Manche Dächer sind für Installateure noch immer eine Herausforderung. Zum Beispiel Flachdächer mit einer Neigung von mehr als fünf Grad und geringen Lastreserven, bei denen keine Dachdurchdringung erwünscht ist. „Bisher wurden auf solchen Dächern oft keine Solaranlagen errichtet, weil es kein passendes System dafür gab“, sagt Alexander Frink, Projektingenieur beim luxemburgischen Montageunternehmen Avantag Energy. Nun haben die Installateure aber zwei Projekte auf ebensolchen Dächern realisiert, bei denen sie früher eher von einer PV-Installation abgeraten hätten. Sie sagen, das sei durch das aerodynamische Montagesystem Ilzoclip S der Ilzhöfer GmbH aus Sand am Main möglich geworden, die unter dem Markennamen Ilzosurf firmiert. Ilzoclip wurde speziell auf Flachdächer mit mehr als fünf Grad Neigung zugeschnitten.
Das Problem erinnert an das bei Flachdächern ohne Neigung. Noch vor fünf Jahren gab es fast nur Montagesysteme mit Dachdurchdringung oder solche, die mit viel Ballast auf die Dächer gestellt wurden. Dann machten die ersten Hersteller kleine Veränderungen am System, die dazu führten, dass sie mit deutlich weniger Ballastierung auskommen. Bei ihnen sorgt der darüber wehende Wind für einen Sog, der die Systeme auf das Dach drückt. Sie heißen seitdem „aerodynamisch optimiert“ und müssen sich im Windkanal beweisen, damit diese Montagevariante sicher ist. Das Ilzosurf-System sei nun das erste solche System, so der Hersteller, für Dächer mit mehr als fünf Grad Neigung. Die bisher erhältlichen ballastarmen Systeme konnten bei dieser Neigung nicht mehr installiert werden.
Auch Ilzosurf hat das System im Windkanal testen lassen. Nun ist es nach Aussage des Herstellers für Neigungen von bis zu 25 Grad zugelassen. Je nach Reibungskoeffizient der Dachoberfläche könnte es auch bei mehr als 20 Grad Neigung ohne zusätzliche Befestigung am First allein durch Ballastierung auf dem Dach gehalten werden. „In der Praxis befestigen wir unsere Systeme aber ab einer Neigung von zehn bis zwölf Grad mit zusätzlichen Verankerungen im Firstbereich“, sagt Willi Jung, technischer Leiter bei Ilzosurf. Dann sei die Anlage am First gegen Abrutschen gesichert, liege aber ansonsten lose auf dem Dach auf. „Die noch wirksamen Windsogkräfte werden dann durch entsprechende Ballastierung kompensiert.“ Für diese First-Verankerung bietet Ilzosurf ebenfalls Lösungen an, die ohne Dachdurchdringung auskommen.
Reibung ermitteln und Gewicht sparen
Um die nötige Ballastierung zu bestimmen, gehen die Entwickler zunächst vom schlechtesten Reibungswert für das vorliegende Material aus, also zum Beispiel für Bitumen oder eine PVC-Folie. Die Reibung der Oberfläche hängt unter anderem auch vom Grad der Verschmutzung ab. „Wenn wir dann mit der berechneten Ballastierung an die Grenzen der Lastreserven stoßen, gibt es die Möglichkeit, die Reibwerte direkt mit einem Reibungsmesser vor Ort zu erfassen“, erklärt Jung. Wenn sich dann höhere Reibwerte ergeben, kann entsprechend an Ballast gespart werden, so dass auch Dächer mit geringerer Lastreserve belegt werden können. Als schützende Unterlage für das Gestell verwendet Ilzosurf ein Material mit hohem Reibwert, das auf unterschiedlichsten Dachbahnen sehr gute Reibwerte erzielt
Konstruktionsvorteile lösen Spannungen
Während die Module bei den meisten anderen Montagesystemen mit Modulklemmen befestigt werden und dann unbeweglich gelagert sind, bietet der Ilzoclip eine andere Lösung. Hier wird nur der Modulhalter mit der Schiene verschraubt und dann das Modul in diesen eingehängt. „Daher spart man sich das Verschrauben des Moduls mit der Klemme. Wir haben also nur einen Arbeitsschritt, wo andere zwei haben“, erklärt Jung. Die Montagefreundlichkeit bestätigt auch Alexander Frink von Avantag: „Das System war schnell und einfach zu montieren. Unsere Monteure waren sehr zufrieden.“
Udo Siegfriedt, Gutachter beim Landesverband Berlin Brandenburg der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), sieht die schwimmende Lagerung mit Haken statt Klemmen ebenfalls als Vorteil. Nicht nur, weil damit die Montage einfacher wird, sondern auch, weil sich so keine Spannungen im Modulrahmen aufbauen. Siegfriedt gibt allerdings zu bedenken, dass Hersteller ihre Module für eine solche Befestigung extra freigeben müssen. Von Haus aus seien Module meist nur für eine Klemmung an den Viertelspunkten der langen Seite vorgesehen. Für viele Module gebe es keinen Nachweis der Statik, wenn die Befestigung an anderer Stelle erfolgt. Nach Aussage von Ilzosurf ist das Ilzoclip-S-System aber mit rund 90 Prozent der am Markt erhältlichen Module kompatibel.
Einen weiteren Montagevorteil sieht Siegfriedt in der Kabelbefestigung. Gerade bei dachparallelen Systemen müsse man darauf achten, dass Kabel und Stecker nicht auf der Dachhaut aufliegen. Bei einigen Kabellängen und Montagesystemen sei es manchmal nicht möglich, dies zu verhindern, bei Steckern sei ein Kontakt mit der Dachhaut aber ein absolutes No-Go. „Wenn die Steckverbinder im Wasser stehen, kann das sehr gefährlich werden.“ Siegfriedt begrüßt daher die Möglichkeit bei Ilzoclip, die Kabel mit Kabelbindern fachgerecht zu verlegen. Dazu wird eine extra geschaffene Stelle am Modulhalter genutzt sowie ein in fast allen Modulen vorhandenes Bohrloch im Modulrahmen.
