Einen ähnlichen Artikel haben wir bereits im März veröffentlicht. Anlässlich des pv magazine awards veröffentlichen wir eine leicht überarbeitete Version:
Die schwarze Haube, die der Mitarbeiter des Instituts für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) über die Module schiebt, sieht derjenigen tragbarer Elektrolumineszenzgeräte sehr ähnlich. Die offene Unterseite passt auf ein Solarmodul und läuft nach oben trichterförmig zusammen. Mit solchen Geräten ziehen Experten in Solaranlagen von Modul zu Modul und untersuchen die Zellen auf Risse.
Solarmodule werden meist mit EVA-Einbettungsfolie über und unter den Zellen verkapselt. Im Feld entstehen in dieser Folie durch die Sonnenstrahlung sogenannte Fluorophore. Diese fluoreszieren unter Bestrahlung mit UV-Licht. Durch die Rückseitenfolie diffundiert Sauerstoff in das Modul, und dort, wo keine Barriere zur vorderen EVA-Folie besteht, reagiert der Sauerstoff mit den Fluorophoren. Dort verschwindet die Fluoreszenz. Das ist zum Beispiel in den Zellzwischenräumen der Fall. Und dort, wo die Zelle Risse hat.
Preis für gute Ideen: In der Junirunde haben drei Einreichungen die Juroren überzeugt.
Seit der letzten Runde im März bewarben sich neun Unternehmen. Zwei Bewerbungen haben die Juroren Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, und Hans Urban, Berater im Auftrag der Schletter Gruppe, in dieser Runde besonders überzeugt.
ISFH – Risse mobil mit Fluoreszenz finden
Das ISFH hat ein Gerät entwickelt, mit dem es in Solarkraftwerken 200 Module pro Stunde auf Mikrocracks untersuchen kann, also schneller als mit anderen Methoden. Das Gerät misst die Fluoreszenz des Moduls, und diese lässt sogar erkennen, ob ein Riss jünger als acht Wochen ist – das ist zum Beispiel für Versicherungen von großem Interesse. Es hat nach Ansicht der Juroren den pv magazine award in der Kategorie „top innovation“ verdient.
Mehr Informationen zu den Kriterien, zu den bisherigen Preisträgern, zu den Juroren und alles Nötige, falls Sie sich bewerben wollen, finden Sie hier.
Der nächste Einsendeschluss ist am 21. August
Hagelschäden untersuchen
„Wir haben vor sechs Jahren damit begonnen, diesen Effekt zu nutzen, um Mikrorisse zu finden“, sagt Marc Köntges. Er leitet am ISFH die Abteilung Module. Anfangs war die Schwarzlichtlampe, mit der sie die Module beleuchteten, so groß wie ein Schrank und nur für das Labor geeignet. 2013, erinnert sich Köntges, hat es in Stuttgart Hagelkörner mit bis zu 14 Zentimeter Durchmesser gehagelt. Wo der eine Gutachter den Hagel als Ursache für Mikrorisse erkannt hat, habe der andere diese Ursache nicht gesehen. Da davon abhängt, ob der Schaden von der Versicherung gedeckt wird, haben die ISFH-Mitarbeiter Module im Labor mit der Fluoreszenzmethode gemessen. „Wir konnten damit zeigen, welche Risse jünger als acht Wochen sind“, sagt Köntges.
Aufnahmen: ISFH
Elektrolumineszenz- (oben) und Fluoreszenzaufnahme (unten) desselben Moduls. Oben nach vier Jahren Freifeldbewitterung, unten nach zusätzlicher gezielter Beschädigung von Zellen und anschließender 70 Tage dauernder Freifeldbewitterung. Die neueren Risse weisen im Fluoreszenzbild eine nur abgeschwächte Fluoreszenzintensität auf. Daran lässt sich erkennen, dass die Risse jung sind und erst in den vorhergehenden acht Wochen entstanden sind. Im Elektrolumineszenzbild unten links sind die neuen Risse klar erkennbar und nicht von den vorher schon bestehenden Rissen im Bild oben links zu unterscheiden.
