Die Varta AG will in den nächsten Jahren weiterhin im zweistelligen Bereich beim Umsatz zulegen und das mit organischen Wachstum. Das erklärte CEO Herbert Schein in einem Gespräch mit pv magazine. Die Voraussetzung dafür sei die letzte Umstrukturierung, bei der die beiden heutigen operativen Gesellschaften Varta Microbattery GmbH und Varta Storage GmbH Teil der Aktiengesellschaft wurden. Das Unternehmen sei bereits in den letzten Jahren um über zehn Prozent jährlich gewachsen. Schein hat das Ziel, auch durch strategische Akquisitionen in Zukunft das Wachstum zu beschleunigen.
„Durch diese Unternehmensstruktur haben wir uns für die Börsennotierung aufgestellt“, sagt Herbert Schein. Ein für Herbst 2016 geplanter Börsengang war allerdings verschoben worden, weil das Jahresende nicht die richtige Zeit gewesen sei. Das Wachstum sollen jetzt auch die stationären Energiespeicher beschleunigen, die Varta Storage anbietet. Für die Intersolar Europe sind neue Produkte angekündigt, die die Experten des Unternehmens im pv magazine-Webinar am 18. Mai zur Diskussion stellen werden (Mehr Informationen und kostenfreie Anmeldung)
Hidden Champion auf neuen Wegen
Wahrscheinlich ist Varta einer der berühmtesten Hidden Champions aus Deutschland, also ein mittelständisches Unternehmen, das auf einem Gebiet weltweit führend ist und gegen große internationale Konzerne besteht. Während immer wieder lamentiert wird, dass Batteriezellen nicht hierzulande gefertigt werden könnten, ist Varta Microbattery bei Mikrozellen für Hörgeräte nach eigener Aussage Weltmarktführer. Pro Tag verlassen zwischen 3 und 4 Millionen dafür geeigneter kleiner Batteriezellen das Werk in Ellwangen. Sie werden in diversen Geräten des Alltags eingesetzt, in denen ein regelmäßiger Austausch kostspielig wäre. „Zum Beispiel werden in den Messgeräten, die in vielen Mietwohnungen die Wärmeabgabe der Heizkörper für die Abrechnung messen, unsere Batterien eingesetzt“, sagt Schein. „Sie müssen erst nach 10 bis 15 Jahre ausgetauscht werden.“
Trotz der enormen Stückzahlen und des hohen Marktanteils richtet Schein seinen Blick zunehmend auf die wieder aufladbaren Lithium-Ionen-Batterien. Der Geschäftsführer sieht für sein Unternehmen als Marktlücke die Lithium-Ionen-Batterien, die für eine „ganz neue Welt an Geräten“ nötig sind. Das Marktwachstum sei bei den „Hearables und Wearables“ besonders steil. Das sind etwa Uhren, Fitness-Armbänder, Gesundheits-Tracker, Tennisschläger, Babyphones oder Golfschläger.
Auch in diesem Batteriesegment habe Varta Microbattery, so Schein, bereits die Innovationsführerschaft und einen beachtlichen Anteil am Weltmarkt. Es sind kleine maßgeschneiderte Akkus, die sich dadurch von den Standard-Akkus unterscheiden, dass sie besondere geometrische Formen haben. Dass das Unternehmen damit erfolgreich ist, zeigt sich Schein zufolge auch daran, dass er seine Produkte auch an die asiatischen Hersteller der neuen Geräte verkauft. „Headsets sind zum Beispiel ein Produkt, in dem Sie oft Varta- Mikrobatterien finden“, sagt Schein. Letztes Jahr hätten seine Fabriken bereits Lithium-Ionen Zellen im zweistelligen Millionenbereich produziert. Nächstes Jahr soll es die doppelte Menge sein. Schein hat das Ziel, auch in diesem Premium Segment Volumen-Marktführer zu werden.
Batteriefertigung in Deutschland
Während im Zusammenhang mit stationären Energiespeichern und solchen für das Elektroauto immer wieder lamentiert wird, dass die Batteriezellen nicht hierzulande gefertigt werden könnten, kommen diese Lithium-Ionen-Batterien alle aus dem Werk in Ellwangen. „Wir haben das Know-how für die Elektrochemie und für die Massenfertigung“, sagt Schein. Das Unternehmen würde sogar die Maschinen für die kritischen Produktionsschritte selbst fertigen. „Weil wir sie selbst fertigen, können die Wettbewerber sie nicht kaufen“, sagt Schein.
