Im Wahlkampf habe die Grünen versucht, besonders mit den Themen Kohleausstieg und Ende des Verbrennungsmotors in Deutschland bis 2030 zu punkten. Rund sechs Wochen nach der Wahl und dem Abschluss der ersten Sondierungsrunden mit den möglichen Jamaika-Partnern rücken die Grünen nun offenbar von diesen festen Zielen ab. Klimaschutz scheint derzeit ein großer Knackpunkt für die beteiligten Parteien zu sein, wenn es um die Bildung einer neuen Bundesregierung geht.
Parteichefin Simone Peter von den Grünen, die für ihre Partei besonders die Klimaschutzthemen in den Verhandlungen sondiert, sagte der „Rheinischen Post“: „Für uns kommt es nicht darauf an, ob das letzte Kohlekraftwerk 2030 oder 2032 vom Netz geht.“ Wichtiger sei, dass das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent unter dem Ausstoß von 1990 lägen sowie die Sektorziele bis 2030 erreicht würden. Vor der Wahl hatte Peter in einem pv magazine-Interview noch erklärt: „Nur mit starken Grünen wird es mit der Energiewende vorangehen. Konkret bedeutet das: Sofort 20 Kohlekraftwerke abschalten, Deckel runter von den Erneuerbaren, 100 Prozent Erneuerbarer Strom bis 2030 und zu diesem Datum auch das Ende der Zulassungen von neuen Autos mit fossilem Verbrennungsmotor.“
Auch letzteres Ziel scheint angesichts der stockenden Koalitionsverhandlungen nun aufgeweicht zu werden. Peters Co-Vorsitzender Cem Özdemir erklärte in einem Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“: „Mir ist klar, dass wir alleine nicht das Enddatum 2030 für die Zulassung von fossilen Verbrennungsmotoren durchsetzen werden können. Wir müssen natürlich jetzt den Pfad ebnen für die emissionsfreie Mobilität mit verbindlichen Maßnahmen.“ Özdemir fordert zugleich „konkrete Schritte“ für den Umstieg zur Elektromobilität. Aber auch die Autoindustrie werde früher oder später den Schalter umlegen. „Das muss eine neue Bundesregierung unterstützen und gerne beschleunigen“, forderte Özdemir.
„Für die nächste Etappe heißt es jetzt, sich auf relevante Fragen, Schwer- und Streitpunkte zu konzentrieren: beim Klimaschutz und der ökologischen Modernisierung, bei sozialer Gerechtigkeit, einer solidarischen Europapolitik und einer humanitären Flüchtlingspolitik“, schreiben die Grünen-Spitzenkandidaten Özdemir und Katrin Göring-Eckardt nach Abschluss der ersten Verhandlungsrunde mit Union und FDP in einem Brief an die Basis. Ihre Verhandlungshaltung sei „hart in der Sache, konstruktiv in der Haltung“. Sie werfen der Union beim Klimaschutz einen „Zickzackkurs“ und der FDP eine „klare Blockadehaltung“ vor. „Die Debatte, ob man nicht doch am fossilen Zeitalter festhalten könnte, stehen kontrapunktisch dagegen. Wir sind überzeugt, dass eine Koalition, die vier Jahre trägt, nur mit einem gleichberechtigten Geben und Nehmen gelingt“, heißt es in dem Schreiben weiter.
In dieser Woche beginnt in Berlin die zweite Sondierungsrunde zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen werden entscheidend sein, ob die Partei ab Mitte des Monats dann in formelle Koalitionsverhandlungen eintreten werden.
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Die Überschrift stimmt nicht mit dem Inhalt überein: Jahreszahl gestrichen, Emissionsminderung bleibt aber – das ist der Budgetansatz, den auch die Wissenschaft verwendet…
Also ich denke, das ist ein gutes Vorgehen der Grünen.
Kompromisse sind in diesem Bündnis einfach notwendig.
Mir ist eine Regierungsbeteiligung der Grünen im Sinne der Bewahrung der Energiewende wichtiger, als sich bei Standpunkten wie ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2030 radikal quer zu stellen und dann nach möglichen Neuwahlen mit Schwarz-Gelb dazustehen und bei der Rückabwicklung der Energiewende zuzuschauen.
