Ein an sich sehr effizientes überdimensioniertes Batteriespeichersystem ist im Einsatz ökonomisch deutlich weniger effizient als ein richtig dimensioniertes. Diese Aussage traf Olaf Wollersheim, Co-Geschäftsführer des Technologiezentrums Solarwatt Innovation, im pv magazine Webinar „Effizienz bei Batteriespeichern ist mehr als der Wirkungsgrad“ und untermauerte sie mit Grafiken und Erklärungen. Daher plädiert er für ein System, das zur Leistung der Photovoltaik-Anlage und zum Haushaltsprofil passt und gegebenenfalls mitwachsen kann. Weitere Themen waren unter anderem die Reaktionsgeschwindigkeit der Systeme, Messungen nach dem Effizienzleitfaden.
Einige Teilnehmer stellen das Ziel in Frage, dass man sinnvollerweise mit dem Photovoltaik-Batteriespeichersystem nur seinen Haushaltsverbrauch decken sollte. Schließlich sei es im Sinne der Umwelt und für die Energiewende besser, möglichst viel Strom umweltfreundlich zu erzeugen. Diese Diskussion finden Sie am Ende des Webinars.
Hier können Sie das Webinar „Effizienz bei Batteriespeichern ist mehr als der Wirkungsgrad“ nachsehen und die Präsentation herunterladen.
Im folgenden veröffentlichen wir Antworten auf Fragen, für deren Diskussion im Webinar keine Zeit war. Initiativpartner des Webinars war Solarwatt.
Teilnehmer: Kann ein größerer Speicher, der weniger Zyklen im Jahr hat und somit eine längere Lebensdauer haben müsste, nicht dadurch die geringeren Kosten eines intensiver genutzten Speichers aufwiegen?
Olaf Wollersheim: Die Angabe der maximalen Zyklenzahl für einen Speicher im Zusammenhang mit der Lebensdauer führt in die Irre. Denn die Lebensdauer einer Batterie endet einerseits durch zu viele Zyklen, andererseits aber durch die normale Batteriealterung im Laufe der Zeit. Beides ist voneinander unabhängig, das heißt die kalendarische Batteriealterung kann durch eine besonders hohe oder niedrige Zyklenzahl nicht beeinflusst werden. Auch eine Batteriezelle, die unendlich viele Zyklen schafft, hat eine kalendarische Lebensdauer von maximal 15 Jahren. Die modernen Zellen erreichen heutzutage ihr Lebensende durch den kalendarischen Alterungsprozess und nicht aufgrund einer bestimmten Zyklenzahl. Deswegen ist es so wichtig, durch intelligente Betriebsstrategien den kalendarischen Alterungsprozess, den jede Zelle durchmacht, möglichst lange hinauszuzögern.
Ein Beispiel: Bei optimaler Auslegung hat ein durchschnittlicher Speicher in Deutschland in einem Privathaushalt ca. 250 Zyklen/Jahr. In 15 Jahren, wenn die Batteriezellen ihr kalendarisches Lebensende erreichen, sind das also maximal 3750 Zyklen. Die meisten Batteriezellen heute sind für deutlich mehr Zyklen ausgelegt, als sie in 15 Jahren tatsächlich hätten. Jeder Speicher, der viel mehr Zyklen kann, ist überdimensioniert und damit teurer, als er eigentlich sein müsste.
Wie hoch ist der Standby-Verbrauch Ihres Speichers und steigt er mit steigender Kapazität?
Der Standby-Verbrauch beträgt konstant nur 12-15 Watt, unabhängig von der Zahl der Batteriemodule.
Wie fließt der Stand-by-Verbrauch des Gerätes in die Wirkungsgradberechnung ein?
In die Leistungswirkungsgrade fließt er nicht ein, in die energetischen Wirkungsgrade gemäß Performanceleitfaden in voller Höhe.
Wie schnell kann der Speicher von voller Leistungsaufnahme auf volle Leistungsabgabe umschalten?
Unser Speicher ist auf eine sehr hohe Reaktionsgeschwindigkeit programmiert, damit er die Stromanforderungen wirklich effizient bedienen kann. Der My-Reserve Matrix benötigt für dieses Umschalten maximal 2 Sekunden.
Wie ist die Reaktionszeit und die Ausregeldauer des neuen My-Reserve Matrix im Vergleich zu den Systemen My-Reserve 500 und 800?
Die Reaktionszeit aller My-Reserve Speicher ist identisch, weil die Basis für alle das Highspeed-Batteriemanagementsystem und weitere Komponenten aus dem Elektrofahrzeug-Rennsport sind. Bei unserem neuen Speicher My-Reserve Matrix erfolgt die Reaktion noch etwas effizienter, da wir dort superschnelle, verlustarme Siliziumkarbid-Feldeffekttransistoren (SiC-FET’s) integriert haben.
