Es ist nicht sinnvoll, das EEG abzuschaffen

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In politischen Diskussionen hört man oft die Forderung: Wir können uns die hohen Auszahlungen für das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) nicht länger leisten. Die erneuerbaren Energien haben viel zu viel an Subventionen erhalten, das EEG gehört abgeschafft! Tatsächlich zahlen wir jährlich fast 20 Milliarden Euro an die Betreiber von Erneuerbare-Energie-Anlagen aus. Auch noch in den kommenden 20 Jahren werden derartige Auszahlungen fällig. Mit abnehmender Tendenz, ab 2023 erreichen die ersten Altanlagen mit den höchsten Einspeisevergütungen die 20-Jahres-Grenze. Die Vergütungen für die Einspeisung von Strom aus Wind, Sonne und Biomasse werden durch die EEG-Umlage erhoben. Sie wurde im ursprünglichen EEG-Gesetz vernünftig berechnet: Die Differenz zwischen Einspeisetarif und durchschnittlichem Einkaufspreis aus konventionellen Quellen wurde den Netzbetreibern vergütet. Es gab Ausnahmen für energieintensive Industrie im internationalen Wettbewerb. Bis 2009 waren diese jährlichen Auszahlungen auf zehn Milliarden gewachsen, bei einer Umlage auf den Strompreis von erträglichen 1,2 Cent pro Kilowattstunde.

2009 kam der Sündenfall: In einer EEG-Novelle wurde der Kreis der ausgenommenen Betriebe erweitert. Das Argument des internationalen Wettbewerbs wurde fallengelassen. Die Last wird auf weniger Schultern verteilt. Auch der Referenzpreis wurde verändert, statt eines durchschnittlichen Einkaufspreises aus anderen Quellen wird nun "zur Vereinfachung" der Preis an der Leipziger Strombörse EEX verwendet. Die Netzbetreiber verkaufen den Strom aus erneuerbaren Quellen über diese Börse, die Differenz zwischen dem Erlös und dem ausgezahlten Einspeisepreis über die EEG-Umlage wird ersetzt. Das ist vernünftig, aber durch den Verkauf der rasch wachsenden Mengen erneuerbaren Stroms wird der Preis an der EEX stark gesenkt – zur Freude der energieintensiven Industrie in Deutschland. Dadurch steigt die Umlage auf Betriebe wie auch private Haushalte, die sich nicht befreien lassen können.

Dies trieb die EEG-Umlage in die Höhe: Die Kosten der Umlage stiegen von zehn Milliarden 2009 auf heute 25 Milliarden Euro, also auf das 2,5-fache. Doch die EEG-Umlage pro kWh schoss auf das Fünffache, von 1,2 auf heute 6,2 Cent/Kilowattstunde. Wenn die Umlage nur um denselben Faktor auf heute 3 Cent/Kilowattstunde gestiegen wäre, gäbe es wenig Diskussion.

Dabei wurde übersehen, wie sich die Energiepreise ohne EEG entwickelt hätten. Die Uni Erlangen hat dies untersucht. Ihre Studie zeigt, dass unsere Stromkosten heute ohne die erneuerbaren Energien 30 Milliarden Euro höher wären. Die Einsparungen an Energiekosten durch die Einspeisung der rasch wachsenden Mengen erneuerbarer Energien sind höher als die zusätzlich umgelegten Kosten, wir haben also einen volkswirtschaftlichen Vorteil durch das EEG.

Hinzu kommt, dass wir mit dem EEG von 2014 einen derart mageren Zubau an erneuerbaren Energien erleben, dass die EEG-Umlage zu sinken beginnt. Der verbindliche Zubaukorridor der Photovoltaik, der auf 2 bis 2,5 Gigawatt pro Jahr festgelegt wurde, wird mit erwarteten 1,2 GW 2015 um die Hälfte unterschritten. Eine sofortige Abschaffung der schädlichen EEG-Abgabe auf selbsterzeugten PV- Strom, die bei diesem mageren Zubau nicht mehr als zehn Millionen erbringt, wäre eine angemessene Reaktion.

Die EEG-Novelle 2014 hat den Zubau zunächst der Photovoltaik, der Ernte des Sonnenstroms, zum Erliegen gebracht. Dabei wurden ohne Zögern Zehntausende Arbeitsplätze geopfert – mehr übrigens als durch den Vorschlag Minister Gabriels gefährdet werden, die schlimmsten CO2-Schleudern unter den Kohlkraftwerken vorsichtig zu belasten. Eine Abschaffung des EEG heute macht nicht den geringsten Sinn, die EEG-Umlage wird sowieso kaum noch steigen, eher fallen, und ist auf 20 Jahre gesetzlich garantiert. Eine Abschaffung des EEG würde erneut die Planbarkeit der Energiewirtschaft zerstören, und Planbarkeit ist in der Wirtschaft ein sehr hohes Gut, das wir den vergangen zehn Jahren leider viel zu oft kurzfristigen Forderungen geopfert haben.

Was Deutschland braucht, ist nicht die Abschaffung des EEG, sondern ein vernünftiger gesetzlicher Rahmen für die weitere Transformation unseres Energiesystems hin zur effizienten Nutzung von nur noch erneuerbaren Energien, was nicht nur Energieeffizienz und Bereitstellung erneuerbarer Energien erfordert, sondern auch adäquate Netze, Speicher, Transportsektor und Systemintegration.

– Der Autor Eicke Weber ist Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Die Erstveröffentlichung seines Kommentars erfolgte im Mai in der Badischen Zeitung. –

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