Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE haben am Dienstag die vierte Auflage ihrer Studie „Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien“ vorgelegt. Dabei hätten sich die Kostenprognosen der Vorgängerstudien bestätigt, sagte Projektleiter Christoph Kost zur Veröffentlichung der Studie. „Die Gestehungskosten für Strom aus erneuerbaren Energien sinken kontinuierlich und sind kein Hindernis für eine CO₂-freie Stromerzeugung mehr.“ Neu errichtete Photovoltaik-Anlagen und Onshore-Windenergieanlagen an günstigen Standorten seien bereits heute günstiger als fossile Kraftwerke, „und dieser Trend wird sich bis 2035 deutlich verstärken“.
Die Photovoltaik ist im Mittel in Deutschland die kostengünstigste Technologie unter allen Kraftwerkstypen, wie es in der Studie heißt. Aktuell würden Photovoltaik-Anlagen je nach Anlagentyp und Globalstrahlung Stromgestehungskosten zwischen 3,71 und 11,54 Eurocent pro Kilowattstunde erreichen. Die spezifischen Anlagenkosten lägen je nach Anlagentyp bei 600 bis 1400 Euro pro Kilowatt. Zum Vergleich: Onshore-Windenergieanlagen als zweitgünstigste Erzeugungstechnologie kommen demnach auf Stromgestehungskosten von 3,99 bis 8,23 Eurocent und Offshore-Windkraftanlagen auf 7,49 bis 13,79 Eurocent pro Kilowattstunde. Dabei sehen die Wissenschaftler gerade in der Offshore-Windkraft noch deutliches Kostensenkungspotenzial: Bis 2035 würden diese mit 3,49 bis 10,07 Eurocent pro Kilowattstunde vergleichbare Preise wie heutige Photovoltaik-Kraftwerke erreichen.
2018 errichtete Braunkohlekraftwerke kämen aktuell je nach Entwicklung des derzeit sehr niedrigen CO2-Preises auf Gestehungskosten von 4,59 bis 7,98 Eurocent, große Steinkohlekraftwerke auf 6,27 bis 9,86 Eurocent sowie Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke auf 7,78 bis 9,96 Eurocent pro Kilowattstunde. Mit 11,03 bis 21,94 Eurocent pro Kilowattstunde sind reine Gaskraftwerke derzeit deutlich teurer.
Der Studie zufolge werden die technologischen Entwicklungen in der Photovoltaik und Windkraft die Kosten künftig weiter stark senken. Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Süddeutschland und Onshore-Windenergieanlagen an windreichen Standorten werden demnach bis 2035 die durchschnittlichen Stromgestehungskosten aller fossilen Kraftwerke deutlich unterbieten. So fielen ab 2030 die Stromgestehungskosten für Photovoltaik-Anlagen unter 4,7 Eurocent pro Kilowattstunde für Aufdachanlagen beziehungsweise 2,41 Eurocent pro Kilowattstunde für Freiflächenanlagen. Die spezifischen Anlagenkosten würden bis 2035 auf 350 bis 815 Euro pro Kilowatt sinken.
Die Forscher sehen dementsprechend in der Photovoltaik noch großes Kostensenkungspotenzial. Zudem werde sich die Lebensdauer der Photovoltaik-Systemen erhöhen, heißt es in der Studie. „Bereits heute bieten viele Modulhersteller Garantien auf die Leistungsfähigkeit der Module über 25 Jahre an. Bei einer Erhöhung der Lebensdauer der Anlage von 25 auf 30 Jahre sinken die Stromgestehungskosten der Anlagen um weitere 8,5 Prozent.“
Die Wissenschaftler des Fraunhofer-ISE haben auch die Stromgestehungskosten für Photovoltaik-Speichersysteme untersucht. Dabei wurde nur die Energiemenge betrachtet, die vom Energiespeicher im Haushalt bereitgestellt wird („Eigenverbrauch über Batterie“). Demnach betragen die Stromgestehungskosten heute 17 bis 48,7 Eurocent pro Kilowattstunde. Bei Batteriepreisen von 200 bis 650 Euro pro Kilowattstunde und verringerten Stromgestehungskosten für den eingespeicherten Solarstrom würden diese Stromgestehungskosten auf 8,3 bis 27,1 Eurocent pro Kilowattstunde sinken.