Die Altersbestimmung ist ein Alleinstellungsmerkmal der Methode: Entsteht beispielsweise nach einem Hageleinschlag ein neuer Mikroriss, diffundiert der Sauerstoff durch die Rückseitenfolie in das EVA und löscht die Fluoreszenz aus. Dieser Prozess dauert einige Wochen. Daher können die Forscher anhand des Bildes bis zu acht Wochen lang auf das Alter der Risse rückschließen.
5. Quality Roundtable am 2. Tag auf der Intersolar
Zu folgenden Fällen können Sie Ansprechpartner auf dem Roundtable treffen:
Hoffen auf ein blaues Auge
Regen in Dosen
Den vollen Vorteil der Methode können Köntges und sein Team aber erst jetzt ausspielen, wo es transportierbar geworden ist. „Die Schwierigkeit war, ein geeignetes Leuchtmitel zu finden, das klein genug ist und im richtigen Wellenlängenbereich hell genug strahlt“, sagt er.
Mit dem FLOIS, das steht für „Fluoreszenz Outdoor Inspektions System“, kann das ISFH jetzt Module im Feld untersuchen. In der schwarzen Haube befinden sich LEDs, die das Modul mit UV-Licht beleuchten, und eine Kamera, die das Fluoreszenzbild aufnimmt. Das geht tagsüber und laut ISFH viel schneller, als man es sich vorstellen kann. Pro Stunde soll es möglich sein, 200 Module zu untersuchen, das sind circa drei pro Minute oder 18 Sekunden pro Modul. Die eigentliche Aufnahme geht schnell, die Zeit wird für das Verschieben der Messhaube benötigt. Köntges hat diese Untersuchungsrate mit der Stoppuhr nachgemessen. „Die Mitarbeiter kommen ganz schön ins Schwitzen“, gibt er zu.
Vergleich mit anderen Methoden
Im Gegensatz dazu funktioniert die Outdoor-Elektrolumineszenz, für die das Gerät im Übrigen auch benutzt werden kann, nur nachts. Tagsüber stört das Sonnenlicht. Außerdem erfordert Elektrolumineszenz mehr Aufwand, da die Module kontaktiert und unter Spannung gesetzt werden müssen. Die Spannung führt dazu, dass die Zelle rückwärts betrieben wird. Statt Strom aus Licht erzeugt sie Licht aus Strom. Dort, wo sie nicht leuchtet, ist sie geschädigt. Dadurch fallen in der Elektrolumineszenz die Mikrorisse ebenfalls auf. Das Alter der Risse lässt sich aber nicht bestimmen.
In dem Fluoreszenzbild lässt sich sogar erkennen, wenn Zellen oder Zellteile nicht mehr aktiv sind. Es entstehen umso mehr Fluorophore, je wärmer das EVA ist. Nicht oder weniger aktive Zellen sind wärmer, weshalb sie ja auch in Thermografiebildern auffallen. In den Fluoreszenzbildern leuchten sie auch heller als die voll funktionsfähigen Zellen. Dadurch lassen sich beispielsweise auch Hotspots erkennen.
Claudia Buerhop, Thermografiepionierin vom ZAE Bayern, überzeugt an der neuen Methode die Möglichkeit, das Alter zu bestimmen. Sie sieht es nicht in Konkurrenz zur Thermografie. Diese würde erlauben, auch die Leistungseinbußen zu bestimmen, und sei auch für Dachanlagen geeignet, für die die Elektrolumineszenz oder Fluoreszenzmessung nicht geeignet seien.
Das ISFH bietet die Untersuchung zunächst als Dienstleistung für Serviceunternehmen an, die die Wartung der Anlagen für Betreiber wahrnehmen. In den acht Wochen, die sie nach einem Hagelschlag Zeit haben, können sie bei ungefähr 14 Megawatt untersuchen, ob Mikrorisse aufgetreten sind und ob es sich dabei um einen Garantiefall handelt.
Die Jury des pv magazine awards hat die Methode überzeugt. Marc Köntges und sein Team gewinnen damit den pv magazine award in der Kategorie „top innovation“.
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