Auf einer internationalen Solar-Konferenz in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince forderten die wichtigsten Photovoltaik-Unternehmer des Landes klare gesetzliche Regelungen zur Liberalisierung des haitianischen Energiemarktes sowie eine solarfreundliche Politik zur Förderung der Marktpotenziale. Die Veranstaltung wurde organisiert von den Hilfsorganisationen NPH, St. Luc Foundation und der Biohaus-Stiftung.
Nur sechs Prozent der in der Provinz lebenden Haitianer haben Zugang zur Elektrizität. Die Stromproduktion des staatlichen Energieunternehmens Électricité d’Haiti (EDH) von gerade einmal 245 Megawatt basiert zu etwa 80 Prozent auf Dieselgeneratoren. Weitere 20 Prozent des EDH-Netzes speist sich aus dem Wasserkraftwerk Péligre im Département Artibonite nördlich der Hauptstadt.
Aufgrund der kontinuierlichen Überlastung und der äußerst geringen Netzstabilität des staatlichen Versorgers verzeichnet Haiti einen wachsenden Bedarf an Solartechnik. Vor allem lokale Kleinstnetze und individuelle Versorgungstationen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Die zwei größten Photovoltaik-Unternehmer des Landes beklagen derweil die mangelnde politische und legislative Unterstützung des haitianischen Staates sowie die schleppende Zusammenarbeit mit dem staatlichen Versorger EDH bezüglich der Einspeisung des Solarstroms in das öffentliche Netz.
„Theoretisch wurde das Staatsmonopol längst abgeschafft. Die Entscheidung wurde allerdings in einem politisch umstrittenen Prozess getroffen, so dass die Gesetzeslage und ihre konkrete Anwendung bis heute unklar sind“, meint etwa Jean-Ronel Noël, dessen 2007 in Port-au-Prince gegründetes Unternehmen Enersa Solarmodule und LED-Leuchten produziert. Mit rund 30 haitianischen Ingenieuren hat Enersa bereits 5000 Solar-Straßenlaternen sowie Photovoltaik-Anlagen in Privathaushalte, Mikronetze und Industrieanlagen installiert.
Trotz fallender Preise auf dem Photovoltaik-Markt seien die Anfangsinvestitionen für Solartechnik im Vergleich zur Dieselgeneratoren bis heute deutlich höher. Durch die unklare Gesetzlage und mangelnde staatliche Unterstützung würden potenzielle Investoren in Haiti verunsichert, so Noël. Jean-Jacques Sylvain, Geschäftsführer von Green Energy Solutions, fordert von staatlicher Seite den Zugang zum Clean Technology Fund der Weltbank (CTF; 5,8 Milliarden US-Dollar), der Privatpersonen günstige Kredite zur Aufrüstung für Nutzung von erneuerbaren Energien zur Verfügung stellt.
Nicolas Allien, Verantwortlicher für den Energiesektor im haitianischen Ministerium für Infrastruktur, Verkehr und Kommunikation, unterstrich auf der Konferenz in Port-au-Prince die Absicht der haitianischen Regierung, erneuerbare Energie sowohl zur Einspeisung in das staatliche Stromnetz als auch auf Ebene individueller Kleinstnetze zu fördern. Eine der größten Herausforderung sieht Allien in der Aufrüstung der staatlichen Infrastruktur zur Erweiterung der Einspeisungskapazitäten des Netzes. Derzeit untersuche die haitianische Regierung die Bedingungen zur Umsetzung der geplanten Steuerbefreiung auf den Import von Solartechnik, so Allien.
Erklärtes Ziel ist es, 60.000 lokale Stromnetze und 600.000 Individual-Netze mit erneuerbaren Energien zu realisieren. Bis heute nutzen 75 Prozent der nicht ans staatliche Netz angeschlossenen Haushalte Haitis Holzkohle zur Energiegewinnung, was aufgrund des großflächigen Baumrohdens eine zunehmende Bodenerosion zur Folge hat. (Cornelius Wüllenkemper)
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