Warum ist speziell der CAN-Bus für die Kommunikation zwischen Batteriemanagementsystem und ACS der am besten geeignete Bus? Welche Alternativen sind sonst empfehlenswert?
Der High-Speed CAN-Bus kommt aus der Automobilindustrie und ist daher extrem schnell, extrem zuverlässig und darüber hinaus sehr störfest. Prinzipbedingt können keine falschen Messwerte übertragen werden. Dies alles ist auch wichtig für die Kommunikation mit dem Stromsensor am Hausanschluss (AC-Sensor, kurz ACS). Derzeit ist nach unserer Auffassung kein anderes Bus-System mit vergleichbaren Leistungen verfügbar.
Wie verändert sich der Be- beziehungsweise Entladungswirkungsgrad nach fünf oder zehn Betriebsjahren?
Aufgrund der normalen kalendarischen Batteriealterung verschlechtert sich der Wirkungsgrad im Laufe der Zeit. Ursache dafür sind die zunehmenden Innenwiderstände der Lithium-Ionen-Zellen. Allerdings ist der typische Zellinnenwiderstand bei High Quality Automotive Grade NMC-Zellen grundsätzlich sehr niedrig. Er liegt im Bereich von 1 Milliohm für eine 50-Ah-Zelle und verdoppelt sich bis zum Lebensende. Also sehr überschaubar. Dies ist für andere Zellchemien ähnlich. Die einzige Ausnahme ist Lithium-Eisenphosphat. Aufgrund der geringeren Elektronenleitfähigkeit des Kathodenmaterials kommen solche Zellen deutlich schlechter weg.
Die typische Verlustleistung unseres Batteriemoduls My-Reserve-Pack bei einer Nennleistung von 800 Watt fabrikneu ist 6 Watt, am Lebensende 12 Watt. Das bedeutet, der Wirkungsgrad des Batteriemoduls beträgt fabrikneu circa 99 Prozent am End of Life 98,5 Prozent. Beim Wirkungsgrad der Leistungselektronik sind kaum Veränderungen während der Lebensdauer auszumachen.
Sie haben zur Messung der Effizienz eine Wirkungsgradkurve vorgeschlagen (Folie 5). Wie kommen die Stufen und Wellen bei einigen der Kurven zu Stande?
Die Wirkungsgradkurve ist kein Vorschlag, sondern nur ein Beispiel zur Erläuterung der Komplexität des Themas Effizienz. Es ist unmöglich, Elektronik so zu bauen, dass der Wirkungsgrad über gesamten Leistungsbereich konstant hoch bleibt. Schließlich gibt es für jede Komponente immer mindestens ein Maximum. Wenn sich die verschiedenen Maxima überlagern, kommt es zu diesen Stufen und Wellen.
Sie legen das System anhand des Jahresstromverbrauchs der Kunden aus, doch müsste hier nicht auch das Lastprofil einbezogen werden, um zu sehen, wann der Strom gebraucht wird und in welcher Intensität?
Dies ist absolut richtig, aber Lastprofilmessungen sind sehr langwierig (Wochenende anders als Arbeitstage, Winter anders als Sommer und so weiter) und liegen meist für Privathaushalte nicht vor. Die beste Annäherung erhält man durch Standardlastprofile. Diese sind für die meisten Haushalte ausreichend genau. Bei ungewöhnlichem Verbrauchsverhalten ist es ratsam, dies unbedingt vorher anzusprechen, da dann die Speicherdimensionierung individuell angepasst werden sollte. Nicht zuletzt für solche individuellen Fälle haben wir unseren Matrix-Speicher modular aufgebaut. Dadurch lässt er sich jederzeit nachrüsten, wenn beispielweise der Strombedarf wächst, weil es Familienzuwachs gibt.
Wie kommt der Wechselrichter damit zurecht, wenn nachts nur sehr wenig Strom aus der Batterie in den Haushalt fließen soll? Wäre es eine Idee, da der Wirkungsgrad des Systems dann rasant fällt, einen zweiten Wechselrichter extra für Minimalverbräuche einzubinden?
Dies ist im Prinzip eine gute Idee. Bei Neuanlagen sollte man auf den Wirkungsgrad des Wechselrichters im Bereich kleiner Teillasten achten. Mit den meisten modernen Wechselrichtern erreicht man auch bei 100 Watt Wirkungsgrade oberhalb von 80 Prozent. Bei sehr großen Bestandsgeräten kann sich aber eine Nachinstallation und Umverstringung lohnen.
