pv magazine: Dieses Jahr findet die Jahrestagung der deutschen und österreichischen Solarinitiativen in Regensburg statt. Warum ist dies ein guter Ort für das Treffen?
Wolfgang Wegmann (Foto): Regensburg ist umgeben von Hochburgen für Photovoltaik und Elektromobilität, sitzt aber auch inmitten des größten Bollwerks gegen die Windenergienutzung, mit der immer noch gültigen bayerischen 10-H-Abstandsregelung. Stadt und Landkreis realisieren mittlerweile etliche vorzeigbare Energiewende-Projekte. Mit der ostbayerischen technischen Hochschule, der OTH Regensburg, mit Ihrem Lehrstuhl für Erneuerbare Energien, haben wir einen wichtigen Ort, an dem das Wissen vermittelt wird um die Pariser Klimaschutzverträge COP21 mit dieser Ingenieursgeneration auch umzusetzen. Regensburg ist zudem ein wichtiges Technologiezentrum für Stromnetze. Die Maschinenfabrik Reinhausen etwa produziert als Weltmarktführer den intelligenten Stufenschalter, das Herzstück regelbarer Ortsnetztrafos, und schafft damit beste Voraussetzungen für einen deutlich kostengünstigeren Netzausbau.
Welche lokalen Möglichkeiten sehen sie, wie Kommunen die Energiewende voranbringen können?
Das ist ein riesiger Blumenstrauß, der zusammenzustellen ist. Das fängt beim Betrieb der Schulen und der Lehrerfortbildung an, geht über die 70 Prozent Stromeinsparung bei der Straßenbeleuchtung bis hin zu einem emissionsfreien eigenen Fuhrpark, besonders beim öffentlichen Nahverkehr und der Fahrradinfrastruktur. Gut ausgestattete lokale Energieagenturen, denen auch politisches Gewicht eingeräumt wird, gehören ebenso dazu, wie handlungsstarke kommunale Klimamanager, die als Stabsstelle in den Kommunen weisungsbefugt sind und anspruchsvolle CO2-Vermeidungsziele zur Aufgabe haben. In Regensburg Stadt und Land hat sich hier in den beiden vergangenen Jahren einiges getan und zur Konferenz werden die ersten fünf Elektrobusse ihren Betrieb aufnehmen.
Lassen sich solche Vorbilder auch problemlos auf andere Kommunen übertragen?
Ja, das ist genau die Qualität dieser Tagung. Manche Orte sind heute schon klimaneutral. Die Teilnehmer zeigen stolz ihre Konzepte auf. Und die jeweiligen Stärken sind sehr unterschiedlich. Verkehrsverlagerung auf Rad, Bahn und Carsharing; Nahwärmesysteme auf Basis erneuerbare Energien oder Bürgergenossenschaften, die den Bewohnern zukunftsfähige Geldanlagen bieten. Wohnbaugenossenschaften samt Mieterstrom, BHKW und Mehrgenerationen-Wohnen gehören auch dazu. Oder wie kürzlich von der Stadt realisiert, öffentliche Gebäude die ihren Wärmebedarf aus der Restwärme der Abwasserkanäle beziehen.
Auch österreichische Initiativen sind auf ihrem Treffen vertreten. In welchen Bereichen könnten sich deutsche Kommunen vom österreichischen Vorgehen noch eine Scheibe abschneiden?
Da gilt Ähnliches. Beeindruckend ist oft die dortige Herangehensweise. Wie packt man als Bürgergruppe ein Projekt an? Wie begeistert man Bürgermeister und gewählte Vertreter dafür? Österreich hat gerade in der Wärmewende nicht nur Impulse gesetzt, sondern sich auch international einen angesehenen Wirtschaftsstandort aufgebaut. Bei der Elektromobilität zeigen die Österreicher ebenfalls, wie man im wahrsten Sinne zügig vorankommt. Das spornt an. Umgekehrt sind die Erfahrung von Bürger-Solarstrom gern ein Thema für die Österreicher.
Auch eine hochkarätige Podiumsdiskussion steht auf dem Programm. Was war hier ihre Zielsetzung?
Natürlich, wir haben in diesem Jahr Wahlen und wollen entsprechend Mitglieder des deutschen Bundestages zu Wort kommen lassen, die am EEG 2016/17 beteiligt waren. Welche Rezepte haben sie für die Umsetzung der Pariser Klimaschutzverträge? Aber auch Bildung und Wirtschaft kommen mit ihren Konzepten zum Tragen. Da sich auch der Papst mit seiner Enzyklika „Laudatio Si“ eindeutig für einen raschen Klimaschutz ausspricht und hier im Besonderen die Umweltorganisationen hervorhebt, sehen wir dies als wichtigen Baustein, ganz neue Bevölkerungsgruppen für die Energiewende zu gewinnen.
Die Energiewende ist zwar weitgehend positiv in Deutschland besetzt, dennoch gibt es auch immer wieder Gegenwind für Photovoltaik, Windkraft und Co. Auch das wird Thema auf ihrer Jahrestagung sein. Was wollen Sie damit erreichen?
Ja, das stimmt. Wir wollen beim Kongress aufzeigen, dass die fossile Energiewirtschaft längst große Summen für Kampagnen einsetzt, um die Bürgerenergiewende möglichst weit hinaus zu zögern. Mit Tina Ternus und Daniel Häfner konnten wir zwei Referenten gewinnen, die aufzeigen wie Kampagnen gegen Bürger-Photovoltaik und Windkraft lanciert wurden. Damit ist ein Aufruf an die teilnehmenden Initiativen verbunden, sich professionell und sehr aktiv aufzustellen. Es steht für die fossile Energiewirtschaft einiges auf dem Spiel und es eröffnet gleichzeitig große Potenziale für die Bürger, ihre Stadtwerke und die Energiegenossenschaften.
Die Fragen stellte Sandra Enkhardt.
Das vollständige Programm sowie den Link zur Anmeldung für die ABSI-Tagung am 3. und 4. Februar in Regensburg finden siehier. Der Anmeldeschluss für die ABSI-Tagung 2017 war am 15. Januar. Für die Leser des pv magazine ist er um zehn Tage bis zum 25. Januar verlängert worden.
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