Zollfahnder haben vergangenen Donnerstag zeitgleich in Deutschland, Spanien und der Schweiz insgesamt 25 Wohn- und Geschäftsgebäude wegen Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels bei der Einfuhr von Solarmodulen aus China in die EU durchsucht. Dabei vollstreckten die Ermittler in Stuttgart, Bremen und Hamburg drei Haftbefehle des Amtsgerichts Augsburg, wie das Zollfahndungsamt am Mittwoch mitteilte. Über 35 Millionen Euro an Anti-Dumping- und Subventionszöllen sollen die drei Tatverdächtigen demnach bei der Zollabfertigung in Deutschland und den Niederlanden hinterzogen haben.
Bereits im März hatten Zollbeamten bundesweit Räume bei Abnehmern von Solarmodulen aus China durchsucht. Die jetzt gemeldeten Durchsuchungen stünden damit jedoch in keinem Zusammenhang, heißt es beim Zollfahndungsamt München auf Nachfrage von pv magazine. Im jetzigen Fall seien bei den Importen zwei weitere Umgehungsvarianten eingesetzt worden: die Vortäuschung einer falschen Warenherkunft einerseits und die Unterschreitung des Mindestimportpreises durch spätere Rückzahlung andererseits. Um die Module welches chinesischen Herstellers es sich dabei genau handelte und welche Unternehmen beziehungsweise Photovoltaik-Projekte von den illegalen Importen betroffen waren, sagte der Sprecher des Zollfahndungsamtes Münchens nicht. Nach Auswertung etwa der beschlagnahmten Festplatten soll nun unter anderem die Tatbeteiligung einzelner Personen sowie das tatsächliche Betrugsvolumen geprüft werden. Letzteres könne am Ende sogar noch höher liegen.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg wirft der Zollbehörde zufolge den Inhaftierten vor, von Dezember 2014 bis Januar 2017 bei über 400 Importvorgängen mit einem dem Zoll gegenüber deklarierten Handelsvolumen von mehr als 90 Millionen Euro gegen die seinerzeit geltende Mindesteinfuhrpreisregelung zwischen China und der EU verstoßen oder die wahre Herkunft der Module falsch angegeben zu haben. Die Beschuldigten hätten dabei ein Geflecht von zwischengeschalteten Firmen zum Beispiel in Griechenland oder der Isle of Man genutzt, um so größtmögliche Intransparenz zu schaffen.
Die EU-Kommission hat Ende 2013 den Mindestimportpreis nach Abschluss eines Anti-Dumping- und Anti-Subventionsverfahrens eingeführt, um den europäischen Photovoltaik-Markt vor Solarmodulen aus China zu schützen, die unter dem Herstellungskosten verkauft werden. Nach einer Auslaufprüfung für das Undertaking hat Brüssel die Regelung im vergangenen Herbst verlängt. Mittlerweile ist eine quartalsweise Absenkung des Mindestimportpreises festgeschrieben. Sofern keine neue Auslaufprüfung beantragt wird, läuft die Regelung Anfang September 2018 aus.
Zahlreiche Photovoltaik-Hersteller aus China waren seit Inkrafttreten der Regelung wegen Verstößen von der EU-Kommission aus dem Undertaking ausgeschlossen worden. Einige – gerade die größeren Produzenten – zogen sich im Laufe der Zeit freiwillig von der Vereinbarung zurück, sind aber mit in Kraft treten der Verlängerung im vergangenen Herbst wieder an die Mindestimportpreise gebunden.
Nicht nur die Staatsanwaltschaft Augsburg, sondern auch die Kollegen in Nürnberg ermitteln derzeit wegen der Umgehung des Undertakings. Dort waren bereits im vergangenen Herbst erste Urteile gegen Personen im Zusammenhang mit Verstößen von Risen Energy verurteilt worden. Zudem laufen seither Ermittlungen gegen die Sunowe Solar GmbH, die eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der chinesischen Zhejiang Sunflower Light Energy Science & Technology Limited Liability Company ist.
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