Mehr als 700 Großspeicherprojekte haben die in unserer Marktübersicht vertretenen Anbieter bereits realisiert, mit insgesamt rund 215 Megawatt Leistung und 300 Megawattstunden Kapazität. Im Schnitt sind das etwa 430 Kilowattstunden pro Projekt, tatsächlich reichen sie von etwa 30 Kilowattstunden bis in den Multimegawatt-Bereich.
Immer häufiger gibt es Meldungen von neuen Großspeicherprojekten. Die Großspeicher zeigen dabei sehr vielfältige Einsatzmöglichkeiten und werden nach Meinung vieler Experten in Zukunft ein wichtiger Bestandteil der Stromnetze sein. Daher wollten wir wissen, wer die wichtigsten Akteure sind und welche Produkte sie anbieten. An unserer Übersicht der großen Speichersysteme haben sich 21 Anbieter beteiligt, davon 17 aus Deutschland. Lithiumvarianten gehören zu den am häufigsten verwendeten Batterietechnologien. Fünf Anbieter setzen auf die Redox-Flow-Technologie. Nur drei geben an, für Großspeicher nur oder auch Blei-Säure-Batterien einzusetzen.
Die meisten der in der Übersicht vertretenen Speicher beherrschen die Standardfähigkeiten, wie die Verschiebung von Strommengen und diverse Netzdienstleistungen sowie Offgrid- und Backup-Anwendungen. Unterschiede bestehen hier eher in der Systemauslegung für den jeweiligen Einsatz. Abheben wollen sich die Anbieter zum Beispiel mit eigenen Batteriemanagementsystemen, die nach ihrer Aussage jeweils besonders batterieschonend arbeiten, oder mit Energiemanagementsystemen, die besonders intelligent seien und zum Beispiel Mikronetze aufbauen und steuern können. Unterschiede findet man zudem bei den Kühlsystemen, die mit oder ohne Wasserkühlung arbeiten, oder bei den Kommunikationsschnittstellen. Viele Anbieter haben auch schlüsselfertige Containerlösungen im Angebot. Diese beinhalten je nach System Batterie, Leistungselektronik und Transformator in einem oder in separaten Containern.
Lithium im Flow
Die verwendete Batterietechnologie spielt natürlich ebenfalls eine Rolle. Lithiumbatterien kennen wir aus unseren Mobiltelefon- oder Laptopakkus, Flowbatterien haben demgegenüber einen anderen Aufbau. Sie bestehen aus zwei Tanks, die mit Elektrolytflüssigkeiten gefüllt sind. Diese Elektrolyte werden bei Bedarf in eine galvanische Zelle gepumpt und tauschen dort über eine Membran Wasserstoff-Ionen aus. Je nachdem ob der Speicher be- oder entladen wird, werden die Elektrolyte oxidiert oder reduziert, wodurch Energie aufgenommen oder abgegeben wird.
Lithiumsysteme werden zum Beispiel gerne für die Bereitstellung von Regelenergie verwendet, weil sie schnell be- und entladen werden können. Außerdem erreichen sie im Verhältnis zur Kapazität eine relativ hohe Leistung, was für die Netzstabilisierung günstig ist. Flowbatterien sind eher für die kostengünstige Speicherung größerer Energiemengen über Zeiträume von Stunden oder Tagen ausgelegt, weniger auf hohe Leistungen. Daher können sich die beiden Technologien in der Praxis gut ergänzen Seit Juli 2014 speichert zum Beispiel ein Hybridsystem aus einer Lithium-Ionen- und einer Vanadium-Redox-Flow-Batterie von Bosch den Strom eines Bürgerwindparks im norddeutschen Ort Braderup. Der angeschlossene Windpark verfügt über eine Gesamtleistung von 18 Megawatt, die Spitzenleistung der Hybridbatterie beträgt rund 2,2 Megawatt. Im Moment werden verschiedene Anwendungen getestet, dazu gehören das Vermarkten des Stroms im Regelenergiemarkt, der Stromhandel an der Strombörse und das Stabilisieren des Stromnetzes. Dabei liefert der Lithiumspeicher bei Bedarf schnell hohe Leistung, und der Flowspeicher wird eingesetzt, wenn größere Energiemengen anfallen.