Geringes Eigengewicht und Luftlücke für weniger Ballast
Das Ilzoclip S besteht nur aus einer Schiene und einem Modulhalter. Die Schienen werden einreihig vertikal auf das Dach aufgelegt. Die Querverbindung der Schienen übernehmen die Module selbst. Das hat Udo Siegfriedt zufolge zum einen den Vorteil, dass das System auch mit Wellen und Unebenheiten in der Dachfläche gut zurechtkommt. Zum anderen bringt das System dadurch laut Ilzosurf nur etwa ein Kilogramm pro Modul auf die Waage und rangiert damit im Vergleich der Montagesysteme im untersten Bereich. „Ein 60-Zellen-Modul wiegt heute etwa 16 bis 18 Kilogramm“, sagt Willi Jung. „Das gemeinsame Gewicht von Modul und Montagegestell liegt dann also bei etwa elf Kilogramm pro Quadratmeter.“
Nach Herstellerangaben zeigt das Ilzoclip-System außerdem ein besonders gutes aerodynamisches Verhalten im Windkanal. Das liege unter anderem an einem speziellen Kniff bei der Installation. Zwischen den Modulreihen ist Platz für eine horizontale Fuge, die einen Druckausgleich zwischen Modulober- und -unterseite ermöglicht. Das wirke dem Windsog effektiv entgegen und sorge auch für eine gute Hinterlüftung und damit Kühlung der Module.
„Die üblichen zwei Zentimeter Abstand, wie man das von anderen dachparallelen Systemen kennt, reichen dafür nicht aus“, sagt Jung. Wenn die Luft an der unteren Kante der Gesamt-Generatorfläche ein- und an der oberen Kante wieder ausströmt, werden nur die unteren Modulreihen gekühlt, und oben strömt die heiße Luft wieder aus. Außerdem sei so der Druckausgleich zwischen Moduloberseite und -unterseite nicht mehr so einfach möglich. Dadurch müsse gegebenenfalls mehr ballastiert werden.
Dachparallel vs. Aufständerung
Auf wenig oder gar nicht geneigten Flachdächern kommen heute meist aufgeständerte Systeme zum Einsatz, um die Energieausbeute zu maximieren. Das System von Ilzosurf wird nicht aufgeständert, sondern dachparallel montiert. Das hat je nach Neigung und Ausrichtung des Flachdaches geringere Erträge zur Folge als bei aufgeständerten Systemen.
Andererseits können sich aufgeständerte Systeme gegenseitig verschatten, so dass größere Abstände gewählt werden müssen und insgesamt weniger Module auf das Dach passen. Udo Siegfriedt meint, man müsse schlicht im Einzelfall abwägen, was wirtschaftlich sinnvoller sei: mehr Ausbeute pro Modul oder mehr Module pro Dach.
„Nach unseren Erkenntnissen liegt die Ertragsminderung im Vergleich zur Aufständerung im einstelligen Prozentbereich“, sagt Jung von Ilzosurf. Der geringere Montageaufwand und die bessere Ausnutzung der Dachfläche machen die dachparallele Anlage mit Ilzoclip S nach seiner Auffassung häufig rentabler als eine aufgeständerte Lösung. Gegebenenfalls könnten auch die Wechselrichter kleiner gewählt werden, weil die Erzeugungsspitzen mittags weniger hoch ausfallen. Seine Stärke spielt das System nach Einschätzung von Jung vor allem dann aus, wenn Aufständerungen gar nicht mehr als Alternative in Frage kommen, weil sie für die Dachneigung keine entsprechende Freigabe mehr besitzen. Das sei oft ab einer Neigung von fünf Grad der Fall.
Es gibt auch noch andere Anbieter für diese Marktnische. Auch der bayerische Montagesystemhersteller Schletter bietet ein ballastarmes, dachparalleles System für leicht geneigte Flachdächer an, das ohne Dachdurchdringung auskommt. Ohne zusätzliche Befestigung am First oder Gegengewicht auf der gegenüberliegenden Dachseite sollte man das System aber nicht unbedingt bei Neigungen von mehr als zehn Grad einsetzen, erklärt Schletter auf Anfrage. Welche Montagevariante bei welcher Dachneigung möglich ist, hänge zu stark vom individuellen Dach ab, als dass der Montagesystemhersteller hier eine generelle Aussage machen könne.
Nischendach mit Potenzial
Wie groß die Nische „Membran-Flachdächer mit mehr als fünf Grad Neigung, bei denen keine Dachdurchdringung erwünscht ist“ in Deutschland ist, lässt sich nur schwer abschätzen. „Im privaten Bereich sind Folieneindeckungen sehr selten“, sagt Willi Jung. „Die Kombination Schrägdach mit Membraneindeckung hat man fast nur im gewerblichen Bereich.“ Tennishallen oder auch Multifunktionshallen würden zum Beispiel häufig mit geneigten Foliendächern gebaut, auch Sheddächer auf älteren Fabrikgebäuden seien ein möglicher Anwendungsfall.
Wie häufig solche Dächer sind, sei allerdings nicht leicht zu sagen. Jung schätzt, dass von der Gesamtheit aller Flachdächer in Deutschland etwa zehn Prozent stärker als fünf Grad geneigt sind. Auf diesen sei heute noch oft Platz für eine Photovoltaikanlage, „weil Installateure sich da früher oft nicht rangetraut haben“.
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