Antworten zu Fragen aus dem Webinar mit Fenecon und Awattar

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Im pv magazine Webinar „Open EMS – Ein offenes und freies Energiemanagement macht Speicher fit für die Zukunft“ am 14. Juni stellten Franz-Josef Feilmeier, Gründer und CEO des Herstellers und Speicherintegrators Fenecon und sein Bruder Stefan Feilmeier, Leiter der IT, das offene Energiemanagementsystem vor. Simon Schmitz, Gründer und Geschäftsführer von Awattar, berichtete über die Erfahrung mit dynamischen Stromtarifen, unter anderem bei Kunden mit Elektroautos und Batteriespeichern. Das ist ein Anwendungsbeispiel, bei dem ein Energiemanagementsystem offene Schnittstellen zur Ansteuerung benötigt.

Im Folgenden beantworten wir relevante Fragen aus dem Webinar noch einmal schriftlich, außerdem Fragen, zu denen wir im Webinar nicht mehr gekommen sind.

Hier können Sie das Webinar nachsehen und die Präsentationen herunterladen.

Hier finden Sie ein Interview mit Simon Schmitz zu den dynamischen Tarifen.

Ausgewählte Fragen aus dem Webinar zu dynamischen Strompreisen

Wenn ich hier in Österreich bei einem Jahresstromverbrauch von etwa 5.000 Kilowattstunden jährlich den Stromwechsel durchführe, Zeitaufwand 15 Minuten, dann habe ich aktuell und in den letzten Jahren einen reinen Energiepreis von 2 – 3 Cent/Kilowattstunde inklusive Mehrwertsteuer. Warum soll ich einen volatilen Strompreis in Kauf nehmen, wenn ich meinen Strompreis ohne Rücksicht auf den Börsenpreis so günstig beziehen kann?

Simon Schmitz: Das kommt sicher auf den Stundenlohn an ;-). Die Preise gehen aber mittlerweile in Richtung 5,0 Cent pro Kilowattstunde an der Börse, das heißt der Hebel durch die Nutzung der Volatilität wird signifikanter. Und außerdem geht es uns ja auch darum, dass man mit unserer Lösung ein Stück weit die Energiewende selbst in die Hand nehmen kann und aktiv einen Unterschied macht. Und zwar ohne dass man sich dabei auf die großen Versorger verlassen muss, die meistens eh nur bremsen. Dass man dabei auch noch was spart ist fast schon ein Nebeneffekt!

Besteht nicht die Gefahr, dass das Netz negativ beeinflusst wird, wenn eine größere Anzahl von Teilnehmern automatisch gesteuert gleichzeitig auf Preissignale reagiert?

Simon Schmitz: Nein, im Gegenteil, das Netz wird ja entlastet, wenn sich bei hoher Einspeisung der Verbrauch erhöht. Die Verbrauchsspitzen zu günstigen Zeiten entwickeln sich außerdem ja nicht von heute auf morgen, und sind noch dazu über das ganze Land verteilt. Wenn große neue Pumpspeicherprojekte, bei denen oft mehrere 100 Megawatt Leistung auf einmal und an einem Ort ans Netz gehen, niemals ein Problem für das Netz waren, weil sie mit allen Megawatts „gleichzeitig“ auf Preise reagieren, wieso sollten es dann Tausende oder auch Zehntausende von Kunden sein, die nach und nach zusammenkommen, und die über das ganze Land verteilt sind? 

Werden beim stündlichen Tarif auch negative Energiepreise an den Kunden weitergegeben?

Simon Schmitz: Ja, natürlich.

Wann werden Sie die dynamischen Strompreise in Deutschland anbieten?

Simon Schmitz: Wir sind guter Dinge, dass wir noch vor Ende des Jahres die ersten Kunden beliefert können.

 

Ausgewählte Fragen aus dem Webinar zu Open EMS

Werden die verschiedenen erwähnten Geschäftsmodelle alle über das open EMS gesteuert? Wie weit gebe ich die Kontrolle über das, was mein Speicher tut, an externe Dienstleister ab?

