25 Kilogramm schwerer 13 Millimeter dicker Aluminiumguß – nur so ist man auf der sicheren Seite? Olaf Wollersheim, Co-Geschäftsführer des Technologiezentrums Solarwatt Innovation, ist davon überzeug, dass diese Sicherheitsvorkehrungen nötig sind.
Zum Thema Sicherheit kam er am Karlsruher Institut für Technologie, wo er bis zu seinem Wechsel zu Solarwatt unter anderem an den Sicherheitstests gearbeitet hat, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Institute, Industrie und Verbände den Sicherheitsleitfaden entwickelt haben.
Im pv magazine Webinar mit Initiativpartner Solarwatt am 23. November erläuterte er, welche Konsequenzen Hersteller aus den Testergebnissen ziehen mussten, wie man den Sicherheitsleitfaden umsetzen sollte und welche Fragen Installateure ihren Lieferanten stellen können, um Vertrauen zu gewinnen. Jetzt hat er die Fragen, für die im Webinar keine Zeit mehr war, beantwortet.
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->Videomitschnitt des pv magazine Webinars mit Initiativpartner Solarwatt zum Nachsehen
Antworten auf Teilnehmerfragen zur Normung und zum Sicherheitsleitfaden
Wie viele Speichersysteme erfüllen den Leitfaden für Li-Ionen-Speicher komplett?
pv magazine: Nach den derzeitigen Einträgen in die pv magazine Produktübersicht Batteriespeicher haben nur 5 Prozent ein externes Zertifikat, dass sie den Leitfaden erfüllen. 51 Prozent geben per Eigenerklärung an, dass sie ihn erfüllen.
Was kostet eine externe Zertifizierungen ungefähr und sind diese Kosten für Hersteller vertretbar?
Solarwatt: Für eine vollständige Zertifizierung des Gesamtsystems aus Umrichter, Batterie und Steuerung nach dem Sicherheitsleitfaden können sich die externen Gesamtkosten durchaus auf mindestens 50.000 Euro belaufen. Da Sicherheit aus unserer Sicht nicht verhandelbar ist, ist es für den Hersteller unumgänglich, diese Kosten zu investieren.
Welche Konsequenzen hat es für den Hersteller, den Sicherheitsleitfaden nicht extern durchzuführen?
Solarwatt: Die Entscheidung, die Anforderungen des Sicherheitsleitfadens zu durchlaufen, ist grundsätzlich begrüßenswert. Sie ist aber nur ein erster Schritt. Das Höchstmaß an Transparenz garantiert unserer Ansicht nach aber eine externe Prüfung. Es ist ein Zeichen der Glaubwürdigkeit an den Kunden, wenn die Einhaltung des Leitfadens durch eine dritte Instanz nachvollzogen und bestätigt wird. Eine Eigenerklärung allein kann dies nicht leisten.
Warum wird ein eigener Sicherheitsleitfaden entwickelt und nicht versucht, internationale Normen wie zum Beispiel die IEC62633 -Reihe rasch voran zu treiben, um hier eine internationalen Standard zu schaffen?
Solarwatt: Der Sicherheitsleitfaden war nur ein erster Schritt, um eine Normungslücke zu füllen. Währenddessen gibt es natürlich bereits Vorstöße, schnellstmöglich verbindliche Standards zu schaffen. Ein Normungsprozess ist jedoch zahlreichen Abstimmungen unterworfen, denn eine Norm stellt einen wissenschaftlich anerkannten Konsens dar. Alle relevanten Akteure sind an der Erarbeitung dieser Norm beteiligt und in die inhaltliche Diskussion einbezogen.
In welchen Aspekten hat die Industrie auf Grund der Empfehlungen des Leitfadens am meisten nachgebessert und auf welchen Feldern besteht noch Nachholbedarf?
Solarwatt: Nachholbedarf besteht fast immer im Verständnis der Elektrochemie und hier speziell der sicherheitsrelevanten Eigenarten von Li-Ionenzellen. Daraus lassen sich Maßnahmen für fast alle die Lithium-Ionenbatterie betreffende Felder (unter anderem Zellauswahl, -überwachung, sichere Trennung im Fehlerfall) ableiten.
