Schmorende Busbars mit Brandgefahr – Schwarzes oder weißes Schaf?

Teilen

Der Betriebsführer, der uns im Rahmen unserer Aktion „Her mit den schwarzen Schafen“ kontaktiert hat, übernahm im vergangen Jahr Wartung und Betriebsführung einer Dachanlage mit rund 60 Kilowatt Leistung. Sie wurde im Winter 2004/2005 errichtet und über viele Jahre nicht überwacht. „Es gab zwar ein Monitoringsystem, aber das funktionierte praktisch schon seit der Inbetriebnahme der Anlage nicht“, erklärt der Betriebsführer. Daher musste er sich zunächst darum kümmern, das Monitoring instand zu setzen.

Nachdem das Monitoring funktionierte, zeigten sich Ertragsabweichungen beim Vergleich der einzelnen Wechselrichter untereinander. Ein Installateur, der den Fall im Auftrag des Betriebsführers untersuchen sollte, stellte dann gravierende Schäden fest. Viele Busbars auf den Solarzellen der Module zeigten deutliche Hitzeentwicklung bis hin zu Schmorspuren. Teilweise scheinen die betroffenen Stellen auch gebrannt zu haben.

Das ist der sechste Teil unserer Serie „Her mit den schwarzen Schafen“, in der wir dazu aufrufen, uns Erfahrungen mit Modulherstellern zu schildern. Wir behandeln die Einreichungen vertraulich und wollen dazu beitragen, konstruktive Lösungen zu finden. Ausführlich werden die Fälle auf unserem Roundtable am 26.11. diskutiert. Sie können sogar ein iPhone gewinnen. Mehr Informationen und die anderen Folgen der Serie zu Steckerproblemen und Hotspots finden Sie hier.

„Meine Erklärung dafür ist, dass hier die Lötstellen nicht in Ordnung sind“, erklärt der Betriebsführer. Das passe auch dazu, dass die Schäden relativ spät auftraten. „Es ist bekannt, dass schlechte Lötstellen erst mit der Zeit korrodieren und dann auch der elektrische Widerstand erst mit der Zeit ansteigt, so dass sich Hitze entwickelt.“ Aus Sicht des Betriebsführers stellten diese Schäden eine akute Brandgefahr auf dem Flachdach dar.

Brandgefahr beseitigen und Schäden beanstanden

Der Betriebsführer hat die betroffenen Module ausgetauscht, nachdem er die Schäden bemerkte. Die alten Module waren nicht mehr zu bekommen, daher musste er auf Ersatzmodule mit anderen Leistungen und Strom-Spannungs-Kennlinien zurückgreifen. Die in der Anlage verwendeten Wechselrichter haben nur einen MPP-Tracker. „Um ein Mismatch zu vermeiden, mussten wir daher alle Module, die an jeweils einem Wechselrichter angeschlossen waren, austauschen. Dabei blieben zum Teil intakte alte Module übrig, die wir dazu genutzt haben, einzelne beschädigte Module, die an anderen Wechselrichtern angeschlossen waren, zu ersetzen.

Wann die Schäden genau entstanden sind, kann der Betriebsführer heute nicht mehr nachvollziehen. „Es gibt keine alten Monitoringdaten, auf die wir zurückgreifen könnten.“ Auf die Produktgewährleistung wird er sich aber ohnehin nicht mehr berufen können, nachdem die Anlage nun schon seit rund zehn Jahren in Betrieb ist.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass der ursprüngliche Hersteller der Module mittlerweile von einem größeren Hersteller übernommen wurde. Der Betriebsführer hat dem neuen Besitzer nun Mitte Oktober zunächst Fotos der Schäden geschickt. „Noch wollen wir nicht mit rechtlichen Schritten drohen. Wir versuchen erst mal sachlich über das Problem zu reden.“ Bisher sei von Seiten des Herstellers zwar noch nicht viel passiert, das findet der Betriebsführer aber nicht verwunderlich. Die Reaktionszeiten seien in solchen Fällen immer etwas länger.