Fenecon: Ja, OpenEMS als Energie-Betriebssystem ist in der Lage, Geschäftsmodelle von Energieversorgern zusätzlich zum lokalen Betrieb des Stromspeichers einzubinden. Das geschieht über Applikationen, vergleichbar zu Applikationen am Smartphone. Entsprechend sind die Geschäftsmodelle auch austauschbar, wenn ein Energieanbieter, beispielsweise ein Windparkbetreiber, unter Einsatz Ihres Stromspeichers ein attraktiveres Modell als Ihr bisheriger Partner anbietet, kann einfach darauf gewechselt werden. Man ist in keinen neuen Abhängigkeiten.

Welche Prioritäten einer Applikation dabei erlaubt werden entscheidet der Kunde. So erzielt ein Speichergeschäftsmodell inklusive Regelleistung die höchste Wertschöpfung von mehreren hundert Euro pro Kunde und Jahr, die Regelleistung ist dann aber priorisierte Anwendung. Eine Applikation, die den ohnehin notwendigen Netzbezug im Winter lediglich auf Zeiten niedriger Strompreise schiebt, übernimmt dagegen nur einen geringen Einfluss.

Sind die Geschäftsmodelle mit Caterva und Beegy auch in der Schweiz verfügbar?

Fenecon: In der Schweiz gibt es andere Vorgaben zur freien Wahl des Stromanbieters. Caterva und Beegy bieten ihre Services derzeit nicht in der Schweiz an. Die Erbringung von Regelleistung mit dem Modell von Ampard ist dagegen bereits seit mehreren Jahren erfolgreich im Einsatz. Weitere Flatrate- und Börsenstrommodelle sind verfügbar bzw. aktuell in Vorbereitung. Sprechen Sie Ihren Energieversorger gerne auf einen zeitvariablen oder Open EMS-basierten Stromtarif an.

Wie erteile ich der Hardware die Befehle, wenn jeder Hersteller andere Schnittstellen hat?

Fenecon: Das Open EMS als Energie-Betriebssystem erfüllt zwei zentrale Aufgaben: es sammelt die Informationen der dezentralen Hardware ein (beispielsweise von Stromsensoren, Solar-Wechselrichtern, Stromspeichern, BHKWs, Wärmepumpen und vielen anderen Geräten) und bildet eine gemeinsame Plattform zum optimalen Betrieb. So können sich Hersteller einfach an das Open EMS anbinden und dort Daten bereitstellen oder abfragen und Schalt- oder Einsatzvorgaben aufnehmen. Wichtig ist dabei, dass alles aus einem Guss kommt. Bisher wurde für jede Einheit, die beispielsweise aus Photovoltaik-Überschüssen arbeiten sollte, eine eigene Mess- und Steuerlogik aufgebaut. Open EMS bringt das auf eine Plattform zusammen.

Welche Voraussetzungen muss meine Hardware erfüllen beziehungsweise welche Geräte benötige ich, um open EMS zu nutzen?

Fenecon: Jedes Speichersystem lässt sich an Open EMS anbinden. Für die führenden Systeme und Batteriewechselrichter besteht diese Anbindung bereits, derzeit ziehen weitere Hersteller nach. Hieraus ergeben sich lesende und schreibende Anwendungen. So basieren die Applikationen für die „SG-Ready“-Steuerung von Wärmepumpen, die steuerbaren Ladestationen und Heizstablösungen auf dem lesenden Zugriff. Die Geschäftsmodelle zur Nutzung von günstigen Strompreisen und Flatrates benötigen einen schreibenden Zugriff. Dabei bemisst sich die Wertschöpfung einer Geschäftsmodell-Applikation ähnlich wie bei der Lastspitzenkappung häufig an der Be- und Entladeleistung des Speicherwechselrichters. Eine hohe Leistung ist also eine der zentralen Anforderungen an das System.

Ist ein Balance-Indikator des Verbrauchers notwendig, wie zum Beispiel zum Beladen eines thermischen Speichers mit einer Wärmepumpe?