Während die erneuerbaren Energien eine immer bessere Wettbewerbsposition erreichen, werden konventionelle Kraftwerke wegen sinkender Volllaststunden sowie steigender Brennstoff- und CO2-Zertifikatspreise immer unrentabler. „Es ist davon auszugehen, dass nicht unbedingt die günstigste konventionelle Erzeugungsform am Markt bestehen wird, um die fluktuierenden Erneuerbaren zu ergänzen, sondern diejenige, die eine hohe Flexibilität in Bezug auf Anfahr- und Abfahrvariabilität aufweisen kann, also vorzugsweise Kraftwerke basierend auf Erdgas“, sagt Christoph Kost.
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Vielen Dank für diesen interessanten und lehrreichen Artikel! Es wird spannend sein zu sehen, wie sich die PV Verbreitung in den nächsten 5 Jahren verändern wird. Ich bin gespannt.
macht endlich die speicherpreise billiger. dann boomt auch der bau der solaranlagen im privatem bereich.
statt 5000 für stromautos, 5000 für stromspeicher und ich hätte mir eine anlage mit über 9 pwh aufs dach gesetzt.
Warum werden nicht Neubaugebiete ab 30-50 Häusern mit zentraler Energieversorgung gebaut. Die Abwärme kann vor Ort genutzt werden. Solare Energie würde sich doch effizienter nutzen lassen. Werden die BHKW vernetzt, währe das schon mal ein Anfang.
Naja die Blockheizkraftwerke sind zwar dezentral, aber werden ja dennoch mit Öl betrieben. Wo da der erneuerbare Ansatz ist, ist fraglich. Dann doch lieber Solaranlagen auf dem Dach oder WKA in der Nähe.
Ein BHKW kann mit Biodiesel, Biogas, Elektrolyse-H2, Power-to-gas-Methan, Holz oder sonstigen Bio-Brennstoffen betrieben werden. Wenn die Infrastruktur der Nahwärmeverteilung existiert, kann sie auch genutzt werden, um solare Überschusswärme im Sommer in einem Quartierspeicher zu speichern, und im Winter zu nutzen. Das ist heute schon wirtschaftlich darstellbar.
BHKW fossil betrieben sind immer noch sinnvoller, als der Betrieb von Kohlekraftwerken mit Kühltürmen und anderswo dann die Verbrennung von Heizöl nur zur Wärmeerzeugung. Sie wären eine der bei Rigoristen unbeliebten Brückentechnologien, unbeliebt wahrscheinlich aus Angst, dass aus Preis- und Bequemlichkeitsgründen aus dem Provisorium eine Dauereinrichtung werden könnte.
Insgesamt würde sich die Stromerzeugung aus PV im Sommer und aus BHKW mit Abwärmenutzung im Winter gut ergänzen. Damit kann man sich sogar autark machen, Beispiele in Mehrfamilienhäusern gibt es. Andere als Haushaltsverbraucher könnten Schwierigkeiten mit der Abstimmung der Leistungen haben, die ja zu jeder Tages- und Jahreszeit passen müsste. Da ist es unwahrscheinlich, dass man auf den Ausgleich über das Netz verzichten könnte.
Angenommen ich bekomme 3,71 Cent für das kw und lasse mir eine Solaranlage bauen wie viel Jahre dauert es bist ich meine Inventionen wieder zurück habe ? Wird die Anlage billiger je größer sie ist ?
Wenn die EEX-Preise zwischen 20 und 40 €/MWh liegen, wie können dann die Stromgestehungskosten bei der aktuell preissetzenden Braunkohle zwischen 45 und 80 €/MWh liegen?
Weil der Autor die Kosten neuer Kraftwerke vergleicht. An der EEX wird aber der Strom aller Kraftwerke gehandelt, und die meisten Braunkohlekraftwerke in Deutschland sind schon etwas älter. Das heißt sie sind abgeschrieben (haben ihre Errichtungskosten schon wieder eingespielt) und können daher den Strom zum Preis der laufenden Kosten plus kleinen Aufschlag an der EEX verkaufen.
Das heißt, wer die Energiewende beschleunigen will, darf nicht nur darauf setzen, dass die Erneuerbaren bei den neuen Kraftwerken inzwischen im Vorteil sind, sondern man muss auch dafür sorgen, dass die alten abgeschriebenen Braunkohlekraftwerke gezielt aus dem Markt gedrängt werden, z. B. durch die Einführung einer echten CO2 Bepreisung.
