Die ersten zwei Ausschreibungsrunden für Photovoltaik-Freiflächenanlagen sind gelaufen. Beide waren mehrfach überzeichnet – also das Volumen von 150 Megawatt reichte bei Weitem nicht aus. Schließlich vergab die zuständige Bundesnetzagentur 25 Zuschläge in der ersten und 33 Zuschläge in der zweiten Runde. Die beiden möglichen Preismechanismen sind nun ebenfalls getestet. Während bei der ersten Runde jeder Investor seinen gebotenen Preis für den Solarstrom erhalten wird, sofern sein Gebot einen Zuschlag erhielt und er die Anlage binnen 24 Monaten realisiert, kam in der zweiten Runde das Einheitspreisverfahren zum Zuge. Hierbei entscheidet der Preis des letzten bezugschlagten Gebots über die Höhe des Preises für den Solarstrom, der allen erfolgreichen Bietern nach Realisierung ihrer Anlage gezahlt wird. Die Bundesnetzagentur will diesen Preis erst nennen, wenn auch ein mögliches Nachrückverfahren beendet ist.
Experten gehen davon aus, dass der Einheitspreis um die 8,5 Cent je Kilowattstunde liegen dürfte. Damit ist er niedriger als der Durchschnittspreis in der ersten Runde, der bei 9,17 Cent pro Kilowattstunde lag. Allerdings gab es dort eine große Spreizung – so lag das niedrigste Gebot bei 8,48 und das höchste, noch bezuschlagte Gebot bei 9,43 Cent je Kilowattstunde. Beim Einheitspreisverfahren warnen Experten aber vor möglicher Zockerei. Ein Beleg dafür sind die gebotenen Preise in dieser Runde, die sich zwischen 1,0 und 10,98 Cent je Kilowattstunde bewegten.
„Eine Reihe von Projektierern ist sicher mit unrealistisch niedrigen Preisen in die Ausschreibungsrunde gegangen. Sie hoffen, dabei über den Einheitspreis von den teureren, realistischen Bietern noch hochgezogen zu werden“, beschreibt etwa die Berliner Rechtsanwältin Margarete von Oppen die Nachteile dieser Regelung. Aus ihrer Sicht ist das sogenannte Pay-as-bid-Verfahren geeigneter, um einen qualitativen Photovoltaikzubau zu fairen Konditionen zu ermöglichen. Mit dem Einheitspreisverfahren werde eher ein möglicherweise ruinöser Preiskampf zwischen den Bietern gefördert, so von Oppen. Eine Erkenntnis, die anscheinend auch das Bundeswirtschaftsministerium schon gewonnen hat, denn bei ihren Eckpunkten spricht es sich eindeutig für die Pay-as-bid-Preisregel aus.
Aber welche weiteren Erfahrungen kann das Bundeswirtschaftsministerium aus den ersten zwei Runden ziehen? Dass eine Evaluierung der Pilotausschreibungen kaum möglich sein dürfte, zeigte sich schon bei deren Einführung. Immerhin will die Bundesregierung bereits ab 2017 mit Ausschreibungen für alle erneuerbaren Energien starten. Demzufolge legte das Wirtschaftsministerium auch bereits Ende Juli seine Eckpunkte vor und leitete die Anhörung zum Ausschreibungsdesign für die Förderung von erneuerbaren Energien ein.
Ziel sei es, die Höhe der finanziellen Förderung für Strom aus Erneuerbaren ab 2017 „wettbewerblich zu ermitteln“, heißt es in den Eckpunkten, die den Auftakt für die EEG-Reform 2016 darstellen. „Eine Ausschreibung ist ein objektives, transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren, um die Förderhöhe wettbewerblich zu ermitteln. Wir haben die Grundlagen hierfür bereits im EEG 2014 gelegt und in diesem Jahr bereits erste Ausschreibungsrunden für Photovoltaik-Freiflächenanlagen gestartet“, erklärte dazu Rainer Baake, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.
