Thorsten Preugschas von der Soventix GmbH meinte jetzt hier: „Die Energiewende braucht mehr als „nur“ Wind“. Wie wahr!
Wir können uns glücklich preisen, dass die phantastischen technischen Fortschritte uns in Deutschland Stromgestehungskosten bei neu geplanten großen Solar- oder Windanlagen von vier bis sechs Cent je Kilowattstunde ermöglichen. Dass auch die verbrauchsnahen kleinen Photovoltaik-Dachanlagen den Strom für nur noch zwölf Cent je Kilowattstunde liefern. Die Kosten und Preise sinken noch weiter und bald werden die Stromkosten neuer Anlagen kein politisches Thema mehr sein.
Und die Versorgungssicherheit? Unsere erneuerbaren Energien (EE) sind Naturenergien. Sie sind sauber zu gewinnen aber auch vom Wetter sowie den Jahres- und Tageszeiten abhängig. Ähnlich ist auch die Lebensmittelerzeugung wetterabhängig. Bevor die Eisenbahn unser Land im Inneren wie auch mit den Nachbarländern verbunden hat, kam es bei wetterbedingten Ernteausfällen zu Hunger. Im Grunde war mit dem historisch schnellen Aufbau der Eisenbahnverbindungen in Deutschland der Hunger überwunden.
Die Versorgungssicherheit mit regenerativ erzeugtem Strom braucht erstens den Erzeugungsmix aus Bioenergie, Photovoltaik, Wasser- und Windkraft. Vielleicht macht auch die Geothermie noch einen Kostensprung und wird marktfähig. Diese verschiedenen EE-Arten ergänzen sich. Gerade Photovoltaik und Windkraft passen gut zusammen, denn die Photovoltaik erzeugt tagsüber in den Stunden des größten Stromverbrauchs die Elektrizität. Die Windkraft arbeitet hingegen auch bei Dunkelheit und viel im Winter, wenn der Stromverbrauch hoch und die PV-Leistung niedrig ist. Um die Wetterunterschiede zu nutzen, müssen die EE-Anlagen zweitens großräumig verteilt und vernetzt werden. Über ganz Deutschland und auch über Europa und mit Verbindungen nach Nordafrika und Westasien. Wenn dann über Deutschland ein Hoch zur Windstille mit vielleicht gar trüben Wetter führt, wird am Rande des Hochs der Druckausgleich Wind erzeugen und aufgerissene Wolkendecken werden uns Solarstrom bescheren.
Jetzt zu Beginn des Jahres 2018 haben wir schon fast bei der Stromerzeugung eine EE-Quote von 40 Prozent erreicht. Auch an trüben und windstillen Tagen haben wir keinen Strommangel, wie täglich ein Blick auf die Preise an der Strombörse zeigt. Denn wir haben entgegen der früheren Drohungen keine Stromlücke, sondern einen Stromüberschuss, da die Stilllegung der extrem umweltschädlichen Atom- und Kohlekraftwerke zu langsam geht. Wir haben so viele Kraftwerksüberkapazitäten, dass die Pumpspeicherkraftwerke kaum noch eingesetzt werden und Verluste machen. Der Bau neuer Pumpspeicherkraftwerke wurde für viele Jahre aufgeschoben.
Wenn wir hoffentlich bald alle Atomkraftwerke in unserem Land abgeschaltet und den Einstieg in die verursachergerechte CO2-Bepreisung geschafft haben, werden alte Kohlekraftwerke schnell auch betriebswirtschaftlich unrentabel und gerade die Photovoltaik und Windkraft können sich im Wettbewerb durchsetzen. Dann wird wegen des Schwankens der Stromerzeugung aus diesen Anlagen das Anpassen des Stromverbrauchs flexibler Nachfrager an das wechselhafte Stromangebot von Photovoltaik und Windkraft immer lohnender. Dieses Lastmanagement ist ein dritter wichtiger Baustein der Energiewende. Der vierte sind die Speicher. Welche Speichertechniken die wirtschaftlichsten werden, ist jetzt im Jahr 2018 noch schlecht abzusehen. Mehrere sind vielversprechend.
