Sechs branchenübergreifende Verbände sprechen sich in einem gemeinsamen Appell für eine gerechtere Verteilung der Energiewendekosten aus. Zudem sollen Fehlanreize zugunsten von fossilen Energieträgern korrigiert werden. Dies sei einerseits nötig, um die breite Zustimmung der privaten Verbraucher zu den Zielen der Energiewende nicht zu verlieren. Andererseits sei eine Reform auch deshalb nötig, damit die gesteckten Klimaziele auch in den Sektoren Wärme und Mobilität erreicht werden können. Zu den Verbänden, die den Appell unterstützen, gehören Verbraucherzentrale Bundesverband, Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE), Handelsverband Deutschland (HDE), der Deutsche Mieterbund (DMB), der Deutsche Naturschutzring (DNR) und die Stiftung Offshore Windenergie.
Massive Fehlanreize zugunsten von Heizöl, Benzin und Diesel
Konkrete Kritik äußern die Verbände unter anderem daran, dass Strom heute mit hohen Steuern, Abgaben und Umlagen belastet würde, während Energieträger im Wärme- und Verkehrsbereich weitgehend frei von solchen Belastungen blieben. Heizöl und Diesel würden sogar steuervergünstigt verkauft. Zudem seien die Preise für Heizöl, Benzin und Diesel seit 2012 deutlich gesunken während die Umlagen im Stromsektor parallel gestiegen sind. Die Nutzung von CO2-armem Ökostrom in den Sektoren Wärme und Mobilität werde durch solche Fehlanreize massiv behindert.
Eine Reform des Umlagen und Abgabensystems hat auch schon der Think Tank Agora Energiewende gefordert und untersucht. Derzeit ist beispielsweise Erdgas nur mit 2,2 Cent pro Kilowattstunde belastet, Strom mit 18,7 Cent pro Kilowattstunde. Das benachteiligt nicht nur Wärmepumpenheizungen in Kombination mit Photovoltaik gegenüber einfachen Gasheizungen. Auch im Bundeswirtschaftsministerium existiert bereits eine Arbeitsgruppe zu dem Thema unter dem Stichwort Strom 2030.
Haushalte und Gewerbebetriebe zahlen zu viel
Das Verbändebündnis kritisiert zudem, dass die Industrie bei der Finanzierung der Energiewende begünstigt wird, zulasten von privaten Haushalten und kleineren und mittleren Gewerbebetrieben. Dies zeige sich besonders bei der Finanzierung der EEG-Umlage. So würden private Haushalte nur 25 Prozent des in Deutschland produzierten Stroms verbrauchen, müssten aber für 36 Prozent der EEG-Umlage aufkommen. Auch im Handel und Gewerbe seien die EEG-Umlagekosten im Verhältnis zum tatsächlichen Stromverbrauch zu hoch. Die Ungleichheit liege an den Privilegien für die stromintensive Industrie im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung. Von der EEG-Umlage würden rund 1,4 Cent pro Kilowattstunde zur Finanzierung dieser Industrieprivilegien verwendet.
Diese Kostenvergünstigungen stoßen zudem auf generell fallenden Energiekosten für die Industrie. Erst am Mittwoch hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung festgestellt, dass die Energiepreise für die Industrie in den vergangenen Jahren weiter gesunken sind.
Lösungsvorschläge der Verbände
Aus Sicht des Verbändebündnis sollte die Politik verschiedene Maßnahmen ergreifen, um die Energiewendekosten fairer zu verteilen und die richtigen Anreize für eine erfolgreiche Sektorenkopplung zu setzen.
- Die verschiedenen Energieträger, die in den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr zum Einsatz kommen, sollen gleichberechtigt anhand ihrer CO2-Emissionen belastet werden.
- Die EEG-Umlage für private Haushalten und Gewerbebetriebe soll dadurch gemindert werden, dass die EEG-Industrieprivilegien über den Staatshaushalt steuerfinanziert werden.
- Die Stromsteuer soll bis auf den EU-Mindeststeuersatz gesenkt werden.
- Die Einführung eines CO2-Mindestpreiseses im Stromsektor könnte die EEG-Umlage in Folge niedrigerer Differenzkosten weiter senken.
In Ihrer Kombination würden die vorgeschlagenen Maßnahmen den Strompreis senken und die Verbraucherhaushalte entlasten. Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne), sagt dazu: „Ohne eine emissionsspezifische Belastung der Energieträger wird es nicht gelingen, die Klimaziele zu erreichen. Es geht nicht um neue Subventionen, sondern um die Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen für saubere Lösungen in der Wärme und Mobilität.“
Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), erklärt: „Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Kosten müssen fair verteilt werden. Derzeit sind Handel und Verbraucher überproportional belastet. Deshalb ist es höchste Zeit, die Stromsteuer und unnötige Umlagen abzubauen sowie die ungerechten Ausnahmereglungen für die Industrie zu reduzieren.“
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