Nachbesserungen geplant
Mit den vorgelegten Eckpunkten würden drei übergreifende Ziele verfolgt. Der Ausbaukorridor für erneuerbare Energien solle eingehalten werden. Mit Ausschreibungen sollten der Wettbewerb gefördert und die Kosten beschränkt werden. Drittens solle die hohe Akteursvielfalt erhalten bleiben, so das Ministerium weiter. Um die Ziele zu erreichen, werde zwischen den verschiedenen Technologien unterschieden. „Ein Ausschreibungssystem für die großen Windparks auf See soll anders aussehen als für Photovoltaikanlagen auf Gebäuden“, erklärte das Ministerium zu den individuell angepassten Ausschreibungsdesigns. Die Eckpunkte konzentrierten sich dabei auf die Technologien, die den größten Beitrag zum Erreichen der Ausbauziele des EEG 2014 leisten sollen: die Windkraft an Land und auf See sowie die Photovoltaik.
Bei der Photovoltaik sollen zunächst die Ausschreibungen für Freiflächenanlagen evaluiert und basierend auf den Ergebnissen angepasst werden, wie es im 28-seitigen Eckpunktepapier heißt. Künftig sollten dann auch Photovoltaikanlagen auf baulichen Anlagen, also etwa Deponien und versiegelten Flächen, mit einer Leistung von mehr als einem Megawatt an der Freiflächenausschreibung teilnehmen. „Die Zusammenführung beider Anlagenkategorien macht aus Sicht der vergleichbaren Kostenstrukturen Sinn und erhöht gleichzeitig den Wettbewerb“, heißt es in dem Papier. Damit hat das Ministerium zumindest einen Kritikpunkt aufgegriffen, der mit den Pilotausschreibungen aufkam.
Zudem ist ein separates Ausschreibungsverfahren für große Dachanlagen mit mehr als einem Megawatt geplant. Photovoltaik-Dachanlagen mit weniger als einem Megawatt Leistung sollen weiterhin nach den Regelungen des EEG 2014 vergütet werden. Sie sind laut Eckpunktepapier von der Ausschreibung ausgenommen. Dabei berücksichtigt das Ministerium auch die hohe Bedeutung des Eigenverbrauchs. „Der Eigenverbrauch hat für Photovoltaikanlagen auf Gebäuden mit einer Leistung unter 1 Megawatt eine sehr hohe Bedeutung und ist ein wesentlicher Grund für den Bau dieser Anlagen. Ein Verbot des Eigenverbrauchs im Rahmen einer Ausschreibung würde den derzeit im Segment der Photovoltaikanlagen auf Gebäuden zu beobachtenden Markteinbruch voraussichtlich noch verstärken, da mit dem Eigenverbrauch ein wesentlicher Treiber für den Bau dieser Anlagen wegfallen würde. Die Zulassung des Eigenverbrauchs im Rahmen einer Ausschreibung wäre hingegen problematisch, da der Eigenverbrauch den Wettbewerb im Rahmen einer Ausschreibung stark verzerren würde“, heißt es in dem Papier weiter.
Den Eckpunkten zufolge soll es auch künftig einen ambitionierten Höchstpreis geben, der bei den Ausschreibungen nicht überboten werden darf. Auch für die Zukunft soll es jährlich drei bis vier Ausschreibungsrunden geben, um eine kontinuierliche Projektentwicklung zu ermöglichen. Im Gegensatz zu Freiflächenanlagen sollen Dachanlagen aber schneller nach Zuschlagserteilung realisiert werden. Geplant ist eine Frist von neun bis zwölf Monaten.
Die ersten Reaktionen auf das Eckpunktepapier zeigen, dass sich gerade die betroffenen Erneuerbaren-Energien-Verbände schwertun, der Umstellung etwas Positives abzugewinnen. „Die Bundesregierung hat zu Recht erkannt, dass Auktionsverfahren weitgehend ungeeignet sind, um den Ausbau der Solarenergie zu fördern. Einen Systemwechsel hin zu Ausschreibungen bei der Förderung von Solarstromanlagen soll es nicht geben und das ist gut so“, erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar). Mit der vorgesehenen Bagatellgrenze von einem Megawatt wäre ein Großteil privater und gewerblicher Photovoltaikanlagen weiterhin auch ohne Ausschreibungen realisierbar. Der BSW-Solar fordert im Zuge der EEG-Reform eine rasche Nachjustierung beim Degressionsmechanismus. Dieser verhindere mittlerweile eine Überförderung bei Photovoltaikanlagen, nicht jedoch eine Unterförderung.
Zusätzlich zu den niedrigen Vergütungssätzen hemme auch die mit dem EEG 2014 eingeführte Belastung des Eigenverbrauchs mit einer anteiligen EEG-Umlage den deutschen Photovoltaikmarkt. Daher sei damit zu rechnen, dass auch in diesem Jahr das Photovoltaik-Zubauziel von 2.500 Megawatt verfehlt werde.