Viele Hersteller haben oder hatten die im Leitfaden zusammengefassten Informationen schon konsequent genug umgesetzt. Einige besserten jedoch nur unzureichend oder noch gar nicht nach und haben hier entsprechend Nachholbedarf.
Aktuell in Arbeit ist das Thema einheitliche Wirkungsgradmessungen relevant. Damit soll es künftig möglich sein, die Herstelleraussagen zu validieren und Kunden eine Entscheidungshilfe zu bieten.
Antworten auf allgemeine Teilnehmerfragen zur Sicherheit
Solarwatt hat dargelegt, dass Batterien in einem engen Betriebsfenster betrieben werden müssen, damit keine Sicherheitsrisiken bestehen. Gibt es eine ideale Temperatur, bei der die Lithium-Ionen-Batterien betrieben werden sollten?
Solarwatt: Der exakte Temperaturbereich, in dem eine Lithium-Zelle mit geringsten Alterungseffekten und niedrigstem Innenwiderstand arbeitet, ist für jeden Zelltyp einzeln zu bestimmen. Als grobe Faustregel kann man sich merken, dass Lithium-Ionen-Zellen es ungefähr genauso warm mögen wie Menschen. In einem Fenster von 20-30 °C ist für die meisten Zellen ein optimaler Betrieb gegeben.
Ist die untere Spannungsgrenze tatsächlich so streng zu sehen oder sind die Effekte auch im Betriebsfenster zu sehen, nur dass die Reaktionen langsamer ablaufen?
Solarwatt: Elektrochemische Reaktionen setzen bei definierten Potenzialdifferenzen (=elektrischen Spannungen) ein. Ab dem Augenblick, in dem die untere Spannungsgrenze unterschritten wird, löst sich zum Beispiel in einer Zelle mit Graphit-Anode das Kupfer aus dem Stromsammler im Elektrolyten auf. Das geschieht zwar bei höheren Temperaturen schneller als bei niedrigeren. Aus Sicherheitsgründen ist eine solche Reaktion aus unserer Sicht jedoch nicht zu tolerieren. Die Zelle muss in jedem Fall stillgelegt werden, Spannungsgrenzen sind ernst zu nehmen.
Kann eine Prüfung nach dem Sicherheitsleitfaden einen Brand zu 100 Prozent verhindern?
Solarwatt: Wie in vielen technischen Prozessen und im täglichen Leben auch sind Störfälle nie zu 100 Prozent auszuschließen. Daher ist es für Solarwatt ein Muss, alles aktuell Mögliche zu tun, um die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Aktuell ist dies gewährleistet durch die Einhaltung des Sicherheitsleitfaden, nach dem wir zertifiziert sind. Dafür fühlen wir uns dem Kunden gegenüber verantwortlich.
Solarwatt hat dargelegt, dass es wie bei anderen Technologien grundsätzlich nur eine Frage von Wahrscheinlichkeiten ist, ob es durch ein Speichersystem zu einem Unfall kommt. Diese Wahrscheinlichkeit steigt, je mehr Systeme installiert sind. Wie bewerten Sie bei Solarwatt die dadurch entstehenden Sicherheitsrisiken?
Solarwatt: Im Hinblick auf die MyReserve-Speichersysteme bewerten wir diese Risiken als außerordentlich gering, weil die Sicherheit unserer Produkte schon bei der Produktentwicklung an oberster Stelle stand. Der Speicher verfügt über ein mehrfach redundantes Sensorensystem und Sicherabschaltvorrichtungen. Darüber hinaus werden in den Batteriemodulen von Solarwatt ausschließlich Lithium-Ionen-Zellen mit keramisch beschichteten Separatoren verwendet.
Solarwatt verwendet relativ große Batteriezellen, aus denen die Batterien gebaut werden. Wie kann man bei diesen großen Zellen die Temperatur im Inneren messen, um dann die Batterieregelung entsprechend anzupassen?
