Alle 32 Zuschläge in der ersten gemeinsamen Ausschreibung gingen Photovoltaik-Projekte. Die Windkraft an Land war chancenlos, wie die am Donnerstag veröffentlichten Ergebnisse der Bundesnetzagentur zeigen. „Wir freuen uns für die vielen Solargewinner, betrachten das Experiment technologieneutraler Ausschreibungen aber dennoch als gescheitert“, erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), auf Anfrage von pv magazine. Zugleich betonte er, dass die Ergebnisse das „ausgezeichnete Preis-Leistungs-Verhältnis“ neuer Photovoltaik-Kraftwerke und die Innovationskraft der Branche aufzeigten.
In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Bundesverband Windenergie (BWE) hieß es, dass man dagegen sei, „die beiden Erzeugungstechnologien in einen nicht zielgerichteten Kostenwettstreit zu verwickeln.“ Er brauche ein „Miteinander und kein Gegeneinander“ von Photovoltaik und Windkraft. Gemeinsame Ausschreibungen seien dafür ungeeignet. BSW-Solar und BWE warnten zudem davor, das marktwirtschaftliche Ausschreibungsverfahren zu überfrachten. „Statt technologieneutraler Verfahren sollte der Gesetzgeber es bei eigenständigen Ausschreibungsverfahren mit fairen Wettbewerbsbedingungen belassen und so ein zur Systemintegration optimales Verhältnis von Photovoltaik- und Windenergie sichern. Auch in den getrennten Verfahren konnten beide Branchen deutlich sichtbare Kostendegressionen realisieren, an denen wir weiter arbeiten“, so BWE-Präsident Hermann Albers und Carsten Körnig.
Doch beim Bundeswirtschaftsministerium hat man eher die Kostenentwicklung im Blick. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiß, erklärte zu den Ergebnissen: „Die Ausschreibung ist ein wichtiges Instrument, um Kosteneffizienz zu erreichen. Das Ergebnis dieser gemeinsamen Ausschreibung zeigt, dass die Solarenergie in Deutschland derzeit sehr wettbewerbsfähig ist.“ Er fügte zugleich an: „Wir brauchen insgesamt einen ausgewogenen Mix der erneuerbaren Erzeugungstechnologien.“
Der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert in der ersten gemeinsamen Ausschreibung lag bei 4,67 Cent pro Kilowattstunde. Dies ist etwas über dem Niveau der reinen Photovoltaik-Ausschreibung vom Februar. Der durchschnittliche Zuschlagswert für die Photovoltaik-Anlagen lag damals bei 4,33 Cent pro Kilowattstunden. Die parallel stattfindende Auktion für Windkraft an Land sah einen Durchschnittspreis von 4,73 Cent pro Kilowattstunde. Die bei der gemeinsamen Ausschreibung eingereichte Gebote für Windparks an Land lagen deutlich über diesem Niveau. Die Bundesnetzagentur gab den mengengewichtete Gebotswert über alle Photovoltaik-Gebote mit 4,82 Cent pro Kilowattstunde und für Windenergieanlagen an Land mit 7,23 Cent pro Kilowattstunde an.
Bereits im Vorfeld der technologieoffenen Ausschreibungen und im Zuge der Erarbeitung der Verordnung im vergangenen Jahr sprachen sich die Verbände wiederholt gegen diese Form des Wettstreits aus. Dabei sah es allerdings lange Zeit so aus, dass die Windkraft an Land klar dominieren wird. Erst nach den parallelen Ausschreibungen im Februar zeichnete sich ab, dass Photovoltaik-Projekte doch reelle Chancen auf Zuschläge in der gemeinsamen Auktion haben. Auf Nachfrage von pv magazine erklärte ein BWE-Sprecher zu den möglichen Gründen, warum die Windkraft an Land nicht zum Zug kam: „Klar ist, dass die Akteure diesmal zu berücksichtigen hatten, dass die Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)-Genehmigung die Grundlage für die Teilnahme war, es das Modell der Bürgerenergiegesellschaften nicht gab, dass bei Wind an Land etablierte Referenzertragsmodell nicht galt und stattdessen die neu geschaffene Verteilernetzkomponente zu berücksichtigen war. Dies alles hat sicher die Gestaltung der Gebote stark beeinflusst.“
Körnig nutzte die Gelegenheit, um von der Bundesregierung ein stärkeres Engagement beim Photovoltaik-Ausbau zu fordern. „Gleichzeitig besteht bei der Solarstromerzeugung aber erheblicher Nachholbedarf“, sagte er. „Um beide Technologien auf Augenhöhe zu bringen, besser miteinander zu verzahnen und die Kosteneffizienz der Solarenergie stärker zu nutzen, muss die neu installierte Photovoltaik-Kapazität auf ein Niveau von jährlich zehn Gigawatt gesteigert werden.“ Bestehende Barrieren im Kraftwerks- und Gebäudesektor müssten endlich beseitigt.
