Österreich hat im vergangenen Jahr die Schallmauer von einem Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung durchbrochen. Theoretisch ließe sich mit den mehr als 1000 Gigawattstunden Solarstrom aus den Anlagen immerhin der durchschnittliche Jahresstromverbrauch von einem Drittel der Haushalte in der Landeshauptstadt Wien decken. Der jährliche Zubau von Photovoltaik-Anlagen hat sich in den vergangenen Jahren um die 150 Megawatt eingependelt.
Das Deutschen Cleantech Institut (DCTI) spricht von sehr stabilen Rahmen- und Marktbedingungen für PV-Anlagen. Dies sei einer der Gründe, warum Österreich von ihnen auch als ein großer Potenzialmarkt für Photovoltaik-Speichersysteme eingestuft werde, sagt DCTI-Partner Leo Ganz. „Hinter Japan, den USA und Deutschland liegt Österreich auf Platz vier in unserer Rangliste. Insgesamt haben wir 36 Länder untersucht.“ Bei dem DCTI-Modell fließen neben den Photovoltaik-Marktbedingungen auch volkswirtschaftliche Parameter, politische Rahmenbedingungen, Energiemarktfaktoren und die Entwicklung der Systempreise für kleine Photovoltaik-Anlagen in den Ländern in die Analyse ein.
Die Veröffentlichung des österreichischen Ministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie zeigt, dass die Anschaffungskosten für kleine Photovoltaik-Anlagen bis fünf Kilowatt in den vergangenen Jahren sukzessive gefallen sind. 2016 sanken die Bruttopreise bis unter 2000 Euro pro Kilowattpeak. Gleichzeitig sind in den vergangenen Monaten und Jahren auch die Preise für Photovoltaik-Heimspeicher immer weiter zurückgegangen.
Diese Tendenzen bestätigt Kurt Leonhartsberger vom Institut für Erneuerbare Energien der Fachhochschule Technikum Wien, die im Auftrag des Ministeriums die Statistiken über den Photovoltaik- und Speicherzubau ermittelt. In dieser Woche sind nun die aktuellen Zahlen für 2016 bekannt geworden. So sind 2016 knapp 500 geförderte Photovoltaik-Heimspeicher im vergangenen Jahr neu installiert worden. Damit setzte sich der Trend der Vorjahre fort. 2014 und 2015 sind in Österreich gut 1.000 Photovoltaik-Heimspeichersysteme mit einer Gesamtkapazität von 6850 Kilowattstunden gefördert worden, wie Leonhartsberger berichtet. Seit dieser Zeit gibt es verschiedene Förderprogramme in einzelnen Bundesländern, allerdings keine bundeseinheitlichen Zuschüsse für Photovoltaik-Heimspeicher.
Aktuell bieten sechs der neun Bundesländer ein eigenes Förderprogramm für Speichersysteme an. „Die vereinzelten Förderungen in einigen Bundesländern haben aber einen guten Impuls für den Speichermarkt gesetzt. Aktuell gibt es Förderungen in Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Burgenland und Wien“, erklärt Thomas Becker, Geschäftsführer von ATB-Becker Photovoltaik und im Vorstand des Verbands Photovoltaic Austria (PVA) für Speicher zuständig. „Aber auch in den Bundesländern ohne Förderung ist im letzten Jahr ein nennenswerter Speichermarkt entstanden.“
Beim österreichischen Wechselrichter- und Speicheranbieter Fronius teilt man die Einschätzung seiner konstanten Nachfrage sowie einer Entwicklung des Marktes in Abhängigkeit von der Förderung. „Grundsätzlich sehen wir die Entwicklung dieses jungen, dynamischen Marktes recht positiv. Wir sind mit dem Absatz des Fronius Energy Package sehr zufrieden und rechnen damit, dass er sich weiterhin so gut entwickeln wird“, erklärt Gerald Hotz, Vertriebsleiter Fronius Österreich. Der Anbieter sei dabei in jenen Bundesländern, die eine Förderung für Heimspeicher anbieten, durchweg gut positioniert. Dabei spielten Speicher sowohl bei Bestands- als auch bei neuen PV-Anlagen eine Rolle.