Pionierarbeit weltweit
Der Anbieter in unserer Übersicht, der mit Abstand am meisten Speicherleistung ins Feld gebracht hat, ist das Berliner Unternehmen Younicos. Laut eigenen Angaben 95,75 Megawatt in 23 Projekten. Mittlerweile eine gewisse Berühmtheit erlangt haben der Fünf-Megawatt-Speicher für den Energieversorger Wemag in Schwerin oder der Großspeicher auf der Azoreninsel Graciosa. Hier steuert übrigens der Schweizer Hersteller Leclanché bis zum Ende des Jahres einen weiteren Speicher bei, auf Lithium-Titanat-Basis mit 2,8 Megawatt Leistung und 3,2 Megawattstunden Kapazität.
Younicos beschäftigt sich aber auch mit weiteren interessanten Projekten. So wurde zum Beispiel im Netz des britischen Verteilnetzbetreibers UK Power Network (UKPN) der größte Batteriespeicher Europas integriert, mit sechs Megawatt Leistung und zehn Megawattstunden Kapazität. Er wird zur Frequenzregulierung eingesetzt. Je nach Bedarf könne er aber auch automatisch auf Preissignale reagieren, Lastspitzen verschieben oder andere Systemdienstleistungen übernehmen, sagt Younicos. Weitere Projekte wurden für die Stadtwerke Dresden und den italienischen Übertragungsnetzbetreiber Terna entwickelt. Zudem hat Younicos in den USA einen Speicher mit 36 Megawatt Leistung und neun Megawattstunden Kapazität an einen Windpark angeschlossen.
Younicos verwendet bei einigen Projekten Lithium-Batteriezellen von Samsung SDI, so zum Beispiel beim Wemag-Speicher und beim UKPN-Speicher. Samsung setzt aber auch eigene Projekte um. Das Unternehmen hat zum Beispiel auf der koreanischen Insel Jeju einen Speicher mit acht Megawattstunden Kapazität realisiert.
Großspeicher und Solarparks
Auch in der direkten Kombination mit Photovoltaikanlagen werden große Speichersysteme eingesetzt. Im gewerblichen Bereich werden sie in der Regel zur Eigenverbrauchsoptimierung und zur Kappung von Erzeugungs- und Bezugsspitzen verwendet. Auch die Versorgung von Elektrofahrzeugen ist damit möglich. Der Anbieter Gildemeister hat beispielsweise eine Vanadium-Redox-Flow-Batterie mit 20 Kilowatt Leistung und 100 Kilowattstunden Kapazität beim Automationsunternehmen Teamtechnik aus Freiberg am Neckar installiert. Im Zusammenspiel mit einer 86,75-Kilowatt-Photovoltaikanlage versorgt der sogenannte CellCube zwei Ladesäulen für Elektromobile von Teamtechnik durchgehend mit Solarstrom. Dadurch können die firmeneigenen Elektroautos und die Elektroautos der Mitarbeiter regelmäßig mit hoher Leistung geladen werden, ohne die Infrastruktur zu belasten.
Es geht aber auch größer. So hat zum Beispiel das Unternehmen Belectric einen Speicher mit 1,6 Megawatt Leistung und zwei Megawattstunden Kapazität direkt an einen Solarpark in der Gemeinde Wittstock angeschlossen. Der Speicher soll unter anderem über ein Poolkonzept am Primärregelleistungsmarkt teilnehmen. SMA hat im November 2014 einen Speicher mit ähnlicher Größe (zwei Megawatt, zwei Megawattstunden) mit einem Solarpark in der bolivianischen Gemeinde Cobija kombiniert. Er soll dort Erzeugungsspitzen glätten und hilft der Gemeinde, Treibstoff für die Dieselgeneratoren zu sparen.
