Daimler & Co wollen nicht den gleichen Fehler begehen wie RWE & Co

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Auf dem BEE-Unternehmertag geht es um Trends wie die Digitalisierung der Energiewirtschaft, die Sektorkopplung oder die Flexibilisierung des Strommarkts. Inwiefern lassen sich daraus schon heute neue Geschäftsmodelle generieren oder ist das noch Zukunftsmusik?
Hermann Falk: Die digitale Vernetzung aller Bereiche inklusive der Energiewirtschaft ist unaufhaltsam. Es ist nur logisch, dass dies auch eine Vernetzung und Kopplung von Strom, Wärme und Mobilität nach sich zieht – sowohl in der Industrie als auch bei den privaten Haushalten. Zudem werden auch bei uns in der neuen Energiewirtschaft der Datenbesitz und die Datennutzung zu einem echten Wirtschaftsgut, mit dem man Geld verdienen kann. Manche Unternehmen warten nicht auf die Politik, um die Ärmel hochzukrempeln, andere müssen aus guten Gründen auf die richtige Gesetzgebung warten. Wer aber gar nicht über die Veränderung der Geschäftsmodelle nachdenkt, wird ernste Probleme bekommen.

Ein wichtiges Thema ist Innovationsmanagement in Unternehmen. Wie kann die Innovationskultur gefördert werden?

Auf dem Neujahrsempfang am Abend präsentiert der BEE erstmals einen Speed Pitch, auf dem sich sieben Start-ups aus der Erneuerbaren-Branche vorstellen. Dies wird jede Menge Anregungen bieten. Alle Unternehmen unserer Branche – egal ob Energieversorger, Projektierer, Hersteller, Händler oder Dienstleister – müssen zudem sehr wachsam sein, wenn sie gestärkt aus dem Umbruch der Energiewirtschaft hervorgehen wollen. Hier kommt es auf die „unternehmerische DNA“ in der Chefetage und bei den Mitarbeitern an – wer von ihnen ist in der Lage, jeden Tag neu auf die Suche nach Chancen zu gehen? Jeden Tag die alten Abläufe und Produkte in Frage zu stellen und zu optimieren? Mitarbeiterbeteiligung in Form von Geschäftsanteilen kann einen Anreiz hierzu bilden. Aber auch Partizipation etwa durch mitarbeitergeführte Zukunftswerkstätten, in denen der Suchprozess systematisch mit Binnen- und Fremdblick über einen klar definierten Zeitraum betrieben wird.

Wer wird in Zukunft die Energiewirtschaft bestimmen?
Partnerschaften mit mittelständischen Unternehmen, Bürgergenossenschaften oder Start-ups können eine weitere zentrale Rolle spielen. Aber auch bislang branchenfremde Unternehmen aus den Bereichen IT, Bau, Automobil oder Hightech mischen immer mehr in der Energiewirtschaft mit und geben neue Anstöße.

Im Augenblick engagieren sich bereits viele Autohersteller im Speicherbereich. Ist das ein Trend und erwarten Sie weitere Ankündigungen in diese Richtung?
Ja, die Speichertechnologie erlebt augenblicklich technologische Durchbrüche vergleichbar denen der Halbleitertechnik. Endlich hat auch die deutsche Automobilwirtschaft das Potenzial der Batterien erkannt: Daimler & Co. wollen nicht die gleichen Fehler begehen wie RWE & Co., die sehr spät verstanden haben, dass es keine Strategie sein kann, sich dem Wandel entgegenzustellen.

Ein Workshop widmet sich auch den EEG-Ausschreibungen. Glauben Sie, dass die Politik genug tut, um die Akteursvielfalt zu erhalten?
Ich sehe noch keinen echten Willen im zuständigen Ministerium, den Qualitäts- und Akzeptanzbeitrag der Bürgerenergie zu honorieren. Es wäre doch einfach, den Vorschlag der EU-Kommission für eine Freistellung von bis zu 6 x 3 Megawatt in deutsches Recht zu übernehmen! Aber auch generell sind wir weiterhin skeptisch gegenüber Ausschreibungen bei der Windenergie, Photovoltaik-Dachanlagen und der Wasserkraft, zumindest für Neuanlagen. Zum einen deckeln sie den Ausbau der Erneuerbaren und verhindern so eine rasche Energiewende. Zum anderen dürfen Ausschreibungen kleine Investoren nicht benachteiligen. Schließlich bedeutet eine dezentrale Energiewende auch mehr Akzeptanz in der Bevölkerung. Wir freuen uns daher besonders, dass sich in der 3. Photovoltaik-Ausschreibungsrunde auch eine Genossenschaft aus Regensburg durchgesetzt hat, die in einem der Workshops von ihren Erfahrungen berichten wird.

Sie haben vorhin die Sektorenkopplung erwähnt. Was erwartet uns da?
Die Sektorkopplung ist ein spannendes Thema für uns. Strom, Wärme und Mobilität werden enger verzahnt, um Synergien zu schaffen. Dabei spielen noch junge Technologien wie Power-to-Gas, Power-to-Heat oder Power-to-Liquid künftig eine tragende Rolle. Eine große Chance, in ein gutes Gleichgewicht von Erzeugung und wirtschaftlicher Nutzung jeder sauberen Kilowattstunde zu kommen!

Die Fragen stellte Sandra Enkhardt.

Der 2. BEE-Unternehmertag findet am 24. Februar in Berlin statt. Im Mittelpunkt stehen dabei der Austausch von Führungskräften und deren Best Practices.
Zum Programm und zur Anmeldung:http://www.bee-ev.de/home/termine/bee-unternehmertag-2016/

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