Wenn wir die zudem extrem umweltschädlichen Atom- und Kohlekraftwerke schnell stilllegen und im Interesse des Klimaschutzes konsequent Photovoltaik und Windkraft ausbauen sowie die Preissignale des Strommarktes vernünftig wirken lassen, werden die besten Speicher sich durchsetzen. Und der fünfte Baustein? Das ist die auszubauende Flexibilität der Bioenergie und der Wasserkraft und vielleicht auch einmal der Geothermie.
Fünf Dinge braucht also die Energiewende: Erzeugungsmix der verschiedenen erneuerbaren Energien mit großem Zubau der preiswerten Photovoltaik und Windkraft, großräumige Verteilung und Vernetzung der EE-Anlagen, Verbrauchssteuerung, Aufbau von Speichern und den flexiblen Einsatz von Bioenergie und Wasserkraft.
— Der Autor Raimund Kamm ist Diplomökonom und ehrenamtlicher Vorsitzender des Landesverbandes Bayern des Bundesverbands Windenergie (BWE) und seit Mai 2017 auch Mitglied des BWE-Bundesvorstands. Seit fast 40 Jahren engagiert er sich aktiv in Verbänden für Natur- und Umweltschutz. —
Die Blogbeiträge und Kommentare aufwww.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Ja, diese Bereiche – Erzeugungsmix der verschiedenen erneuerbaren Energien mit großem Zubau der preiswerten Photovoltaik und Windkraft, – großräumige Verteilung und Vernetzung der EE-Anlagen, – Verbrauchssteuerung, – Aufbau von Speichern und – den flexiblen Einsatz von Bioenergie und Wasserkraft.
sind rational sinnvoll.
Doch es gibt auch vielerlei Unsachliches, dass dringend gebessert werden muss.
– Zuerst geht es um das Problem der perversen, sehr abwertenden Tagesbörsenzwangsvermarktung von FEE und lange vorher verkaufte atomar-fossile Rohstoffe, die die Leitungen dann für sich belegen, so dass FEE, wie viel Windkraft abgeregelt werden.
Die EEG-Umlage muss endlich bezogen auf den Börsen-Strompreis von 2000, nicht auf den aktuellen, bezogen berechnet werden. EE haben den Strompreis herunter gebracht, das muss einbezogen werden, wie auch deren Schadenskostenentlastungen und kommunale Wetschöpfung.
Der privaten Gewinnen der Netzbetreiber nützende mangelnde Netzausbau entgegen den Pflichten des EEG verstärkt die Lage.
Kurz wir brauchen wieder Direktwälzung für FEE in neuer Form, etwa nach dem Konzept von Daniel Hölder hier zugänglich: http://www.clens.eu/fileadmin/Daten/Mediathek/Pressespiegel/Echtzeitwaelzung_Hoelder_ZNER
Und natürlich brauchen wir auch eine faire Vergütung für PV, Erhöhung wenn Zielmenge unterschritten wird, derzeit bei unter 2,5 GW, erst bei unter 1,7 GW gemeldete mit vielen Nachmeldungen, passt nicht.
Nur nach aktueller Installation gerechnet ohne Nachmeldungen brauchen wir zur Berechnung von Installationen. Doch wozu soll die Aufbaumenge begrenzt werden? Für die Sektorkopplung müsste sie auf 15 GW a gesteigert werden, wobei aber auch Speicher vorzuschreiben wären.
Und zumindest bis 200 kWp frei von Ausschreibung oder Börsenvermarktungszwang auch für Genossenshaften nutzbar, für tatsächlich direktes Vermarkten, besonders an Nachbarschaft, wie zum Eigenverbrauch ohne Abgaben sowieso.