Agora Energiewende plädiert für Ausschreibungen für kombinierte Photovoltaik-Windkraft-Projekte
Auch Agora Energiewende betont die Bedeutung der Photovoltaik. Sie sei „einer der Pfeiler der Energiewende“, was mittlerweile auch viele Energiekonzerne verstanden hätten, wie die Zuschläge zeigten. „Solarstrom ist jetzt auch in Deutschland die kostengünstigste Energiequelle. Solar ist etwa 10 bis 20 Prozent günstiger als Wind, kostet nur halb so viel wie Strom aus neuen Kohlekraftwerken und nur ein Drittel von dem, was Strom aus neuen Atomkraftwerken kostet“, erklärte Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Er forderte ebenfalls wieder Wiederbelebung des Photovoltaik-Zubaus in Deutschland. Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Sonderausschreibungen für Photovoltaik und Windkraft an Land mit je vier Gigawatt in den kommenden beiden Jahren müssten daher noch vor der Sommerpause gesetzlich verankert werden. Der Berliner Think-Tank schließt sich der Auffassung der Verbände an, wonach die gemeinsamen Ausschreibungen „nicht zielführend“ seien. „Denn die Energiewende braucht beide Technologien – Wind und Solar ergänzen sich gut, sie produzieren Strom zu unterschiedlichen Zeiten. In Zukunft sollten daher Wind- und Solarkombinationen ausgeschrieben werden“, sagte Graichen weiter. Auf diese Weise könnten die Kosten ebenfalls weiter gesenkt werden, da Netzinfrastruktur und Flächen gemeinsam genutzt würden.
Grüne: Photovoltaik und Windkraft ergänzen sich über den Tag und saisonal gut
Die Entwicklung geeigneter „Rahmenbedingungen für einen kluger Mix aller verschiedenen erneuerbaren Energien“, fordert die energiepolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Julia Verlinden. „Nur so bringen wir Versorgungssicherheit und Klimaschutz auf den verfügbaren Flächen unter einen Hut.“ Dabei sei eine steigenden Ausbau sowohl der Photovoltaik als auch der Windkraft notwendig, die sich über den Tag und saisonal gut ergänzten. Beide Technologien in einen Wettbewerb zu schicken, sei daher unsinnig, so Verlinden weiter.
BDEW: Kostendegression bei Photovoltaik ist positives Signal für Energiewende
„Die Ergebnisse unterstreichen die hohe Wettbewerbsfähigkeit der Photovoltaik, die in den vergangenen Jahren eine enorme Kostendegression durchlaufen hat“, erklärte Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zu den Ausschreibungsergebnissen. Das ist ein positives Signal im Sinne der Energiewende. Die Photovoltaik wird so gemeinsam mit der Windenergie an Land und auf dem Meer unumkehrbar zum wichtigsten Energieträger Deutschlands werden.“ Die Ergebnisse zeigten jedoch auch die Risiken, die mit solchen technologieübergreifenden Ausschreibungen verbunden seien. „Insbesondere dann, wenn in solchen Auktionen große Volumina ausgeschrieben werden, ergibt sich die Gefahr von unnötigen Mehrkosten“, so Kapferer weiter. „Werden unterschiedliche Technologien mit unterschiedlichen Kostenniveaus in großem Maßstab gemeinsam ausgeschrieben, ist es wahrscheinlich, dass aufgrund der ausgeschriebenen Gesamtleistung auch die teurere Technologie zum Zuge kommen und damit Preis setzend wird.“ Kapferer sieht damit die Umsetzung einer „möglichst kosteneffizienten Energiewende“ in Gefahr.