Der Verband kritisiert zudem, dass Eigenverbrauch bei den künftig geplanten Ausschreibungen großer Photovoltaikanlagen mit einer Spitzenleistung oberhalb von einem Megawatt der Eigenverbrauch unzulässig sein soll. Der BSW-Solar hat sich mittlerweile auch für eine deutliche Anhebung der ausgeschriebenen Volumen ausgesprochen.
Beim Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hält man die Umstellung der Förderung auf Ausschreibungen für „ein Experiment“. „Erfahrungen im Ausland sind bislang jedoch überwiegend negativ, und auch für Deutschland sind damit einige Risiken verbunden“, erklärte BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. Kostendegression und Mengensteuerung seien vergleichsweise besser mit dem bisherigen EEG als über Ausschreibungen zu erreichen. „Mit dem Instrument Ausschreibungen macht die Politik nun den Schritt zurück. Deutschland wird zum Labor. Wenn die Experimentierphase vorbei ist, haben wir vielleicht einige Erfahrungen gemacht. Bis dahin werden aber kleine Bürgerenergieunternehmen, die in ihren Regionen für Akzeptanz sorgen, aus dem Markt verdrängt“, so Falk weiter.
Naturgemäß mehr Applaus für die Bundesregierung gibt es beim Thema Ausschreibungen vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). „Die heute vorgelegten Eckpunkte enthalten aus BDEW-Sicht zahlreiche gute Ansätze“, erklärte Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller. Sie wiederum kritisiert aber die festgelegten Ausnahmeregelungen bei der Photovoltaik. „Bedauerlich ist, dass das Bundeswirtschaftsministerium bei Auktionierungen im Photovoltaikbereich sehr zurückhaltend ist. Angesichts der großen Bedeutung der Photovoltaik für die Erreichung der Erneuerbaren-Ziele sollte auch hier der Ausbau so kosteneffizient und zielgerichtet wie möglich erfolgen – gerade mit Blick auf die stark steigende Belastung der Verteilnetze durch selbst erzeugten Strom aus kleineren Photovoltaikanlagen“, so Müller weiter.
Grüne: Ausnahmeregelungen voll ausschöpfen
Bei den Grünen betont man mit Blick auf die internationalen Erfahrungen, dass Ausschreibungen erhebliche Risiken und Nachteile mit sich brächten. „Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird teurer, die Akteursvielfalt wird eingeschränkt. Oft werden die anvisierten Ausbauziele nicht erreicht“, so die energiepolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Julia Verlinden. „Wenn die Bundesregierung der Ansicht ist, dass sie aufgrund der Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU den Ausbau der erneuerbaren Energien wirklich ausschreiben lassen muss, dann soll sie wenigstens alle Ausnahmeregelungen voll ausschöpfen, die in den Leitlinien enthalten sind. Leider schließt die Bundesregierung dies mit ihren heute veröffentlichten Eckpunkten aus“, kritisiert Verlinden den Entwurf. (Sandra Enkhardt)
Weiteres Verfahren zur EEG-Novelle
2016 Ende Juli: Veröffentlichung der Eckpunkte zur EEG-Reform 2016 Bis 1. Oktober: Abgabe der Stellungnahmen zu den Eckpunkten Bis März 2016: Erarbeitung eines Gesetzentwurfs und Verabschiedung im Kabinett Sommer 2016: Beratung und Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat, beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission Ende 2016: Start der Ausschreibungsrunden
Ergebnisse | ||
---|---|---|
Stichtag 15. April 2015 | Stichtag 1. August 2015 | |
Volumen | 150 Megawatt | 150 Megawatt |
Abgegebene Gebote | 170 | 136 |
Ausgeschlossene Gebote | 37 | 15 |
Zuschläge | 25 | 33 |
Zuschlagsmenge | 157 Megawatt | 159,735 Megawatt |
Gebotspreise (Zuschlag) | 8,48 – 9,43 Cent je Kilowattstunde | ca. 8,5 Cent je Kilowattstunde (lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor) |
Preisspanne der Gebote | 1,0 – 10,98 Cent je Kilowattstunde | |
Zuschlagsverfahren | pay as bid | uniform pricing |
Nachrückverfahren | nein | noch offen |
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