Schmid bringt Redox-Flow-Speicher fürs Eigenheim auf den Markt

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pv magazine: Warum hat sich Schmid als Maschinenbauer, u.a. für die Photovoltaikbranche, entschieden, in das Geschäft mit Vanadium-Redox-Flow-Speichern einzusteigen?

Günter Bauer: Schmid kommt aus dem Bereich der Nassprozessanlagen. Ein Vanadium-Redox-Flow-Speicher ist von der Technik her artverwandt. Die Chemikalien und auch die Materialien für die Behälter und die Rohrleitungen sind sehr ähnlich wie bei Nassprozessanlagen. Dazu kommt im Grunde nur noch der Leistungskonverter (der sogenannte „Stack“), der die elektrische Energie in chemische Energie umwandelt und umgekehrt. Daher war es für Schmid naheliegend, sich mit dieser Technologie genauer zu beschäftigen.
Welche technischen Vorteile sehen Sie in der Vanadium-Redox-Flow-Technologie?
Redox-Flow-Batterien können theoretisch bis zu 100 Prozent be- und entladen werden, ohne dass die Lebensdauer der Batterie beeinflusst wird. Am Elektrolyten gibt es keinen Verschleiß, der Prozess ist komplett reversibel und es gibt keine Nebenreaktionen. Dadurch haben Redox-Flow-Batterien eine besonders hohe Lebensdauer. In der Praxis liegt der Nutzungsbereich aber aus Effizienzgründen bei einer Ladetiefe zwischen 85 und 15 Prozent. Wenn man darüber hinausgeht, gibt es gewisse Wirkungsgradeinbußen. Was die Sicherheit angeht, haben solche Batterien den Vorteil, dass sie nicht brennbar sind und auch nicht explodieren können. Ein weiterer Vorteil ist, dass man Speicherkapazität und Leistung unabhängig voneinander skalieren kann, indem man die Tankgröße der Batterie anpasst oder mehrere Stacks für mehr Leistung in Reihe schaltet.
Derzeit werden die meisten Großspeicherprojekte mit Lithium-Batterien realisiert. Warum?
Viele Projekte, die derzeit realisiert werden, zielen auf eine Teilnahme am Regelenergiemarkt ab. Dafür braucht man sehr viel Leistung, in der Regel über einen sehr kurzen Zeitraum. Da ist eine Vanadium-Redox-Flow-Batterie konstruktiv im Nachteil. Die Leistung wird durch Anzahl und Größe der Stacks bestimmt. Die Komponente Stack ist teurer als der Speichertank. Dadurch werden Vanadium-Redox-Flow-Batterien teurer, wenn sie im Verhältnis zur Kapazität viel Leistung liefern sollen. Vanadium-Redox-Flow ist die Technologie der Wahl, wenn man Energiemengen über mehrere Stunden oder Tage speichern will. Für einen wirtschaftlichen Betrieb brauchen wir ein Verhältnis von Leistung zu Energiemenge von 1 kW : 6 kWh bis 10 kWh.

Welche konkreten Anwendungsgebiete sehen sie dann für Vanadium-Redox-Flow-Batterien?
Einsatzfelder gibt es zum Beispiel bei kleinen Stadtwerken, die mit Blockheizkraftwerken (BHKW) Peak Shaving betreiben oder Lastausgleich im Stundenbereich machen wollen. Im Heim-Bereich geht es vor allem um mehr Unabhängigkeit und eine Erhöhung des Eigenverbrauchs zum Beispiel von Solarstrom. Lithium ist hier nicht unbedingt nötig, weil es eher um die Verschiebung von Energiemengen geht und nicht um hohe Leistungen. Eine schöne Anwendung für unseren Heimspeicher ist zum Beispiel die Kombination mit einer Photovoltaikanlage oder  einem Blockheizkraftwerk. Im Sommer kann man dann die Mittagsspitzen der Photovoltaikanlage in den Abend oder auf den nächsten Tag verschieben. Im Winter kann man das BHKW länger laufen lassen und die zusätzliche Strommenge speichern.
Wie hoch ist das Kundeninteresse für Vanadium-Heimspeicher?
Bei unserer Befragung zur Studie auf der Intersolar 2014 waren die Reaktionen durchweg positiv. Daher sind wir dann auch in die Produktion eingestiegen. Zur Intersolar 2015 starten wir nun mit vier unterschiedlich großen Modellen. Diese eigenen sich mit Speicherkapazitäten von 6,7 bis 30 Kilowattstunden und Leistungen von zwei bis fünf Kilowatt für den Einsatz im Einfamilienhaus bis hin zu einem kleineren Gewerbe. Im Moment betreiben wir  mehrere  Speicher in unseren eigenen Betriebsstätten. Der offizielle Start der Auslieferung an Kunden soll im 3. Quartal dieses Jahres beginnen. 
Die Fragen stellte Mirco Sieg

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