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Es ist unsäglich was der BSW da schreibt und die Branche muss sich rasch von diesem rückwräts gewandten Unsinn verabschieden. Hatte gestern noch die PV die Hose voll vor der Ausschreibung ist es heute ein Erfolg für PV und dennoch gescheitert. BWE und BSW können wegen der Betonköpfe in den Vorständen und Geschäftsstellen nix zusammen gestalten. Mauern stattdessen wo es geht. Die Ausschreibungen waren böse, böse, böse und es hieß sie führen zu höheren Preisen (2014/15). Alles ist komplett anders gekommen und so hat man das „konstruktiv begleitet“. Komisch nur, dass es die Politik, Öffentlichkeit und weitere Akteure anders wahrnehmen.
Und das Vorschläge für die nächsten Schritte in ein neues System – also weg von der reinen Preisförderung fluktierender, irgendwo hingestellter Anlage dabei völlig fehlen. So kann man niemand von mehr Volumen überzeugen oder auch davon andere Flächen, etc. zu bekommen.
Solar, Wind plus Speicher und ggf. x ergeben erst eine planbare Leistung unter sinnvoller Nutzung der Netze. Die EEG Trennung war richtig bis Solar und Wind billig waren- das haben wir geschafft. Der Erfolgt ist historisch.
Nun muss EEG / EnWG, etc. den nächsten Schritt gehen. Technologien die es am besten können im Mix für Planbarkeit im Kraftwerksmaßstab.
Also:
Her mit den innovativen Ansätzen, raus aus den alten Burgen. Und damit meine ich den angeblich innovativen Teil der Energiewirtschaft- die Erneuerbaren und dort vor allem die Köpfe der verdammt alt ausehenden Verbände.
Nee, Kalle, der BSW hat recht: Gemeinsame Ausschreibungen sind noch schlechter als Auschreibungen ohnehin sind.
Letztlich führen die Ausschreibungen dazu, dass zwar die Einspeisevergütung sinkt, aber das Ausbautempo eben zwangsläufig auch. Dies ist angesichts der Klimaauswirkungen unserer Energieversorgung unverantwortlich.
Gemeinsame Ausschreibungen eskalieren die Begrenzung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien noch weiter. Dabei wird sich zwangsläufig eine Dominaz einer Technologie durchsetzen – und dies treibt die Differenzkosten zum Marktwert Solar in die Höhe.
Darüber hinaus begünstigt die Dominanz einer volatilen Energieform (statt mehrerer sich ergänzender volatiler Energieformen) letztlich im Residuallastbereich Grundlastkraftwerke gegenüber Mittellast-/Spitzenlastkraftwerken. Dies verstärkt den Effekt negativer Strompreise.
Damit bremsen gemeinsame Ausschreibungen nicht nur, sie sind auch noch weniger Gesamtkosteneffizient. Und genau deshalb wurden sie vermutlich eingeführt.
Hallo Alex Sasse,
nochmal:
Die Ausschreibungen an sich sind sehr gut denn sie zeigen wie leistungsfähig wir sind. Wenn ich Solar für 4 Cent verkaufen kann, verkaufe ich es den Menschen besser als für 10 oder mehr.
Die ausgeschriebenen Mengen sind aber zu klein- das wissen wir alle.
Das muss schnell geändert werden- je günstiger wir sind umso mehr kann es werden. Denn ganz real haben wir eben die Umlagedebatte voll gegen uns, keine Besserung in Sicht.
Und Ausschreibungen wie die techologieoffene müssen von uns gestaltet werden- wir müssen in den nächsten Etappen 24/7 liefern. Wenn aber weiterhin so getan wird als seinen Ausschreibungen sowieso blöd und wir müssten uns nicht bewegen, nun dann werden wir noch kleiner.
PV ist mit Wind die billigste Energiequelle und das sollen beide auch allen zeigen um den Raum für die nächsten Schritte zu Planbarkeit der fluktuierenden Erzeuger zu machen.
Warum also verweigern sich die Verbände einem gemeinsamen konstruktiven Vorschlag mit dem endlich wieder Deutungshoheit gewonnen wird?
