Der Grünen-Umweltminister Franz Untersteller aus Baden-Württemberg hat ein Konzept für eine Energiemarktreform erarbeitet. Sein Ziel ist es, die Stromkosten zu senken sowie den Einsatz von Erneuerbaren im Wärme- und Verkehrssektor voranzubringen, wie die „Stuttgarter Nachrichten“ schreiben, denen das Diskussionspapier exklusiv vorliegt. Überdies wolle Untersteller die Diskussion über die Energiewende „wieder auf eine sachliche und konstruktive Ebene“ bringen.
Im Fokus steht dabei der Strompreis. In den vergangenen Jahren waren dessen Steigerungen immer wieder vor allem auf die Erhöhung der EEG-Umlage zurückgeführt worden. Intransparente Ausnahmeregelungen und die Komplexität der Umlage machten es „ihren Gegnern leicht, die Energiewende insgesamt zu diskreditieren“, wie das Blatt Untersteller zitiert. Er sieht genau hier den Ansatzpunkt, um die Energiewende in Deutschland neu zu beleben. Zugleich gebe es derzeit erhebliche Wettbewerbsverzerrungen, da fossile Energieträger wie Öl und Gas deutlich weniger mit umwelt- und klimaschutzbedingten Steuern, Abgaben und Umlagen belastet würden als Strom. Gerade mit Blick auf die dringend erforderliche Sektorkopplung sei das kontraproduktiv.
Drei Maßnahmen schlägt Untersteller in seinem Papier vor, wie es weiter heißt. So soll die Stromsteuer auf das europarechtlich mögliche Mindestmaß von 0,1 Cent pro Kilowattstunde reduziert werden. Derzeit beträgt sie 2,05 Cent pro Kilowattstunde. Mit dieser Senkung ließen sich die Strompreise um mehr als sechs Milliarden Euro entlasten. Darüber hinaus will Untersteller nach dem Bericht die EEG-Umlage von derzeit 6,792 Cent pro Kilowattstunde nahezu halbieren. Sie sollte um 3,5 Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden. 2,0 Cent dieser Absenkung könnten „als Innovations- und Entwicklungskosten aus der Umlage genommen werden“. Auch die Entlastung der energieintensiven Unternehmen will Untersteller nicht mehr durch die anderen Stromkunden finanzieren lassen. Insgesamt käme dies einer weiteren Entlastung von zwölf Milliarden Euro gleich. Als Konzept zur Gegenfinanzierung, die eine weitere Entlastung der Industrie ermöglichen würde, sollte der Betrag auf den Verbrauch von Heizöl, Erdgas und Kraftstoffen umgelegt werden.
Nach dem Bericht sieht Untersteller hier zwei Varianten. Der grüne Landesminister plädiert entweder für eine Erhöhung der Energiesteuersätze für Kraft- und Heizstoffe, durch die ein CO2-Preis von 50 Euro pro Tonne abgebildet werde, oder eine Vereinheitlichung der Ökosteuersätze, die einen einheitlichen CO2-Preis von knapp 90 Euro pro Tonne für alle Heizbrenn- und Kraftstoffe zur Folge hätte. Im ersten Fall gehe Untersteller von erhöhten Benzin-, Diesel und Heizölpreise um 12 bis 13 Cent pro Liter aus, die Megawattstunde Erdgas stiege um zehn Euro und der Liter leichtes Heizöl um 13 Cent. In der zweiten Variante würden die zusätzlichen Belastungen bei Kraftstoffen geringer ausfallen und dafür im Wärmesektor höher.
Untersteller betont in seinem Diskussionspapier, dass die Reform aufkommensneutral zu gestalten sei. In Summe dürfe es keine Mehrbelastung der Verbraucher geben, heißt es in dem Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“ weiter. Weitere Ausgleichsmaßnahmen seien daher wohl notwendig, um unter anderem die niedrigen Einkommen zu entlasten.
Bundeswirtschaftsministerium fordert ähnliche Reformen
Das Konzept von Untersteller erinnert an das jüngst kursierende Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi). Eine Sprecherin des Ministeriums lehnte eine Kommentierung auf pv magazine-Anfrage vor gut zehn Tagen zwar mit den Worten ab: „Das von Ihnen angesprochene Papier ist kein BMWi-Papier.“ Trotz fehlendem öffentlichen Bekenntnis ist dennoch ziemlich sicher, dass das Papier aus dem SPD-geführten Ministerium in Berlin stammt.
In dem Dokument mit dem Titel „Von der Stromwende zur Energiewende – Ein ökonomisch und ökologisch erfolgreiches Projekt der 19. Legislaturperiode“, das pv magazine vorliegt, wird ebenfalls eine Reform des Steuer- und Umlagesystems im Energiebereich gefordert. Die Vorschläge zielen ebenfalls darauf ab, Wettbewerbsverzerrungen zu reduzieren, den Strompreis zu senken und Einnahmeausfälle für den Staat über einen CO2-Preis zu kompensieren. Letztendlich soll damit eine „wirtschaftlich getriebene Energiewende in allen Sektoren ermöglicht“ werden. Wie in Unterstellers Vorschlag ist dabei die Senkung von nicht gerechtfertigten Abgaben auf Strom enthalten sowie im Gegenzug höhere Abgaben auf Heiz- und Kraftstoffe. Insgesamt sind in dem Papier 14 Handlungsfelder enthalten, die als essentiell für ein ökonomisch und ökologisch erfolgreiches Energiewendeprojekt in Deutschland angesehen werden und von der kommenden Bundesregierung umgesetzt werden müssten.
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