Zweiklassengesellschaft

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Nach dem teilweise massiven Modulpreisverfall der letzten Monate sind die Preise über alle Herkunftsregionen und Technologien etwas zur Ruhe gekommen. Aufgrund der Anfang März sprunghaft gestiegenen Nachfrage führen vereinzelt auftretende Lieferengpässe sogar schon wieder zu einem Preisanstieg, zumindest für kurzfristig verfügbare Module von Tier-1-Herstellern. Lieferzeiten von ein bis zwei Monaten für höhere Leistungsklassen über 265 Wp sind momentan keine Seltenheit. Zurücklehnen kann sich nur, wer vorgesorgt hat und rechtzeitig eine Liefervereinbarung mit dem Hersteller seines Vertrauens  eingegangen ist. Alle kurzfristig Planenden müssen warten oder auf frei werdende Kontingente hoffen.

Wer denkt, er könne stattdessen auf monokristalline Module der unteren Effizienzklassen umsteigen, der wird enttäuscht werden. Hier stimmt weder das Angebot, noch der Preis. Abgesehen davon, dass kaum noch monokristalline Module unter 270 Wattpeak den Weg auf den europäischen Markt finden, beträgt die Preisspanne zur multikristallinen Variante gleicher Leistung zwischen 4 und 8 Eurocent pro Wattpeak, was bei den aktuellen Preisen 10 bis 20 Prozent ausmacht. Diesen Mehrpreis zu berappen, ist wohl kaum noch jemand bereit. Etwas entspannter ist die Versorgungssituation momentan nur bei polykristallinen Modulen bis oder unter 265 Wattpeak, insbesondere die Produkte der weniger bekannten Marken.

Noch vor ein bis zwei Jahren war die Nachfrage nach monokristallinen Modulen auch für größere, gewerbliche Photovoltaik-Anlagen durchaus bemerkenswert. Einige, vor allem chinesische Hersteller lieferten nur diesen Zelltyp aus, denn die Bereitschaft der Kunden, für die Monovariante einen Preis  oberhalb des Mindestimportpreises von 53 bis 56 Eurocent pro Wattpeak zu bezahlen, war vorhanden. Allerdings lag der Preis für polykristalline Module der renommierteren Hersteller damals nur knapp darunter. Seit jedoch der Preisverfall Mitte letzten Jahres eingesetzt hat, klafft die Preisschere immer weiter auseinander. Die Modulherstellungskosten, immer noch dominiert von den Zellpreisen, sind nicht in gleichem Maße zu senken, so dass Monomodule im wiederaufkeimenden Volumenmarkt kaum noch konkurrenzfähig sind.

Interessant bleibt diese Modulvariante nur in Leistungsklassen, die von polykristallinen Produkten noch nicht erreicht werden. Dieser Bereich wird mittlerweile von der PERC-Technologie dominiert, mit der Modulleistungen von über 300 Wattpeak in einem Standardmodul mit 60 Zellen kein Problem mehr darstellen. Auch durch die Erhöhung der Zahl der Zellverbinder von drei auf vier, fünf oder mehr Busbars, sowie mit anderer Halbleiterdotierung oder Heterojunction-Technologie lassen sich die Zell- und damit die Modulleistungen erhöhen. Der Preiskampf mit den immer billiger werdenden polykristallinen Produkten lässt sich aber (noch) nicht gewinnen. So bedienen Hochleistungsmodule zunehmend eine Marktnische, in der aufgrund von Platzmangel oder optischer Vorgaben speziell diese hochgezüchteten Produkte gefragt sind. Der Massenmarkt, insbesondere das Projektgeschäft, bleibt in zunehmendem Maße den preiswerten polykristallinen Modulen überlassen.

Mit Poly-PERC beschäftigen sich zwar bereits zahlreiche Hersteller, doch an die Serienproduktion wagt sich momentan kaum einer heran. Auf dem europäischen Markt sind derartige Produkte nur von wenigen Anbietern verfügbar, darunter Hanwha Q-Cells und REC Solar. Viele Hersteller arbeiten noch fieberhaft daran, die mechanische Haltbarkeit, aber auch die Leistungsstabilität zu verbessern, denn hier gibt es noch Probleme. Es sind Fälle bekannt, bei denen die anfänglich überdurchschnittliche Leistung der polykristallinen Module nach Auslieferung innerhalb weniger Monate um bis zu 10 Prozent auf dann sehr durchschnittliche Werte gefallen sind. Die daraus entstehende Reklamationswelle will kein Hersteller über sich ergehen lassen, so dass der Markt für Hochleistungsmodule bis auf Weiteres wohl von monokristallinen Modulen dominiert wird.

Solarworld kündigte kürzlich erst an, sein Produktangebot für polykristalline Module schrittweise zu reduzieren, um sich gänzlich auf monokristalline Hochleistungsmodule zu spezialisieren. Schon jetzt bietet der Hersteller eine umfangreiche Palette an Standardmodulen, Glas-Glas- und bifacialen Modulen mit monokristalliner PERC-Zelle an. Damit wird sich dieser Hersteller, wie auch andere, die ihm auf diesem Wege folgen werden,  wohl mittelfristig vom Massenmarkt weg in eine Nische bewegen. Ob diese Nische groß genug ist, viele unterschiedliche, in erster Linie europäische, japanische und koreanische Hersteller zu beherbergen, ist zu bezweifeln. Neue ganzheitlichere Produktkonzepte sind hier gefragt, doch die sucht man aktuell noch mit der Lupe.

Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im März 2017 inklusive der Veränderungen zum Vormonat:

pvXchange_Modulpreisindex_neu_April2017

ModulklassePreis (€/Wp)Veränderung
ggü. Vormonat
Beschreibung
High Efficiency0,53– 1,9 %Kristalline Module ab 280 Wp, mit Cello-, PERC-, HIT-, N-Type- oder Rückseitenkontakt-Zellen oder Kombinationen daraus
All Black0,52+ 2,0 %Modultypen mit schwarzer Rückseitenfolie, schwarzem Rahmen und einer Nennleistung  zwischen 200 Wp und 275 Wp
Mainstream0,42 0,0 %Module mit üblicherweise 60-Zellen, Standard-Alurahmen, weißer Rückseitenfolie und 250 bis 275 Wp, repräsentieren den Großteil der Module im Markt
Low Cost0,26– 10,3 %Minderleistungsmodule, B-Ware, Insolvenzware, Gebrauchtmodule (kristallin), Produkte mit eingeschränkter oder ohne Garantie

(Die dargestellten Preise geben die durchschnittlichen Angebotspreise für verzollte Ware auf dem europäischen Spotmarkt wieder.)

— Der Autor Martin Schachinger beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Photovoltaik und Regenerativen Energien im Allgemeinen. Er ist innerhalb der Photovoltaik-Branche bestens vernetzt, was nicht zuletzt auf sein kontinuierliches Engagement für die internationale Online-Handelsplattform für Solarkomponenten www.pvXchange.com zurückzuführen ist, welche er 2004 zusammen mit zwei Partnern ins Leben rief. Dort wird ein breites Spektrum an Markenprodukten, Neu- und Gebrauchtware mit unterschiedlichsten Spezifikationen angeboten. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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