Es ist etwas enttäuschend für die Grünen, aber alle ihre Herzensinhalte (Kraftwerksabschaltung, Aus für Verbrennungsmotor, Familiennachzug für Flüchtlinge) lösen in großen Teilen der Bevölkerung Ängste aus und werden deshalb von einer großen, parteienübergreifenden Mehrheit abgelehnt. Die Energiewende ist nichtsdestotrotz ebenfalls in einer großen Mehrheit populär. Wenn es den Grünen also gelingt, Ziele festzuschreiben, wie effektive CO2-Bepreisung, Ausweitung des Zubaus von Anlagen zur Erneuerbaren Energieerzeugung, Erleichterungen für die Akteure, größere Kontingente bei Ausschreibungen, weniger Erschwernisse wie EEG-Zulage auf Eigenverbrauch, höhere Einspeisevergütungen hätten sie schon viel erreicht und ihre Regierungsbeteiligung gerechtfertigt. Wenn sie dann noch etwas im Bereich Umwelt und Landwirtschaft erreichen (sofortige Reduzierung des Pestizideinsatzes, langfristig weitgehender Verzicht) und ähnliches, dann hätten sie doch eine große Zustimmung in der Bevölkerung sicher.
Aber wahrscheinlich kommt es so: Beim EE-Ausbau setzt sich die FDP durch, beim Flüchtlingsnachzug die Grünen, und bei der PKW-Maut die CSU – und die CDU findet das dann alles ganz toll.
Zitat
Vor der Wahl hatte Peter in einem pv magazine-Interview noch erklärt: „Nur mit starken Grünen wird es mit der Energiewende vorangehen. Konkret bedeutet das: Sofort 20 Kohlekraftwerke abschalten, Deckel runter von den Erneuerbaren, 100 Prozent Erneuerbarer Strom bis 2030 und zu diesem Datum auch das Ende der Zulassungen von neuen Autos mit fossilem Verbrennungsmotor.“Zitat Ende.
Das hätten die wahrscheinlich auch durchgesetzt, wenn sie die absolute Mehrheit bekommen hätten.
Dem ist aber nicht so, deshalb müssen sie sehen, was mit 8% noch möglich ist, von dem was sie versprochen haben. So geht es aber Allen in der Sondierungsrunde.
Deshalb schließe ich mich der Meinung des Paul Meier an, und finde in Ordnung was sie als Kompromiss anbieten.
Beim Verzicht auf das Festschreiben des Ausstiegs aus dem Verbrennungsmotor zu 2030 können die Grünen doch großherzig sein und dafür andere grüne Themen priorisieren. Die Entscheidung ob, wann und wie die E-Mobilität kommt, wird uns durch die globalisierte Entwicklung in der Welt so oder so diktiert. Nationale Festlegungen werden durch die Gesetze der Marktwirtschaft überholt.
Dem Kommentar von Paul Meier ist absolut nichts hinzuzufügen.
Das Thema Verbrennungsmotor wird sich vermutlich schneller als von der Autoindustrie gedacht von selbst erledigen. Da wurde gepennt, ebenso wie es die 4 Dicken verpennt haben.
Volle Zustimmung.
Die Grünen schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe.
Man darf ja nicht vergessen, sie haben knapp 9% und kommen bei den restlichen 91% so an, als ob sie alles vorschreiben wollten.
Mit diesem Kompromiss schlagen sie zwei fliegen mit einer Klappe.
Zum einen können sie durch das Entgegenkommen ihre öffentliche Wahrnehmung verbessern, und zum anderen sind sie dabei, und können so viel wie möglich zur Energiewende beitragen.
In der Opposition wäre das weniger möglich.
Ich fahre seit 17 Jahren elektrisch und habe viel erlebt in der Zeit. Nicht verpennt – sondern aktiv hinterlistig hintertrieben!
Uneingeschränkte Zustimmung an die Vorkommentatoren!!
Bei uns in Österreich sind die Verhandlungen zur Regierungsbildung, wie es derzeit aussieht, fast abgeschlossen.
Da werden Klimaschutzmaßnahmen wohl keine große Rolle spielen.
Wie sagte schon Karl Valentin: „Früher war sogar die Zukunft besser“!