Franz-Josef-Feilmeier: Derzeitiger Standard für die Einbindung von Wärmepumpen in die Stromwelt ist das sehr einfache „SG-Ready“-Signal. Dabei bieten Wärmepumpensteuerungen oft viel mehr Möglichkeiten und kennen beispielsweise den Wärme- und damit Strombedarf der nächsten ein bis zwei Tage. Je mehr Informationen dem Energiemanagement zur Verfügung stehen, umso intelligenter kann die Einbindung erfolgen. Mit Open EMS-Applikationen von Wärmepumpenherstellern kann also zum Beispiel die Wärmepumpe angeben, wie viel Strom sie in den kommenden Stunden benötigen wird und welche Flexibilität dabei aufgrund von Wärmespeichern besteht. Andere Open EMS-Algorithmen wiederum ermitteln, wann Strom aus der eigenen PV-Anlage, durch variable Stromtarife oder beispielsweise aufgrund von Abregelungs-Anforderungen besonders günstig sein wird. Daraus lässt sich dann ein wirtschaftlich optimiertes Energiemanagement für Strom und Wärme ableiten.

Kann Open EMS auch in einem Smartmeter sinnvoll eingesetzt werden?

Fenecon: Das Open Source Energie-Betriebssystem Open EMS läuft auf jedem Linux-fähigen Rechner. Es kann somit auf dem im Speichersystem eingebetteten System, auf einem separaten Industrie-PC oder auch auf der Rechnereinheit eines Smart-Meters eingesetzt werden.

Eine weitere Frage ist, ob es Einschränkungen durch den Smart-Meter-Rollout geben kann. Hier ist wichtig festzustellen, dass alle dezentralen Verbindungen von Open EMS zu Wärmepumpen oder Ladestationen dadurch nicht beeinträchtigt sind. Aktuell eingesetzte Doppelmessungen und gegenlaufende Steuerungen können auch dann entfallen. Alle Applikationen, die einen externen Zugriff benötigen, müssen natürlich die Vorgaben des BSI zur sicheren Kommunikation erfüllen.

Weshalb ein ganzes Betriebssystem und nicht einfach klar definierte, standardisierte Schnittstellen, wie zum Beispiel http/JSON?

Fenecon: Eine standardisierte Schnittstelle, wie sie auch der EEBUS oder SunSpec darstellen, sind sehr hilfreich und notwendig auf dem Weg zur 100 Prozent Energiewende. Sie lösen allerdings das Problem nicht, dass Regelungsaufgaben in Abhängigkeit voneinander und in Kombination miteinander zu lösen sind. Die Schnittstelle ist sozusagen der USB-Anschluss über den verschiedene Hardware an einen PC angeschlossen werden kann. Das Open EMS stellt hier das Betriebssystem des PCs dar, das verschiedene Anwendungen – auch gleichzeitig und kombiniert – auf dem PC und angeschlossener Hardware ermöglicht und diese koordiniert. In Anlehnung an das ISO/OSI-Modell bilden die standardisierten Schnittstellen zur Hardware die unteren Ebenen ab, während Open EMS eine darüberliegende Abstraktionsebene für die Anwendungen darstellt.

Wir bauen schlüsselfertige Massivhäuser. Können all unsere Kunden genossenschaftlich ein Strom-Prosumer-Verein werden, um Stromverschiebungen (kein gewerbsmäßiger Handel) untereinander zu gestalten?

Fenecon: Das ist unter Einschaltung eines Dienstleisters grundsätzlich möglich, wobei man im Rahmen restriktiver Gesetzgebung darauf achten sollte, was tatsächlich möglich ist und wo es dagegen eher Marketing wäre. Beegy bietet beispielsweise entsprechende White-Label-Lösungen an. Meines Erachtens sollte für Ihre Kunden im Vordergrund stehen, dass sie nicht an einen Tarif (eines Speicherherstellers) gebunden sind, sondern ein intelligentes Stromspeichersystem über das Open EMS den Kunden die Möglichkeit erhält, sowohl jegliche lokale Energie-Hardware intelligent einzubinden, als auch eine große Auswahl an Strom-Geschäftsmodellen zu haben. Daher wären intelligent verbundene Lösungen von PV-Speicher-Anlage mit Wärmepumpe und gegebenenfalls einer Ladestation und der freien Auswahl eines Geschäftsmodells für Ihre Kunden sicher ein größerer Mehrwert als das Angebot eines geschlossenen Strommodells.

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