Solarwatt: Bei dem von uns verwendeten Zelltyp wird eine Vielzahl von Metallfolien aus dem Inneren der Zelle über ein Ableiterblech aus der Zelle herausgeführt. Da es sich um hochwärmeleitfähige Metalle handelt (zum Beispiel Kupfer), stimmt die Zelltemperatur im Inneren stets sehr genau mit der Temperatur dieses Ableiterblechs überein. Über eine präzise Messung der Temperatur dieses Blechs ist die Bestimmung der Temperatur im Zellinnern recht exakt möglich.
Was passiert wenn die Zelle dadurch in Tiefenentladung geht, dass sie vor der Inbetriebnahme zu lange gelagert wird?
Solarwatt: Die Lagerung eines Batteriemoduls über zwölf Monate hinweg stellt kein Problem dar. Sollte durch Überlagerung eine Spannung unterhalb der minimalen Einschaltspannung entstehen, werden die Batterierrelays nicht geschlossen. Die Batterie ist dadurch dauerhaft vor Aufladung aus einem tiefentladenen Zustand geschützt.
Antworten auf Teilnehmerfragen zum Speichersystem allgemein
Solarwatt sagt über sich selbst, das Speichersystem habe den weltbesten Wirkungsgrad. Wie ist dabei der Wirkungsgrad des Solarwechselrichters berücksichtigt?
Solarwatt: Die Aussage bezieht sich auf unsere Batterie und den Batterieumrichter, also auf die Komponenten, die wir selbst entwickeln und produzieren. Egal, welcher Wechselrichter damit betrieben wird, es gibt kein anderes DC-gekoppeltes System, das mit demselben Wechselrichter einen besseren Wirkungsgrad erreichen kann. Optimal ist natürlich eine Kombination aus MyReserve mit einem Wechselrichter mit hohem Wirkungsgrad. Dies gilt vor allem im Bereich kleiner Leistungen bis etwa 250 Watt, denn in vielen Haushalten ist das die Leistung, die nachts bedient werden muss.
Kann die Ausgangsspannung des Solarwatt-Batteriespeichers auf den verwendeten Wechselrichter angepasst werden, um den Wirkungsgrad zu optimieren?
Solarwatt: Das geschieht automatisch, die Speichersteuerung stellt sich mit ihrer Ausgangsspannung jeweils optimal auf den angeschlossenen Wechselrichter und die PV-Anlage ein.
Wie wirkt sich der MyReserve auf den MPP-Tracker des Solarwechselrichters aus?
Solarwatt: Das einzigartige Merkmal des MyReserve-Speichers ist, dass er für seinen Betrieb genau das MPP-Tracking des Wechselrichters ausnutzt. Dazu verhält er sich im Lade- und Entladebetrieb nahezu identisch wie die angeschlossene PV-Anlage. Im Ladebetrieb stellt der MyReserve eine „virtuelle Wolke“ vor der PV-Anlage dar, im Entladebetrieb bildet er eine „virtuelle Sonne“ nach, zum Beispiel nachts. Der Betrieb des MyReserve hat deshalb nur minimale Auswirkungen auf das MPP-Tracking des Wechselrichters, was im Ertrag der Anlage nicht spürbar ist.
Wenn mir der Hersteller die Batteriekapazität über einen bestimmten Zeitraum garantiert, warum brauche ich dann eine Betriebsstrategie?
Solarwatt: Die Garantie kommt zum Tragen, wenn die Leistung der Speicherbatterie innerhalb der ersten zehn Jahre auf unter 80 Prozent fällt. Eine Betriebsstrategie macht es jedoch möglich, dass dieser Fall gar nicht erst eintritt. Eine wertoptimierte Betriebsstrategie sorgt dafür, dass der Speicher deutlich länger deutlich mehr Leistung bringt. Daher muss das Wissen über das Alterungsverhalten die Betriebsstrategie eines Speichers bestimmen. Dies zahlt sich für den Kunden am Ende aus.
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