Die Förderprogramme seien fast ausnahmslos zur Optimierung des Photovoltaik-Eigenverbrauchs ausgelegt. Nur in einem Fall gebe es auch netz- und systemdienliche Voraussetzungen für die Zuschüsse. „Das legt den Schluss nahe, dass PV-Heimspeichersysteme in Österreich ausschließlich eigenverbrauchsoptimiert betrieben werden und keinen netz- oder systemdienlichen Beitrag leisten“, sagt Leonhartsberger.
Er würde sich wünschen, dass die Netzentlastung durch Photovoltaik-Speicher stärker in den Fokus rückt. „Natürlich muss es nicht wie in Deutschland eine verpflichtende Begrenzung der Einspeiseleistung sein, aber ein gefördertes Heimspeichersystem sollte zumindest einen Beitrag leisten“, sagt Leonhartsberger. So könnte eingefordert werden, dass geförderte Speicher für eine bestimmte Zeit des Jahres dem System zur Verfügung stehen müssen, etwa zur Erbringung von Regelenergie. „Mit genau solchen Themen beschäftigen wir uns aktuell in unserem Forschungsprojekt MBS+“, fügt er an.
Nach Ermittlungen des Technikum Wiens sind neben den etwa 1500 geförderten Speichern noch weitere 900 ohne Zuschüsse von Hausbesitzern installiert worden. Die Gesamtzahl der bis Ende des Jahres 2016 installierten Photovoltaik-Heimspeichersysteme in Österreich schätzt die Fachhochschule damit auf rund 2400 mit einer Kapazität von etwa 16 Megawattstunden.
Die Tendenz, die es etwa auch in Deutschland gibt, dass immer mehr Lithium-Ionen-Batteriespeicher installiert werden, ist auch in Österreich zu verzeichnen. Diese hätten mittlerweile einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent, sagt Leonhartsberger. Es liege teilweise daran, dass vor allem Lithium-Speichersysteme gefördert würden. Allerdings fokussieren sich mittlerweile auch viele Hersteller auf diese Art der Batteriespeicher. DCTI-Partner Leo Ganz bestätigt den Trend, obgleich er betont: „Es sind auch noch Anbieter von Bleispeichern vorhanden und auch sie haben ihre Marktberechtigung.“
Der Systempreis für Photovoltaik-Heimspeicher habe 2015 bei durchschnittlich 1950 Euro pro Kilowattstunde nutzbarer Speicherkapazität gelegen. Die Bandbreite reichte dabei von 1250 bis 2946 Euro pro Kilowattstunde. Für das vergangene Jahr hat das Technikum Wien nun eine weitere Kostenreduktion von 8,55 Prozent ermittelt. Der mittlere Systempreis habe bei 1783 Euro pro Kilowattstunde gelegen – die Bandbreite zwischen 926 und 2742 Euro pro Kilowattstunde. Leonhartsberger verweist jedoch darauf, dass Photovoltaik-Heimspeicher zur Eigenverbrauchsoptimierung aufgrund des eher niedrigen Strompreises von gut 20 Eurocent pro Kilowattstunde für Privathaushalte in Österreich noch nicht wirtschaftlich sind.
Er rechnet vor, dass die Speicherung von einer Kilowattstunde abhängig von der Vollzyklenzahl etwa 40 Eurocent koste. Dies sei statisch gerechnet, also ohne Verzinsung und für 5000 Vollzyklen der Heimspeicher. Das Ergebnis zeige, dass die Speicherung von Solarstrom somit etwa doppelt so teuer sei, wie eine Kilowattstunde Strom aus dem Netz, ohne dass dabei schon die Photovoltaik-Stromgestehungskosten eingerechnet seien. „Selbst mit einer Förderung von etwa 500 Euro pro Kilowattstunde Speicherkapazität liegt der Preis für eine gespeicherte Kilowattstunde noch immer bei 30 Cent und damit über dem Strompreis“, sagt Leonhartsberger.