Dass es einen Unterschied zwischen neuen und alten Braunkohlekraftwerken gäbe, ist eine nette Legende. Wenn ein Kraftwerk da steht, soll es möglichst viel Strom produzieren und zu einem guten Preis verkaufen. Ob es neu oder alt ist, spielt da für den Betreiber gar keine Rolle.
Der Unterschied zwischen dem EEX-Preis und den in dieser Studie betrachteten Kosten ist, dass die Studie von Gesamtkosten (inklusive Investitionskosten) ausgeht, an der EEX aber die Anbieter bis auf ihre Grenzkosten (bei Braunkohle durch die Brennstoffkosten bestimmt) gedrückt werden können.
Meist herrscht an der EEX ein Überangebot an Strom, weil die EE-Leistungen ausgebaut wurden, der übrige Kraftwerkspark aber nicht in der gleichen Geschwindigkeit abgebaut wurde. Die Käufer können dann die Verkäufer bis unter die Grenzkosten des zweitbilligsten Anbieters drücken. Die Grenzkosten der EE sind nahe Null, sie können also jeden Konkurrenten am Markt bis zur 0-cent Grenze unterbieten. Da Braunkohle und Kernkraft ihre Leistung kaum drosseln können, sind ihre Grenzkosten bei Überangebot am Markt und wenn sie das maximal mögliche gedrosselt haben, auch sehr niedrig, entsprechend bildet sich dann an der EEX ein niedriger Börsenpreis.
Man sieht also: Die EEX als alleiniger Preisbildungsmechanismus ist untauglich. Um Versorgungssicherheit zu gewährleisten brauchen wir Überkapazitäten. Wenn die dann aber, wenn sie gerade unbeschäftigt sind, versuchen, an der Börse noch ein kleines Zubrot zu verdienen, dann kommen Preise zustande, die nicht auskömmlich wären, wenn aller Strom so gehandelt werden müsste.
Die Alternative, wenn aller Strom über die EEX gehandelt werden müsste, wäre für die Stromanbieter nur erträglich, wenn man es akzeptieren würde, dass ab und zu auch mit viel Geld kein Strom mehr zu bekommen ist. Dann gibt es halt regionale und zeitlich befristete Stromabschaltungen. Dass das keine realistische Alternative ist, dürfte offensichtlich sein. Deshalb haben Betreiber von EE Kraftwerken ihre feste Einspeisevergütung und fossile Kraftwerke verkaufen ihre Produktion schon weit im Voraus zu auskömmlichen Preisen an die Netzbetreiber, die das Angebot ihrerseits gerne annehmen, um ihrer Versorgungspflicht sicher nachkommen zu können.
Die Tatsache, dass die EE an der Börse verkauft werden müssen (ein Verkauf weit im Voraus wäre nur möglich, wenn sich der Lieferant dazu verpflichten würde, in der Dunkelflaute aus anderen Quellen zu liefern), führt dazu, dass die Anbieter mit den zweithöchsten Grenzkosten (das sind alle fossilen) unter Druck geraten, wenn sie noch etwas an der Börse erlösen möchten. Die großen Verluste von Eon, RWE und Co resultieren aus diesem, für sie verheerenden Marktmechanismus. Den EE kann es egal sein, denn sie haben ihre Einspeisevergütung sicher. Profitieren tun alle von der Zahlung der EEG-Umlage befreiten Stromverbraucher, die an der Börse billigen Strom bekommen, ohne die dadurch steigende EEG-Umlage bezahlen zu müssen.
Fraunhofer präsentiert eher ein Szenario als eine Prognose, denn es fließen zahlreiche diskussionswürdige Annahmen ein: Steil steigende CO2-Preise, steigende Gas- und Kohlepreise, niedrige Kreditzinsen für PV-Projekte, fallende Auslastung der fossilen Kraftwerke, etc. Und alles bezieht sich auf neue Kraftwerke, nicht die bestehenden Kohle- oder Gaskraftwerke. Trotzdem insgesamt ein positiver Trend für PV!
@ Andreas
Die Frage müsste anders lauten, nämlich wie folgt. Was passiert wenn die EEX Preise bei 20 bis 40 liegen, die Gestehungskosten für Braunkohle aber zwischen 45 Und 80 Cent.