Das Know-how im Mikrobatteriebereich soll nun das Wachstum in der Varta Storage befeuern . So sollen zum einen auch ganze Batteriesysteme für Bohrmaschinen, Staubsauger und andere schnurlose Heim-und-Garten-Geräte gefertigt werden. Ebenso für Medizingeräte oder das Segment „Robotics“. Unter dieses Stichwort fallen auch Pflegeroboter. Die Batterie ist für diese „Power Tools“ nicht irgendein Bauteil, sondern „die strategische Komponente, die die Leistungsfähigkeit der Geräte maßgeblich bestimmt“, sagt Schein. Die Wachstumschancen seien riesig. „Kein Gerät wird mehr ein Kabel haben“, sagt er.
Auch stationäre Batteriespeicher im Blick
Herbert Schein hat mit der Varta Storage auch das Segment der stationären Batteriespeicher im Blick. Bei den stationären Systemen hat die Batteriezelle jedoch nicht den außerordentlichen strategischen Wert wie in den Bohrmaschinen, Medizingeräten und Robotern, so Schein. Über Erfolg und Mißerfolg entscheide bei den stationären Energiespeichern am Ende die Systemintegration.
Die Varta-Experten projektieren daher größere Geräte selbst, bei den Heimspeichersystemen gibt es die bekannten Produkte (siehe pv magazine Heimspeicherübersicht). Die Fertigung des Gesamtsystems findet am Standort Nördlingen in Deutschland statt, so Schein. Er ist sich sicher, dass das Know-how aus der Batteriezellenfertigung bei dem Systemdesign hilft. Zum Beispiel, um eine lange Lebensdauer und eine hohe Sicherheit zu erreichen.
Angesprochen darauf, ob bald auch die Batteriezellen für stationäre Energiespeicher in Deutschland gefertigt werden könnten, hält er sich bedeckt. Es ist bekannt, dass das Unternehmen in einem Forschungsprojekt gemeinsam mit Volkswagen an solchen Technologien geforscht hat. Bei aller Zurückhaltung hält Schein eine wettbewerbsfähige Batteriezellenfertigung hierzulande aber für möglich. „Mich würde es nicht wundern, wenn die Batterie im Elektroauto genauso die bestimmende Komponente wird wie sie es im Segment Mikrobatterien schon ist“, sagt Schein.
Wer auch immer in die Batteriezellenfertigung einsteige, müsse groß genug planen, um die Skalierungseffekte mitzunehmen. Dass es Technologiesprünge geben könne, die eine Fertigung entwerten, ist für ihn kein Gegenargument. Zunächst verlaufe die technologische Entwicklung evolutionär. Derzeit steige die Energiedichte, im letzten Jahr um 20 Prozent, bis 2018 werde sie noch einmal um 30 Prozent nach oben gehen. Und falls es dann doch einmal zu den im Branchenjargon „Post-Lithium“ genannten Technologien komme, sei auch das Know-how zur Massenfertigung mit Lithium ein Vorteil.
Die heutige Varta AG
Die Varta AG von heute ist nicht mehr das Unternehmen von einst. Zuerst wurden die Bereiche für, Autobatterien und nicht aufladbare Consumer-Batterien verkauft, danach auch der Bereich Mikrobatterien. Der Käufer des Mikrobatterien-Bereichs, die österreichische Gruppe Montana Tech Components, hat diesen Teil als „Varta Microbattery GmbH“ weitergeführt. Vor fünf Jahren die stationären Energiespeicher als „VARTA Storage GmbH“ ausgegliedert. Beide Gesellschaften sind im letzten Jahr als Tochterfirmen in die Dachgesellschaft, die Varta AG, integriert worden; Diese wird von Herbert Schein geführt.
Vom Markennamen Varta darf man sich nicht verwirren lassen. Außer den Mikrobatterien und Speichersystemen tragen ihn auch die nicht aufladbaren Batterien im Consumerbereich und die Autobatterien. Mit diesen hat die heutige Varta AG mit Sitz in Ellwangen aber nichts mehr zu tun.
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