Die Gründe für die Installation von Photovoltaik-Heimspeichern sind damit weniger Rendite getrieben, sondern eher auf die Erhöhung des eigenen Solarstromverbrauchs und den Autarkiegedanken ausgerichtet. „Ähnlich wie in der Photovoltaik steht hier für die Kunden nicht die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Hier sind eher Eigenversorgung, Ökologie, Unabhängigkeit und ein gewisses Sicherheitsdenken die ausschlaggebenden Gründe für den Kauf eines Speichers“, sagt Thomas Becker. Er sieht in der Kaufentscheidung für Speicher eine der größten Besonderheiten des österreichischen Marktes.
Nach Analysen von DCTI geht die Initiative für die Installation eines Speichers in Österreich stark vom Endkunden aus. „Viele Interessenten machen sich selber schlau. Es läuft weniger aktiv über die Installateure, wenngleich auch diese mittlerweile verstärkt Speicher verkaufen“, sagt Leo Ganz. „Immerhin 85 Prozent der Installateure in Österreich bieten bereits Speicher an oder planen diese ins Portfolio aufzunehmen. Dies ist der höchste Wert nach Deutschland.“
Der heimische Anbieter Fronius habe einen hohen Anteil am österreichischen Speichermarkt. Dabei hat DCTI bei seiner Marktanalyse festgestellt, dass die Installateure sehr auf Fronius vertrauen, die Endkunden dagegen auch offen für andere Marken seien. So haben auch viele namhafte deutsche Heimspeicherhersteller ein Auge auf das Nachbarland und hoffen auf zusätzliche Einnahmen. Leo Ganz verweist darauf, dass in Österreich die Endkunden sehr viel Wert auf einen schnell verfügbaren Service legten. Daher sei es für die deutschen Anbieter – trotz der geografischen und sprachlichen Nähe – durchaus sinnvoll, mit eigenen Niederlassungen oder exklusiven Partnern in Österreich präsent zu sein und den Markt separat zu bearbeiten. „Neben dem Preis und den Garantien spielt in Österreich der Service eine wesentliche Rolle bei der Kaufentscheidung“, sagt Ganz.
Für die weitere Entwicklung des Speichermarktes in Österreich sind vor allem zwei Aspekte entscheidend. Mit steigenden Strompreisen und sinkenden Kosten für Photovoltaik-Heimspeicher dürfte die Nachfrage weiter anziehen. „Der österreichische Speichermarkt entwickelt sich trotz denkbar schlechter Umgebungsbedingungen erstaunlich gut“, so die Einschätzung von Thomas Becker. Der PVA-Vorstand ist auch für die Zukunft optimistisch: „Das erste Quartal 2017 lässt die Erwartung zu, dass es zu einem Wachstum im Speichermarkt kommen wird.“
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Wir sollten das Thema Speicher nicht nur unter dem Blickwinkel Rendite und „Autarkiegrad“ (was eigentlich Nonsense ist, da man genauso wenig ein wenig Schwanger sein kann) betrachten und kommunizieren. Man schafft sich damit auch eine wichtige Rückfallebene, wenn das ganze inselbetriebsfähig gestaltet wird. Sozusagen eine notversorgungsfähige Energiezelle http://www.saurugg.net/energiezellensystem/notversorgungsfaehige-energiezellen. Das wäre auch eine wichtige Eigenschaft für Selbsthilfe-Basen, die gemeinschaftlichen Rückfallebenen (http://www.saurugg.net/wp/wp-content/uploads/2017/04/Selbsthilfe-Basis.pdf), die wir uns gerade im Hinblick auf die steigende Wahrscheinlichkeit für einen europaweiten Strom- und Infrastrukturausfall („Blackout“) http://www.saurugg.net/strom-blackout vorbereiten sollten. Es geht nicht nur um Geld, sondern auch um unsere Sicherheit! Die Kosten für die Netzstabilisierung sind heuer im ersten Halbjahr schon höher, als im gesamte Jahr 2016. Die Frage ist, wie viel das europäische Verbundsystem noch aushält.