Am Bodensee ist am Wochenende ein Photovoltaik-Pilotprojekt eingeweiht worden, dass das Dilemma der Flächenkonkurrenz zwischen Solarstrom und Nahrungsmitteln lösen soll. Es soll zeigen, dass beides auf einmal geht – oben Solarmodule für die Photovoltaik-Anlage, unten der Anbau von Nutzpflanzen. Diese Form der Agrophotovoltaik soll nun wissenschaftlich mit dem Projekt der Universität Hohenheim erforscht werden, wie das Fraunhofer-ISE – das die Projektleitung hat – am Montag mitteilte. Das Bundesforschungsministerium unterstützt das Vorhaben mit knapp 600.000 Euro, an dem auch Baywa re und die Elektrizitätswerke Schönau beteiligt sind.
„Flächenressourcen stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung“, erklärt Prof. Dr. Petra Högy vom Fachgebiet Pflanzenökologie und Ökotoxikologie an der Universität Hohenheim. „Daher macht es Sinn, Flächen doppelt zu nutzen, also für die Nahrungsmittel- und für die Energieproduktion.“ Dabei müsse die Installation der Solarmodule und der Anbau der Pflanzen geschickt kombiniert werden, damit für beide optimale Ergebnisse erzielt werden könnten. Bei dem vorliegenden Fall kommen dafür bifaziale Solarmodule zum Einsatz, die in sieben Meter Höhe installiert wurden. Selbst ein Mähdrescher könne damit unter der Photovoltaik-Anlage durchfahren.
Die Grundidee zur Agrophotovoltaik stamme bereits aus den 1980er Jahren vom Fraunhofer ISE. Als Praxispartner der Universität Hohenheim fungiert die Hofgemeinschaft Heggelbach, auf deren Gelände die Photovoltaik-Anlage installiert wurde. Es handele sich um einen Demeter-Betrieb. „Der ökologische Landbau ist also gar nicht so technikfeindlich, wie es dieser Wirtschaftsweise oft unterstellt wird“, erklärte Sabine Zikeli, Koordinatorin für Ökolandbau an der Universität Hohenheim.
Die Wissenschaftler der Universität Hohenheim erwartet, dass die Pflanzenerträge etwas geringer ausfallen werden. Gleichzeitig würden aber erhebliche Mengen Solarstrom produziert, die ausreichten um etwa 62 Haushalte zu versorgen. Die Doppelnutzung der Flächen könnte somit neue Einkommensmöglichkeiten für Landwirte schaffen. In trockeneren und heißeren Regionen der Erde könnten Agorphotovoltaik-Anlagen zudem auch ein Vorteil für die Pflanzenproduktion sein, so die Erwartungen der Wissenschaftler.
Rund 2,4 Hektar Versuchsfläche stünden nun zur Verfügung. Die Agrophotovoltaik-Anlage nehme rund 0,33 Hektar ein; die restliche Fläche diene als Referenzfläche. In den kommenden zwei Jahren sollen Kleegras, Winterweizen, Kartoffeln und Sellerie angebaut werden. Das Kleegras wachse bereits; die Aussaat des Winterweizens erfolge Ende des Monats. „Wir prüfen, wie sich die verschiedenen Kulturen unter den Panelen entwickeln und vergleichen sie bezüglich ihrer Eignung. Dazu bestimmen wir etwa die Pflanzenhöhe, die Blattfläche, die Gesundheit der Pflanzen, die Erträge und die Ertragsqualität“, erklärte Högy. Zudem sollten Auswirkungen auf die Umwelt und die Biodiversität untersucht werden.
Am Ende des dreijährigen Projekts wollen die Wissenschaftler dann konkrete Empfehlungen für die Praxis geben. Industriepartner Baywa re will aus den Erfahrungen praktischen Nutzen bereits ab dem kommenden Jahr ziehen. „Was die Einsparung von Ressourcen angeht, ist die doppelte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen in Industriestaaten und Entwicklungsländern gleichermaßen ein sinnvolles Vorgehen“, erklärte Christof Thannbichler, Geschäftsführer der BayWa re Solar Projects GmbH. Sein Unternehmen wolle die Agrophotovoltaik als Geschäftsfeld ab 2017 im Zuge internationaler Projekte ausbauen. (Sandra Enkhardt)
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