Lichtblick hat Stromprodukte von 50 großen Energieversorger in Deutschland untersucht. Das ernüchternde Ergebnis: Die meisten Produkte der Energieversorger enthalten deutlich mehr Kohlestrom, als in der gesetzlichen Stromkennzeichnung angegeben ist. Die für die Kunden beschaffte Energie fast aller Versorger verursache bis zu 83 Prozent mehr klimaschädliches CO2 als gegenüber den Kunden kommuniziert werde, teilte Lichtblick am Mittwoch mit.
Dem klimaschädlichsten Strom unter den untersuchten Versorgern biete Innogy an. Durchschnittlich 813 Gramm CO2 verursachte jede Kilowattstunde Strom, die die RWE-Tochter mit seinen Tarifen anbietet, wie die Analyse von Lichtblick ergab. Dies seien 64 Prozent mehr, als auf der Stromkennzeichnung angegeben werden. Ebenfalls deutlich höhere CO2-Emissionen im Schnitt hätten die Angebote von Aldi Süd (Pfalzwerke), EWE, Vattenfall, Eon, E wie Einfach, DB Energie und Yello Strom. Die größte Abweichung mit 83 Prozent fand Lichtblick bei Eprimo.
Grundlage von Lichtblicks Analyse war die gesetzliche Stromkennzeichnung, die Versorger jeweils zum 1. November eines Jahres veröffentlichen. Sie müssen ausweisen, aus welchen Quellen sie die Energie für die Kunden beschaffen und die durchschnittlichen CO2-Emissionen aller angebotenen Stromtarife angeben. „Es gibt hier klare Parallelen zur Dieselgate-Affäre“, sagt Lichtblick-Geschäftsfüher Gero Lücking. Beim Strom würden die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Pflichtangaben zum Schadstoffausstoß in der Realität weit übertroffen. „Verbraucher werden so in die Irre geführt. Dieser Skandal zeigt, wie fahrlässig die Bundesregierung mit den Klimazielen umgeht“, so Lücking weiter. Die Politik müsse mit einer Reform für eine „transparente und ehrliche Stromkennzeichnung“ sorgen.
In der derzeitigen gesetzlichen Regelung sieht Lichtblick auch den Grund, warum die Versorger ihren Strom deutlich klimafreundlicher erscheinen lassen können, als er in Wahrheit ist. „Jeder Energieanbieter darf bis zu 45 Prozent nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz geförderten Ökostrom in der Kennzeichnung ausweisen – obwohl die Anbieter diesen EEG-Strom nicht für ihre Kunden einkaufen“, so die Erklärung. Die virtuelle Anrechnung des EEG-Stroms poliere dann die CO2-Bilanz der Stromtarife auf dem Papier auf.
Im seinem „Klimacheck“ hat Lichtblick daher errechnet, wie der Strommix ohne den EEG-Pflichtanteil aussieht und wie hoch der CO2-Ausstoß des tatsächlich gekauften Stroms ist. So habe sich bei Vattenfall gezeigt, dass der Konzern tatsächlich nur 17 Prozent Ökostrom für seine Kunden zukauft. In der Stromkennzeichnung stehe ein Anteil von 50 Prozent Ökostrom. Den Anteil von fossilen Energieträgern gebe Vattenfall dagegen mit 48 Prozent an. Nach Lichtblick-Analyse sind es faktisch aber 80 Prozent. In der Gesamtrechnung komme der Energiekonzern damit auf einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 644 Gramm pro Kilowattstunde – 67 Prozent mehr als die angegebenen 385 Gramm.
Lichtblick selbst verkauft 100-prozentigen Ökostrom. Neben den 45 Prozent EEG-Pflichtanteil müssen so noch 55 Prozent vom Versorger zugekauft werden. „Da wir nur CO2-freien Strom einkaufen, ist der CO2-Wert beim Stromeinkauf genauso so null wie in der offiziellen Stromkennzeichnung“, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage von pv magazine. Die Ergebnisse der Untersuchung sind online verfügbar.
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Die Autoindustrie bescheißt in besorgniserregendem Ausmaß, da müssen die Stromversorger doch gegenhalten – es lebe der Neoliberalismus!