Sun to grow

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Dass auf Afrika reichlich Sonnenenergie niedergeht, ist eine Binsenweisheit. Leider aber auch, dass die Nahrungsmittelversorgung des Kontinents mehr als kritisch ist. Das gilt umso mehr, als eine erhebliche Zahl des von den Vereinten Nationen erwarteten Zuwachses der Weltbevölkerung von sieben auf zehn Milliarden Menschen bis 2050 auf Afrika entfallen wird.

Die Modernisierung der Landwirtschaft auf dem Kontinent zwischen Atlantik und Indischem Ozean ist deshalb auch der Weltgesundheitsorganisation (FAO) ein Anliegen. Sie rechnet vor, dass in den kleinbäuerlichen Strukturen, die in großen Teilen Afrikas das Rückgrat der Versorgung bilden, eine Investitionslücke von 100 Milliarden Euro klaffe, um das Ziel der Vereinten Nationen zu erreichen, den Hunger bis 2030 zu beseitigen. Ganz elementar dabei ist, die Produktivität auf den Flächen zu heben.


pv magazine award

Preis für gute Ideen: In der Novemberrunde haben zwei Einreichungen die Juroren überzeugt.

Seit der letztepv-magazine-top-business-model_siegeln Runde im September bewarben sich elf Unternehmen mit ihren Ideen neu für den pv magazine award. Zwei Bewerbungen haben die Juroren Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, Hans Urban, Berater im Auftrag der Schletter Gruppe, und Winfried Wahl, Senior Manager RRC Power Solutions, in dieser Runde besonders überzeugt.

Sun Culture – weit mehr als ein Produkt

Dass Solarenergie in Afrika zur Bewässerung genutzt werden kann, ist nicht neu. Doch das Start-up Sun Culture mit Sitz in Kenia hat die Ideeweiterentwickelt. Zum einen ist es die Technologie, die das Wasser nach Unternehmensaussagen besonders effizient nutzt. Zum anderen geht das Unternehmen über die reine Technologieentwicklung hinaus. Es hat festgestellt, dass viele Farmer ohne ausgiebige Beratung nicht wissen, wie sie die Bewässerung gut einsetzen können. Jetzt hat es in einem Pilotprojekt mit der Shell Foundation ein Geschäftsmodell entwickelt, das auch den Farmern Zugang zu den Anlagen schaffen soll, die sich die Investition nicht leisten können. Es ist angelehnt an die Pay-as-you-go-Modelle, die bereits für kleine Anlagen auf Häusern bekannt ist. Dafür verleiht die Jury Sun Culture den pv magzine award in der Kategorie „top business model“.

 

Mehr Informationen zu den Kriterien, zu den bisherigen Preisträgern, zu den Juroren und alles Nötige, falls Sie sich bewerben wollen, finden Sie hier.


Bewässerung ist dafür ein Schlüssel. Die Versorgung mit dem wertvollen Nass über Solarstrom zu sichern, ist Geschäftszweck des 2013 in den USA gegründeten Start-ups Sun Culture, das seinen operativen Geschäftssitz in Kenias Hauptstadt Nairobi hat. „Die meisten Farmer in Kenia benutzen Wasserpumpen, um ihre Felder zu bewässern, die mit Diesel betrieben werden. Das kostet sie im Monat pro Acre rund 200 Euro“, sagt Samir Ibrahim, Geschäftsführer und Mitgründer der Firma. Ein Acre entspricht in etwa der Fläche von 4.000 Quadratmetern.

Dazu kommt, dass etliche Farmer gar nicht oder zu wenig bewässern. Während die Sonne in Ostafrika eine zuverlässige Ressource ist, gibt es Niederschläge nur im Frühjahr und Herbst. Viele Bauern fahren daher pro Jahr nur eine Ernte ein. Mit dem von Sun Culture vertriebenen Bewässerungssystem Agrosolar (Agrosolar Irrigation Kit) soll das anders werden.

Das Produkt

Am Anfang stand ein Produkt, das nach Firmenangaben schon für sich ziemlich einzigartig ist: So ist es zwar nichts Neues, dass man Solarmodule mit Pumpen verbindet, in diesem Fall bietet das Unternehmen aber das gesamte Bewässerungssystem mit an und das sei eine Kombination von einer effizienten Solarpumpe mit einer effizienten Tröpfchenbewässerung. Dies überzeugte auch unsere Jury, die Sun Culture den pv magazine award top business model verlieh (Laudatio, Seite 7).

Das Produkt stellte nach den Worten von Ibrahim aber nur einen „großartigen Start“ dar, der alleine nicht immer hilft. „Wir haben festgestellt, dass unser Vorhaben viel größer ist“, sagt er. „Wir mussten eine ganzheitliche Lösung finden, die den Farmern wirklich hilft.“ Jetzt berät Sun Culture die Farmer auch gleich noch agrarwissenschaftlich, zur Bodenanalyse und zum richtigen Gebrauch der Bewässerung.

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Zentrale Elemente des Solarsystems sind ein 300-Watt-Modul, das auf einen hohen Sockel mit zwölf Füßen installiert wird, und eine tauchfeste Solarpumpe. (Foto: Sun Culture)

Farmer könnten so drei Ernten im Jahr realisieren und damit ihre Einnahmen erheblich steigern. Die „gezielte Tröpfchenbewässerung“ spare 80 Prozent des Wassers verglichen mit üblichen Bewässerungsmethoden.