Dann passiert das Folgende.
Zitat:
Diese zwei Artikel beantworteten sehr gut unsere Frage, wer eigentlich an der Strombörse einkauft. Denn es wurde immer nur von Versorgungsunternehmen, Stromhändlern, industriellen Großkunden und Banken gesprochen. Nun wissen wir dazu gehören auch die Stadtwerke und Unternehmen, wie E.ON, RWE usw. Es gibt also keinen Zwischenhändler mehr. Der Grund dafür, dass Unternehmen wie RWE auch an der Börse einkaufen, obwohl sie selbst rund 30 Kraftwerke besitzen und somit eigentlich genug Strom produzieren, ist einfach. Es gibt Tage, da ist der Strompreis an der Börse so günstig, dass eine Eigenproduktion viel teurer wäre. Daher werden dann die Kraftwerke gedrosselt und lieber günstig eingekauft.
Zitat Ende.
Da wird abgeschaltet und lieber gekauft und die Langzeitverträge damit bedient. Die sind nämlich mit den Gestehungskosten vereinbart.
Der Artikel erweckt einen falschen Eindruck von Kosten: Es handelt sich nicht um die Grenzkosten (d.h. die Kosten einer ZUSÄTZLICH erzeugten kWh), sondern um die Gesamtkosten unter Annahme einer vorgegebenen Auslastung. Diese Gesamtkosten steigen, wenn die Auslastung eines Kraftwerks gegenüber den hier gemachten Annahmen (z.B. Braunkohle 6450-7450 h/a) sinkt. Besonders heftig schlägt dieser Effekt bei den Erneuerbaren Wind und PV zu, weil bei denen die zusätzlich erzeugte kWh praktisch nichts kostet. Die Kosten einer nicht gelieferten kWh (nicht geliefert, weil kein Abnehmer gefunden) müssen dann aber auf die restlichen Lieferungen umgelegt werden, was zu einer Erhöhung dieser Gesamtkosten pro kWh führt.
Diese Studie ist also eine Momentaufnahme, und die daraus abgeleiteten Prognosen über die Kostenentwicklung nur so lange gültig, wie sich die Anteile der Erzeugungsarten am Strommix nicht ändern.
Um bessere Prognosen zu erhalten, wäre es notwendig, den einzelnen Erzeugungsarten noch einen Wert beizumessen, der sich an der Fähigkeit des Kraftwerks bemisst, seine Erzeugung an den Bedarf anzupassen. Nur diese Fähigkeit erlaubt den Gaskraftwerken das Überleben am Markt. Die Rentabilität ergibt sich damit nicht aus den hier betrachteten Gesamtkosten, sondern muss noch den Wert des erzeugten Stroms gegenrechnen. Dann kann auch ein mit (im Sinne dieser Studie) hohen Gesamtkosten erzeugendes Gaskraftwerk rentabel sein, weil sein Strom am Markt das wert ist, was er kostet.
Es ist schon heute so, dass an einzelnen Tagen Wind und PV mehr erzeugen, als das Netz aufnehmen kann. Mit weiterem Zubau wird die nicht absetzbare Strommenge überproportional steigen, und damit auch die wahren Gesamtkosten entsprechend mitsteigen.
Man lügt sich selbst in die Tasche, wenn man diese Mechanismen ignoriert.
Eine sinnvollere Betrachtungsweise in meinen Augen ist es, ein technisch funktionierendes Gesamtsystem zu entwerfen, und dessen Gesamtkosten zu betrachten. Unterschiedliche Szenarien kann man dann nach Kriterien wie Ökologie, Ökonomie und Versorgungssicherheit bewerten. Daraus ergeben sich für die verschiedenen Szenarien Preis-Leistungsverhältnise, die man vergleichen kann. Welches Szenario man dann anstrebt und die Weichen entsprechend stellt, ist letztlich eine politische Frage, die im demokratischen Diskurs entschieden werden muss.
Die Industrienationen und die auf dem Weg dahin brauchen um das Überleben der Menschheit zu gewährleisten aufgrund Industrialisierungsfolgen dringend ein Umdenken bzgl. der Energieerzeugung. Und zwar einfach von unten nach oben, d. h. Energie von Sonne und Wind statt fossil, atomar oder hölzern.