So könnten die Probleme im Idealfall gelöst werden

Der Betriebsführer rechnet damit, dass sich die „Problemstellen“ an den Busbars verschlechtern und im nächsten Sommer weitere Module Schaden nehmen. Wegen der Brandgefahr müsse die Anlage nun regelmäßig und sorgfältig auf neue Modulschäden überprüft werden. Daher hofft der Betriebsführer, dass der Hersteller, der den ursprünglichen Hersteller übernommen hat, die Schäden an den Modulen als Serienschaden anerkennt und auf Kulanz für Ersatzmodule sorgt beziehungsweise die Kosten für Ersatzmodule übernimmt. Mittlerweile hat auch das für die Anlage verantwortlich EPC-Unternehmen seine Unterstützung in der Kommunikation mit dem Hersteller zugesagt.

Wenn sich der Hersteller als nicht kulant erweist, erwägt der Betriebsführer einen Teil der Kosten erstattet zu bekommen, indem er sich auf die Leistungsgarantie beruft. Er geht davon aus, dass viele der betroffenen Module Leistungseinbußen von mehr als 20 Prozent aufweisen.

Gilt für den Hersteller die Produkthaftung?

Eine weitere Möglichkeit wäre in einem solchen Fall eventuell, sich auf das Produkthaftungsgesetz zu beziehen, weil von den Modulen eine potentielle Brandgefahr ausgeht. Rechtsanwalt Andreas Kleefisch von der Baumeister Rechtsanwälte Partnerschaft mbB weist allerdings darauf hin, dass sich die Haftung des Herstellers gemäß dem Produkthaftungsgesetz nicht auf die qualitative Hochwertigkeit der Produkte selbst bezieht, sondern nur auf mögliche Folgeschäden an anderen Sachen oder dem Leben und der Gesundheit von Menschen. Der Schaden an den Photovoltaikmodulen selbst werde daher nicht mit abgedeckt.

Im Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz – ProdHaftG) heißt es dazu: „Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.“

Wenn der Hersteller also höhere Kosten vermeiden will, die durch Sach- oder Personenschäden entstehen können, ist es möglicherweise in seinem Interesse, die Module auszutauschen bevor größere Schäden verursacht werden.

Zusätzlich stellt sich dann aber noch die Frage, ob der Anspruch nicht bereits verjährt ist. Im Produkthaftungsgesetz steht dazu im Paragraf 12: „Der Anspruch nach § 1 verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Ersatzberechtigte von dem Schaden, dem Fehler und von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Schweben zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Ersatzberechtigten Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz, so ist die Verjährung gehemmt, bis die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert wird.“ In Paragraf 13 steht: „Der Anspruch nach § 1 erlischt zehn Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt, das den Schaden verursacht hat, in den Verkehr gebracht hat. Dies gilt nicht, wenn über den Anspruch ein Rechtsstreit oder ein Mahnverfahren anhängig ist.

Damit ergeben sich wie aus den anderen Fällen wieder Fragen für unseren Roundtable am 26.11.2015 in Berlin, an dem auch Rechtsanwalt Andreas Kleefisch anwesend sein wird:

  • Ist ein nicht funktionierendes Monitoringsystem eine Entschuldigung dafür, dass die Produkthaftung nicht erlischt?
  • Oder hätte eine jährliche Begehung diesen Schaden zeigen müssen?
  • Wie kann ein Hersteller überzeugen, dass das angesprochene Problem bei seinen Modulen nicht auftreten wird.
  • Was, wenn ein Hersteller das Risiko eingeht, dass Menschen zu schaden kommen, und darauf pokert, dass der Betreiber das auf gar keinen Fall will und daher den Schaden selbst begleichen muss?

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Sunlit, bidirektionaler Wechselrichter, EV3600
Sunlit Solar präsentiert bidirektionalen Wechselrichter für Stecker-Solar-Geräte und Carports
28 November 2024 Mit dem Gerät „EV3600“ können Kunden ihre Speicher auch mit Netzstrom laden, wenn die Preise an der Strombörse günstig sind und sie einen dynamischen...