Für mich ist das gestern einmal mehr klar geworden:
Weil dort leider die gleich Art Betonköppe im Vorstand und Führung sind wie beim ebenfalls gestern nur stammelnden BDEW. Deren Betonköppe ist fast nix mehr eingefallen angesichts der Realität: Solar und Wind sind billiger als alles andere.
Gestern haben die Statements aber einmal mehr gezeigt – und ich war gestern abend auf einem politischen Event- wie wenig selbstbewußt und nach vorne denkend unsere Verbände auftreten. Während etliche Mails reinkamen die den gestrigen Tag als historisch sehen – weil eben gezeigt wurde wie stark PV eben ist- nur Beton von den beiden Verbänden.
Und das vor dem beginnenden Übergang in eine förderfreie Welt- siehe Baywa am Montag in Spanien mit 170 MWp- an solchen Projekten wird auch in Deutschland gearbeitet- denn mehr und mehr scheißen die besten Projektierer der Branche auf die unverschämten Flächenrestriktionen. Und die Verbände, nebenbei bemerkt.
Die technologieoffene Ausschreibung kann in dieser Runde in ihrer Konstruktion und fehlenden breiten systemischen Denke krititisiert werden- besser beide Techniken gemeinsam ausschreiben inkl. Vorgaben zur Planbarkeit- oder wie auch immer. Das kann man gestalten wenn man will.
Das die Mengen eh von der jeweiligen Gesamtmenge der „Gewinner“ abgezogen werden ist das Ergebnis aber eh derzeit ein Nullsummenspiel. Beim nächsten Mal gewinnt vielleicht ein anderer. Gemeinsam gewinnen wir nur wenn die sog. Innovativen auch innovativ sind. Aber ich wiederhole mich.
Also- wenn sich unsere Seite nicht endlich zusammenreißt und die Plots für die nächste Schritte macht ist ihr nicht zu helfen.
Nach meinem Eindruck drücken sich die Verbandsspitzen vor dem eigentlichen Haken an der Sache: Sind PV- und Windstrom auch das wert, was sie kosten.
Wenn die technologieoffene Ausschreibung einen Sinn haben soll, dann müsste man von den reinen Kosten noch den Marktwert abziehen. Das ergibt die Belastung, die aus dem Zubau für das EEG-Konto entsteht. Es weiß zwar keiner, welche Erlöse in den kommenden 20 Jahren erzielt werden, aber was man heute erzielt, weiß man. Verschiebt sich durch die toA das Verhältnis der Erzeuger signifikant, wird dies auch Auswirkungen auf das Verhältnis der Marktwerte haben und ggf. die Kräfteverhältnisse in der toA ändern.
Allerdings wird auch eine Veränderung des Verbrauchsverhaltens, insbesondere durch Sektorenkopplung, das Verhältnis der Marktwerte ändern: Meiner Vermutung nach in Mitteleuropa zu Gunsten der Windkraft, die bei der Verwendung als Heizstrom das passendere Erzeugungsprofil hat.
Wenn bei den toA immer die Technologie gewinnt, die beim Vergleich Kosten-Marktwert die Nase vorn hat, wird sich automatisch das marktkonforme Gleichgewicht der Erzeugungsarten einstellen, so lange sich das Verbrauchsverhalten nicht ändert. Es kann aber passieren, dass absehbare Änderungen in diesem Verhalten nicht ausreichend abgebildet werden. Alles zusammengezählt, macht man besser eine sinnvolle Analyse, welchen Erzeugermix man jetzt und in Zukunft gerne hätte, und schreibt dann entsprechende Mengen aus. Eine gewisse Stetigkeit (d.h. nicht zu abrupte Mengenänderungen) sollte auch selbstverständlich sein, um Planungs- und Arbeitsplatzsicherheit bei den Produzenten zu schaffen.
Übrigens: In Spanien ist offensichtlich bei der PV die Differenz aus Kosten und Marktwert bereits negativ, der Marktwert also höher als die Kosten, was für die PV positiv ist: Es lässt sich auch ohne garantierte Einspeisevergütung damit Geld verdienen. Das ist der Zielpunkt.