„Wir mussten Entscheidungen in dieser Legislaturperiode treffen, die das gesamtgesellschaftliche Interesse bei der Energiewende in den Mittelpunkt stellen und nicht nur Einzelinteressen optimieren.“ Dies sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Eröffnung der 24. Handelsblatt-Jahrestagung Energiewirtschaft 2017 am Dienstag in Berlin. Er versuchte nochmal für Verständnis für seine Entscheidungen in den vergangenen vier Jahren zu werben. Als er sein Amt 2013 angetreten habe, habe die Energiewende darunter gelitten, dass sich viele Stränge „hochzahlig nebeneinander her gedreht“ hätten, die aber kein kraftvolles Getriebe ergeben hätten.
Daher habe es 2014 eine EEG-Reform gegeben, die den Anstieg der Strompreise abgebremst habe. 2015 sei dann das Strommarktgesetz angepackt worden. Mit dem EEG 2017 schließlich die Umstellung auf Ausschreibungen gelungen, sagte Gabriel. Er verwies darauf, dass dies ein Erfolg sei, wie man an den sinkenden Preisen sehe. „Die Kassandra-Rufe haben sich als das herausgestellt, was sie sind. Rufe von Lobbyisten. Der Ausbau der Erneuerbaren ist nicht ausgebremst, zumindest nicht bei der Windkraft“, sagte Gabriel weiter. Der Photovoltaik-Zubau war im vergangenen Jahr allerdings weiter rückläufig. Die endgültigen Zahlen wird die Bundesnetzagentur in der kommenden Woche veröffentlichen.
Nach seiner Einschätzung hat Gabriel im vergangenen Jahr mit der KWK-Regelung und dem Digitalisierungsgesetz weitere Bausteine für die Energiewende vorangetrieben. Für die kommenden Monate stehe noch der Grünbuchprozess für die Sektorenkopplung an. Dann könnte auch mehr Strom aus erneuerbaren Energien gebraucht werden, der allerdings nicht über die EEG-Umlage finanziert werden dürfe, so Gabriel weiter.
Auch bei den Redispatchkosten gebe es noch Handlungsbedarf. Diese liefen derzeit auf vier Milliarden Euro jährlich zu, was Gabriel als „unvertretbaren Brocken“ bezeichnete. Bei den Netzausbau- und –entgeltkosten, die regional stark auseinander liefen, gebe es derzeit Gespräche mit den Bundesländern, um Lösungen für eine gerechtere Verteilung zu finden. Gabriel wies zudem zurück, dass durch die Energiewende die Netzausbaukosten sinken würden. „Es gibt keine vermiedenen Netzentgelte durch Erneuerbare“, sagte er.
„Wir wollten die Energiewende aus einem Guss. Es kommt darauf an, dass man erneuerbare Energien systematisch ausbaut. Damit sind wir sehr weit vorangekommen“, so Gabriel weiter. „Wir haben viel geschafft und nicht nur Beifall dafür bekommen. Aber das ist bei der Vielzahl der Interessen und mit Blick auf die Kosten – etwa die 24 Milliarden Euro bei der EEG-Umlage – klar.“ Zur aus der CDU angestoßenen Diskussion über einen möglichen Ausstieg aus dem EEG bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode kündigte Gabriel zumindest weitere Reformen an. „Alles was in Richtung Markt geht, finde ich richtig. In der Tat kann das EEG in seiner jetzigen Strukturen nicht die Lasten der Sektorenkopplung tragen. Deswegen werden wir das EEG in der nächsten Legislaturperiode wieder anpacken“, erklärte der Bundeswirtschaftsminister. Er warb zugleich für verstärkte Anstrengungen im Batteriebereich. „Es muss unser Interesse sein, die nächste Generation von Batterien nicht nur hier zu entwickeln, sondern auch zu produzieren.“
Nach seiner Rede wurde Gabriel nach seiner Position im Photovoltaik-Handelsstreit gefragt. In dieser Woche kommen die EU-Mitgliedsstaaten zusammen, um sich zur vorläufigen Entscheidung der EU-Kommission, die eine Verlängerung der laufenden Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen gegen die chinesischen Photovoltaik-Hersteller ausgesprochen hat, zu positionieren. Gabriel verwies zunächst darauf, dass er die handelspolitischen Maßnahmen in den vergangenen Jahren gestärkt habe. Ob die Bundesregierung in der Runde der EU-Länder für oder gegen die Importzölle für die chinesischen Unternehmen stimmen wird, ließ er unbeantwortet. Er plädierte aber für einen fairen Wettbewerb am Markt.
Gabriel forderte von China mehr Offenheit. Mit Blick auf die laufende Debatte über einen möglichen Marktwirtschaftsstatus Chinas erklärte er: „Es ist klar, dass China nicht von heute auf morgen eine offene Volkswirtschaft wird.“ Das Land dürfe sich aber auch nicht weiter verschließen. „China kann nicht Marktwirtschaftsstatus beanspruchen, sich aber selbst abschotten“, so Gabriel weiter. Zugleich müsse Deutschland auch mehr Selbstbewusstsein im internationalen Umfeld an den Tag legen. „Wir dürfen uns nicht kleinmachen, sonst werden wir auch so wahrgenommen.“ (Sandra Enkhardt)
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