investoren, die trotz allem im Iran geblieben sind, zusätzlich erschwert.

Außerdem gibt es derzeit keine Kanäle, über die im Iran generierte Gewinne nach Europa geschafft werden können, da alle europäische Banken aus Angst vor Strafen der USA kein Geld aus dem Iran mehr annehmen.

In einem Interview mit pv magazine zu Jahresbeginn sagte der leitende Direktor der Geon Group mit Sitz in München, Sharam Roghani: „Die meisten Banken treibt die Sorge, dass im Falle einer Finanzierung von Projekten im Iran deren Dollarkreditlinie gekappt werden könnte. Außerdem fürchten die Banken Milliarden-Strafen der US-Regierung, wie es in der Vergangenheit vorgekommen ist. Insofern spielen die Tweets von US-Präsident Trump eine wichtige Rolle, wenn es um die Finanzierung von Projekten im Iran geht.“

Zu diesem Sachverhalt fügt Kuhnle hinzu: „Die Wege, die für ausländische Investoren offenstehen, um ihr Geld aus dem Iran zu schaffen sind stark eingeschränkt. Das ist ein Problem, um das sich die europäischen Politiker definitiv kümmern müssten.“

Kuhnle sagt, dass seine Photovoltaik-Anlagen im Iran jährlich rund vier Millionen US-Dollar erwirtschafteten. Um weiter Geschäfte betreiben zu können, brauche er Transaktionssicherheiten. Er schlägt deshalb vor, dass die Europäische Investitionsbank, die keine Geschäfte mit den USA mache, in Zukunft den Zahlungsverkehr zwischen der EU und staatlichen iranischen Geldhäusern abwickeln sollte.

Ein sicherer Zahlungsverkehr wird auch von Visprions Scheungrab vorgeschlagen: „Erforderlich hierzu sind insbesondere Zahlungsgarantien und Investitionsschutzabkommen für Firmen aus Europa. Entscheidend ist zudem, dass schnellstmöglich wieder regulärer Zahlungsverkehr zwischen Iran und Europa ermöglicht wird. Sollten die klassischen Banken dies nicht umsetzen so könnte die EU beispielsweise über die staatlichen Banken den Iran-Zahlungsverkehr für Unternehmen aufrechterhalten“, so Scheungrab.

Wie Kuhnle glaubt auch  Gerben Pek, dass viele Projekte im iranischen Solarmarkt als Reaktion auf Trumps Austritt aus dem Atomabkommen mit dem Iran auf Eis gelegt werden. „GRI könnte noch mehr Stromabnahmeverträge unterzeichnen. Allerdings ist die Projektfinanzierung schwierig geworden, da Kredite durch Banken unmöglich zu bekommen sind. Bisher wurden die Projekte aller Firmen im Iran durch Finanzierung in Form von außerbörslichen Unternehmensbeteiligungen realisiert“, sagt Pek. Kreditfinanzierungen von iranischen Banken zu erhalten, schätzt er ebenfalls als nahezu unmöglich ein. „Zumindest für GRI sind die derzeitigen Konditionen nicht erfüllbar.“

Es gibt jedoch einen Hoffnungsschimmer am Horizont. Pek berichtet von wohlhabenden Europäern, besonders aus den Niederlanden, die zunehmend bereit seien, Kredite an GRI zu geben. Diese privaten Geldgeber sind vereint in ihrer Haltung gegen Trumps Außenpolitik und ihrem festen Glauben daran, dass Photovoltaik eine bedeutende Rolle für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens leisten kann, erklärt Pek weiter.

Licht am Ende des Tunnels

„Der Iran hat enorme Sonnen- und Windkapazitäten. Durch die hohe Sonneneinstrahlung und den starken Wind, bin ich der Meinung, dass es absolut möglich wäre, den Iran mit hundert Prozent erneuerbaren Energien zu versorgen. Das würde die Notwendigkeit für ein ziviles Atomprogramm beseitigen, was wiederum im Interesse der USA wäre“, erläutert Kuhnle.

Die Sonneneinstrahlung des Iran ist so intensiv, sagt Kuhnle, dass Photovoltaik-Anlagen im Vergleich zu Deutschland rund die doppelte Strommenge pro Jahr produzieren. Zusammen mit den stetig sinkenden Preisen für Photovoltaik-Anlagen fallen die Gewinnmargen entsprechend groß aus.

Außerdem sei das Land von Energiearmut geplagt, meint Kuhnle. Besonders während der heißen Sommermonate, wenn unzählige Klimaanlagen eingeschaltet werden, würde die zu große Nachfrage das Angebot regelmäßig überschreiten. Daher komme es täglich zu stundenlangen Stromausfällen – ein Problem, dass sich laut Kuhnle, durch den Ausbau von Photovoltaik einfach beheben ließe.

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