Lassen sich zwei Ziele – die Auslegung zur Vermeidung von Abregelverlusten gemäß Speicherförderung und die effiziente Auslegung für die optimale Nutzung der Batterie – in einem System realisieren oder kommt es hierbei zu Zielkonflikten?
Man muss sich darüber klar sein, dass ein absolutes Optimum immer nur in Bezug auf ein einziges Optimierungskriterium erreicht werden kann. Wenn man versucht, mehrere Kriterien gleichzeitig zu optimieren, dann ist das Ergebnis immer ein Kompromiss. Das ist eine grundsätzliche kybernetische Erkenntnis und trifft auf alle möglichen Regelkreise zu, nicht nur auf Heimspeicher. Aber: wenn ein System aus Heimspeicher und Photovoltaikanlage sinnvoll dimensioniert ist, dann lädt es auch einen erheblichen Teil des abzuregelnden Photovoltaik-Ertrags in den Speicher, wenn auch nicht jeden Tag die vollen 100 Prozent.
Warum machen Sie die Effizienz des Batteriesystems nur von der Eigenverbrauchsquote abhängig? Wäre nicht der Autarkiegrad auch eine wichtige Größe?
Absolut gesehen ist der Autarkiegrad wichtig, auch die Peakleistung und der Jahresertrag der Photovoltaik-Anlage sind relevant für die Effizienz des Systems. Bei jedem festen Verhältnis der Größe der Photovoltaik-Anlage zum Jahresstromverbrauch des Haushalts (zum Beispiel 100 Prozent bilanzielle Autarkie) korreliert der Autarkiegrad unter Annahme eines Standardlastprofils mit der Eigenverbrauchsquote. Man kann also das eine oder das andere als Bezugsgröße nehmen, welche ist letztlich egal.
Kann der My-Reserve zu 100 Prozent entladen werden? Wie hoch ist der Mindest-Ladezustand bei der Entladung ?
Jede Kilowattstunde, die man bei Solarwatt kauft, kann man auch nutzen. Der mögliche Mindestladezustand des My-Reserve liegt bei 0 Prozent State of Charge, der Maximalladezustand bei 100 Prozent SoC.
Können Sie den Wirkungsgrad von 97 Prozent beim Laden noch einmal in den Wirkungsgrad der Batterie und der DC-Wandler unterteilen?
Der Wirkungsgrad der Batterie fabrikneu liegt bei 99 Prozent, der des DC-Wandlers je nach Betriebspunkt. Im Bestpunkt liegt er bei ca. 98 Prozent.
Welche Maximalleistung kann der Matrix-Speicher erreichen?
Die Leistung liegt bei 800 Watt pro angeschlossenem Batteriemodul. Bis zu fünf Module sind an einen My-Reserve Command, die Leistungselektronik, anschließbar, was vier Kilowatt ergibt. Diese Einheiten lassen sich modular erweitern. Aktuell haben wir Cluster bis zu acht Kilowatt Leistung verbaut.
Das KIT hat auf der Intersolar die Ergebnisse aus einer Speicheruntersuchung für 12 Anlagen nach Effizienzleitfaden publiziert, welches dieser untersuchten Speicher ist der My-Reserve ?
Welche Systeme das KIT beschafft und getestet hat, wissen wir nicht. Das Institut gibt darüber nur staatlichen Stellen (Ministerien, Marktaufsichtsbehörden) Auskunft. Wir lassen aber im Moment den My-Reserve Matrix beim KIT nach denselben Kriterien vermessen.
Gibt es für Batteriehersteller die Möglichkeit umweltfreundlich und verantwortungsvoll abgebautes Lithium zu erwerben?
Die Wertschöpfungskette ist sehr kompliziert, eine Rückverfolgbarkeit bis zur Mine ist für einen Kunden aufgrund der vielen Zwischenstationen nahezu unmöglich. Die Rohstoff-Lieferanten werden von den Zellherstellern normalerweise geheim gehalten. Natürlich würden wir uns wünschen, wenn wir als Speicherhersteller diese Informationen vorliegen hätten, um eine Wahl treffen zu können. Da unsere Speicher lediglich zwei Prozent Lithium enthalten, haben wir als Abnehmer aber leider nicht die Macht, die Zellhersteller zu dieser Transparenz zu drängen.
Wie hoch ist der CO2-Fußabdruck bei der Herstellung von einer Kilowattstunde Ihres Batteriespeichers?
My-Reserve Speicher machen während ihres Produktlebenszyklus ungefähr zehnmal so viel saubere Energie nutzbar, wie für ihre Herstellung aufgewendet wurde.
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