DGS: Auftakt des Runden Tisches zu Stecker-Solar-Geräten war Erfolg

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pv magazine: Worum ging es genau bei dem DKE-Workshop?
Marcus Vietzke (Foto)
: Die DKE hat eingeladen, um bestehende Normen, die Stecker-Solar-Geräte betreffen, zu diskutieren. Hier liegt für die Norm DIN VDE 0100-551-1 bereits der Entwurf einer Neufassung vor, die unnötige Hürden für den rechtssicheren Einsatz dieser Technologie aufbaut. Gleichzeitig wird auch an einer Neufassung der Norm für Industriesteckvorrichtungen gearbeitet, die das Stecker-Format für den Anschluss definieren soll. Zudem hatten VDE/DKE im Vorfeld zusätzlich eine eigene Produktnorm ins Spiel gebracht und es sollte geklärt werden, wie eine solche Norm aussehen kann.

Im Vorhinein hatte es Zweifel gegeben, ob Hersteller und Befürworter von Stecker-Solar-Geräten angemessen zu Wort kommen. Waren die Zweifel berechtigt?
Nein, erfreulicherweise nicht. Wir haben einen Workshop erlebt, der von der DKE-Geschäftsstelle sehr professionell vorbereitet und durchgeführt wurde. Jens Gayko von der DKE hat die Diskussion konstruktiv geleitet und bei nicht zielführenden Beiträgen schnell zum eigentlichen Thema zurückgeführt.

Was sind aus Ihrer Sicht die Ergebnisse?
Wir sind ein gutes Stück vorangekommen auf dem Weg zu einer rationalen Sicherheitswahrnehmung. Die DGS hat Untersuchungen zur Leitungserwärmung präsentieren können, die zeigen, dass selbst im unwahrscheinlichen Überlastfall keine Gefahr für Elektroinstallation besteht. Michael Galhaup von der Oekostrom AG hat Untersuchungsergebnisse vorgestellt, die eine Fehlerstromschutzschalter-Blendung ausräumen und die keine Gefahr durch Spannung an Steckerkontakten zeigen. Der Vertreter von Fraunhofer ISE, Hermann Laukamp, präsentierte eine Studie, die mit vielen Vorurteilen gegen Stecker-Solar-Geräte, wie Überlastung von Kontaktstellen oder des Ortsnetztrafos aufräumt. Das alles wurde von der großen Mehrheit der Teilnehmer sehr interessiert aufgenommen und hat dazu beitragen, die Diskussion zu versachlichen. Leider gab es auch einen Teilnehmer der die Vorstellung der Fraunhofer ISE Studienergebnisse als bunte Bildchen degradierte.

Droht dann noch Widerstand gegen einfachere Sicherheitsregeln?
Gegenwind gab es von Vertretern zweier Interessengruppen – von der Versicherungswirtschaft und vom Elektrohandwerk. In der Diskussion wurde deutlich: Karsten Callondann vom Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fürchtet offenbar, dass Stecker-Solar-Geräte, wenn sie genormt sind, automatisch über bestehende Versicherungsverträge mitversichert sind. Dagegen bieten ungenormte Stecker-Solar-Geräte eine Handhabe um Versicherungsansprüche zurückzuweisen. Würde die Versicherungswirtschaft eine Wahrscheinlichkeitsberechnung durchführen, würde sie vermutlich feststellen, dass ein Unfall in einem deutschen Atomkraftwerk wahrscheinlicher ist, als mit fünf Millionen Stecker-Solar-Geräten eine Leitungsüberlastung auf einer defekten Kontaktstelle zu provozieren. Ein kleine Randnotiz dazu: Erst durch Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen wurde die Einführung von Atomkraft in Deutschland möglich – einer Technologie die verheerende Risiken birgt. Daher sieht auch das Eidgenössische Starkstrominspektorat ESTI (Schweiz) den Überlastfall als zu unwahrscheinlich an, um ihn normativ zu betrachten.

Welche Bedenken hat das Elektrohandwerk?

Claus-Dieter Ziebell, Vertreter von Siemens, und dem Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) lehnte Änderungen in Richtung Einspeisung durch den Schukostecker generell ab. Er hat sich auf keine inhaltliche Diskussion der Risiken eingelassen und darüber hinaus versucht, mit Rhetorik wie Einwürfen zur Verlässlichkeit von Wechselrichterzertifikaten die Diskussion abzulenken. Kein Wunder: Nach der derzeitigen Normung sind gleich zwei Elektrikerbesuche für den Anschluss eines Gerätes nötig, das über den Schukostecker eigentlich jeder selbst anschließen könnte. Dabei ist dieser Protektionismus ist unnötig: Sollte die Bundesregierung die Klimaschutzziele umsetzen, wird es nach Einschätzung der Berliner Handwerkskammer einen Fachkräftemangel geben. Der Gegenwind von GDV und ZVEH erinnerte dabei stark an den Wahlkampf des Donald Trump und zeigt, dass Lobbyismus-erfahrene Interessengruppen in den Normungsgremien alles daran setzen werden, eine sachliche Diskussion zu verhindern.

Wie geht es nach dem Auftakt des Runden Tisches nun weiter?

Nach dem Workshop werden wir weiter konstruktiv in den Normungsgremien mitarbeiten. Dazu veröffentlichen wir unsere Messergebnisse, die klar zeigen, unter welchen Bedingungen Stecker-Solar-Geräte auch in Deutschland gefahrlos betrieben werden können. Wir werden einen konkreten Normergänzungsentwurf einbringen. Es ist gut zu wissen, dass der DKE-Verwaltung offenbar an einer konstruktiven Diskussion gelegen ist und wir nehmen Jürgen Ripperger vom VDE-Institut gerne beim Wort. Er sagte, wir wollen keine Steine in den Weg legen und Probleme lösen. Wir begrüßen auch seinen Vorschlag, die Sicherheitsfragen erst konstruktiv zu lösen und wenn das nicht gehe, auf beschreibende Lösungen zurückzugreifen. Das freut uns und wir sind optimistisch, dass wir mit allen, die einen sachlichen Dialog führen wollen einen praxisnahen Kompromiss erreichen können.

Das schriftliche Interview führte Sandra Enkhardt.

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