pv magazine: Was ist das Problem mit den Konversionsflächen in Deutschland?
Thorsten Preugschas: Das Problem ist, dass den Investoren das Haftungsrisiko für die Altlasten einfach zu groß ist. In der Photovoltaik-Branche bedeutet so ein Haftungsrisiko oft auch Insolvenzrisiko. Die Unternehmen haben es hier mit Flächen zu tun, die jahrzehntelang mit allen möglichen Stoffen belastet wurden. Die dafür verantwortlichen Unternehmen existieren oft nicht mehr oder sie können nachträglich nur schwer belangt werden. Deswegen lassen so viele die Finger von solchen Konversionsflächen, die eingezäunt teilweise über Jahrzehnte ungenutzt daliegen.
Trotzdem: Was zeichnet diese Flächen für die Photovoltaik aus?
Solche Flächen wären für den Bau von Photovoltaik-Kraftwerken tatsächlich sehr gut geeignet. Man muss dafür nur wenig bis überhaupt nicht in den Boden eingreifen, die Haltesysteme werden einfach auf Betonblöcken auf die Fläche aufgelegt. Selbst wenn der Boden chemisch belastet ist: Solange man den Boden nicht anfasst, passiert in der Regel auch nichts. Erst wenn man in den Boden eingreift, verändert sich die Situation und gefährliche Stoffe können ins Grundwasser gelangen. Dazu kommt, dass die Photovoltaik-Kraftwerke bei Bedarf schnell wieder den Zugriff auf die Oberfläche erlauben und auch den Regeneintrag auf den Flächen verringern können.
Was muss also geschehen, damit hier künftig mehr gebaut wird?
Im Hinblick auf die Altlastsanierung muss der Staat oder womöglich auch der Altbesitzer einspringen – dies wäre rechtlich zu klären. Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass am Ende der Photovoltaik-Investor für die Sünden anderer aus der Vergangenheit bezahlt. Sofern nicht unmittelbar saniert werden muss, sollte der Staat zumindest die Haftung für die Zukunft übernehmen.
Mit welchen zusätzlichen Kosten ist dabei zu rechnen?
Vor sechs bis sieben Jahren gab es in der Branche die Forderung, Konversionsflächen zusätzlich mit knapp einem Cent pro Kilowattstunde zu fördern. Ich denke jedoch, dass bis zu vier bis fünf Cent nötig sind – also rund das Doppelte der Preise aus den letzten Ausschreibungen. Das ist auch vom jeweiligen Altlastenrisiko und der Art der Flächen abhängig: Handelt es sich beispielsweise um alte Deponien mit Oberflächenabdichtung, um ehemaligen Tagebau, Kokereien, sind auf der Fläche Bauwerksreste oder ist der Boden chemisch verseucht? Ein erster Schritt könnte sein, die Konversionsflächen zunächst nach Risikopotenzial zu unterteilen.
Wie sieht es mit dem Behördenaufwand bei Konversionsflächen aus?
Auch der ist bei Konversionsflächen ein Problem, hier müssen die Investoren einen sehr stringenten, umfangreichen rechtlichen Katalog durcharbeiten. Die Politik sollte sich diesbezüglich klar werden, das Photovoltaik-Anlagen die optimale Lösung für solche Flächen sein können und diese dann auch nicht auf beispielsweise landwirtschaftlich nutzbaren Flächen gebaut werden müssten.
Derzeit werden am havarierten Kernkraftwerk in Tschernobyl die ersten Photovoltaik-Kraftwerke gebaut. Wie bewerten Sie diese Projekte?
In Tschernobyl haben wir vor ein paar Jahren selbst den Vorschlag gemacht, dort ein Photovoltaik-Kraftwerk zu bauen. Das Gute an der Photovoltaik ist, dass der Bau schnell vonstattengeht und auch während des Betriebs Menschen nur zeitweise etwa zur Wartung der Anlage nötig sind. So ist das Strahlungsrisiko für die Kraftwerksbetreiber im vertretbaren Rahmen. Am Ende wird hier natürlich die Entsorgung der Anlage ein Problem, dass man auf jeden Fall rechtzeitig berücksichtigen sollte. Der Vorteil in Tschernobyl ist natürlich, dass die nötigen Anschlussleitungen noch vorhanden sind. Übrigens ebenso wie bei vielen Konversionsflächen in Deutschland. Meistens handelt es sich bei den Vorbesitzern dieser Flächen um sehr energieintensive Unternehmen.
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