Lösungen für die Energiekommune
Quartierspeicher sollen dabei helfen, Stromerzeugung und Stromverbrauch schon auf lokaler Ebene dezentral auszugleichen. Projekte mit diesem Ziel gibt es in Deutschland bereits mehrere. Anfang 2013 meldete Kaco New Energy zum Beispiel die Installation eines Lithium-Ionen-Speichers mit 150 Kilowattstunden Kapazität für die Modellsiedlung „Steinbruchweg“ in der Gemeinde Weinsberg. Unter den von uns befragten Speicheranbietern hat Bosch ein ähnliches Projekt.
Seit März 2014 unterstützt ein Speichersystem mit einer Kapazität von 130 Kilowattstunden in einem Wohngebiet in der Nähe von Frankfurt den Energieversorger Süwag. Der Speicher soll hier helfen, erneuerbare Energien zu integrieren, um so Stromkosten zu senken und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu stärken. Dadurch werde ein hohes Niveau an Eigenversorgung erreicht, die Energie optimal verbraucht und das Verteilnetz entlastet, so Bosch.
Der US-amerikanische Anbieter von Vanadium-Redox-Flow-Batterien Imergy Power Systems hat eine Quartierslösung in einem indischen Dorf im Bundesstaat Rajasthan umgesetzt. Die Flowbatterie ist dort an einen Solarpark von Sunedison angeschlossen. Anders als bei Quartierslösungen in Deutschland wird der Speicher hier dazu genutzt, ein sogenanntes Microgrid, also ein intelligentes Mini-Stromnetz, aufzubauen. Dieses Konzept soll künftig in mehr als 1.000 weiteren Dörfern umgesetzt werden, die keinen Zugang zu elektrischem Strom haben.
Ein weiteres innovatives Großspeicherprojekt auf Quartiersebene in Deutschland ist die sogenannte Strombank des Mannheimer Energieversorgers MVV Energie und des Batteriespezialisten Ads-tec. Das Projekt hat in diesem Monat den pv magazine award top innovation gewonnen. Mehr zum Projekt und zu den Gewinnern finden Sie ab Seite 6.
Großspeicher mieten und Zellen recyceln
Obwohl sich viele Experten einig sind, dass große Batteriespeicher in Zukunft ein unverzichtbarer Teil der Stromnetze werden, birgt die Investition in einen Großspeicher heute noch ein hohes Risiko. Die Anschaffungskosten sind immens, die Erfahrungswerte bei den Akteuren oft noch gering. Aus diesem Grund hat ein Zusammenschluss von Siemens, Ads-tec, Fraunhofer ISE und dem Verband Storegio ein neues Mietmodell für Großspeicher im Megawatt-Maßstab entwickelt. Es soll Interessenten den Einstieg erleichtern. Kunden, etwa Stadtwerke oder größere Industrieunternehmen, können sich damit ohne hohes Risiko für ein paar Wochen oder Monate mit dem System vertraut machen und den Speicher für ihre Anwendung testen.
Eine Recyclinglösung für gebrauchte Batterien aus Elektrofahrzeugen entwickeln derzeit die Partner BMW, Vattenfall und Bosch. Aus den E-Mobil-Batterien von BMW soll in Hamburg ein Großspeicher mit zwei Megawatt Leistung und zwei Megawattstunden Kapazität entstehen, der zur Netzstabilisierung beiträgt. Auch eine Teilnahme am Regelenergiemarkt ist geplant.
Am Ende ihres Lebenszyklus im Elektrofahrzeug haben Lithium-Ionen-Akkus noch immer eine hohe Speicherkapazität, heißt es bei Bosch. Daher ließen sie sich als stationäre Pufferspeicher noch über viele Jahre nutzen. Die Projektverantwortlichen gehen davon aus, dass der Recyclingspeicher bis Ende 2015 in Betrieb gehen wird.
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