Das System besteht aus einer Solar- und einer Bewässerungseinheit. Zentrale Elemente des Solarsystems sind ein 300-Watt-Modul, das auf einen hohen Sockel mit zwölf Füßen installiert wird, und eine tauchfeste Solarpumpe mit einer Kapazität von maximal 12.500 Litern pro Tag. Das Modul ist ausschließlich zur Versorgung der Pumpe vorgesehen. Sollten Anwender versuchen, den Strom auch für andere Verbraucher zu nutzen, erlösche die Garantie, so die Firma. Lieferanten des Moduls seinen „verschiedene Produzenten“.

Die Bewässerungseinheit gibt es in unterschiedlichen Ausführungen – von einfacher Wassergabe bis zur diffizilen Tröpfchenabgabe. Das Wasser wird in einem erhöht aufgestellten Tank gespeichert und dann mithilfe der Schwerkraft zur Bewässerung abgegeben. Die Tanks haben eine Kapazität von 5.000 Litern je Acre.

Die Herausforderung

Zwar hat Sun Culture bisher laut Ibrahim schon 1.000 Einheiten verkauft – neben Kenia etwa in Uganda, Tansania, Süd-Sudan und Somalia. Dennoch ist die Investition bisher ausschließlich etwas für finanziell besser gestellte Landwirte oder solche, die Zugang zu Kapital haben. Denn das Solarsystem kostet alleine etwa 1.400 Euro. Es genügt, um 365 Tage im Jahr ausreichend Energie für die Bewässerung von 2,5 Acre zu erzeugen. Das entspricht laut Ibrahim der Durchschnittsgröße kenianischer Farmen. Dazu kommt die Bewässerungseinheit, die zwischen 400 und 800 Euro je Acre kostet.

Die gesamte Anlage ist damit kaum unter 3.000 Euro zu bekommen. Auch wenn Schulung und After-Sales-Services inbegriffen sind: Für einen durchschnittlichen Kenianer ist das viel Geld. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen in Kenia beträgt der Weltbank zufolge etwa 1.200 Euro.

„Die große Herausforderung ist die Vorausfinanzierung“, sagt Ibrahim im Gespräch mit pv magazine. „Denn die Kosten amortisieren sich dank der höheren Erträge bereits nach einer Saison.“ Doch weil viele Bauern keinen Zugang zu Banken haben und die Institute Kredite für die Landwirte als zu risikoreich ansähen, ist die Finanzierung noch ein Problem. Das gilt auch für die viel diskutierten Mikrokredite. Eine Zahl soll das verdeutlichen: Nur ein Prozent aller gewerblichen Kredite gehe derzeit in den Agrarbereich, obwohl drei Viertel aller Menschen von der Landwirtschaft leben.

„Dieses Problem wollen wir lösen“, sagt der Unternehmer. Die Shell Foundation und das Agrarunternehmen Syngenta hätten bereits einem Pilotprojekt zugestimmt, das er „Pay-as-you-grow“ nennt, in Anlehnung an die „Pay-as-you-go“-Geschäftsmodelle, bei denen Hausbesitzer die Photovoltaikanlage in einer Art Mietkauf abzahlen. „Das ist ein Paket aus Qualitätssaaten, Pflanzenschutz und Dünger, unserer Solar- und Bewässerungslösung und Service kombiniert mit einer Finanzierung über zwei Jahre“, sagt Ibrahim. In der ersten Runde wird es dieses Jahr 10 bis 30 Farmern angeboten, nächstes Jahr sollen weitere dazukommen.

Flexible Bezahlung

Landwirte, die diese Lösung wählen, zahlen das System variabel über zwei Jahre ab – flexibel wöchentlich bis monatlich. „Wenn sie säen, zahlen sie weniger und wenn sie ernten, mehr.“ Ziel ist, dass sie nach zwei Jahren Eigentümer der Anlage sind. Das wäre die erste Finanzierungslösung dieser Art weltweit. „Wir sind sehr gespannt, wie das laufen wird“, sagt Ibrahim. Sollte das klappen, denkt er schon an die nächsten Schritte, den Farmern mit ähnlichen Finanzmodellen auch weitere Investitionen wie etwa Traktoren zu ermöglichen.

Bauern in Kenia jedenfalls sind bisher sehr zufrieden mit dem System. „Ich habe seit 2014 einen Acre Land“, zitiert Sun Culture auf der Internetpräsenz Landwirt Antony Wambugu. „Mittlerweile produziere ich viermal mehr als zum Zeitpunkt vor der Installation des Bewässerungssystems.“ Bauer Robert Bunyi stößt ins gleiche Horn: Dank der hohen Produktivität könne er „nun Leute einstellen und Verträge mit Großabnehmern abschließen, die eine kontinuierliche Belieferung erlauben“. Das sei vorher nicht möglich gewesen.

Sun Culture selbst finanziert sich bisher über Regierungsgelder und Investoren, speziell aus dem Bereich Impact Investment. So wird die Motivation von Geldgebern bezeichnet, die in nachhaltige Projekte investieren, die einen direkten Einfluss (Impact) auf die Verbesserung der Lebensverhältnisse von Menschen haben und zugleich eine Rendite abwerfen. Aktuell läuft eine weitere Runde, um Investoren zu gewinnen. (Oliver Ristau)

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