Ein Konto für Solarstrom

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Noch ist es ein Forschungsprojekt, aber es könnte bei der Speicherung von Solarstrom neue Wege weisen. Mit der sogenannten Strombank bietet der Mannheimer Versorger MVV Energie einen Batteriespeicher für Strom an, der aus erneuerbaren oder hoch effizienten konventionellen Energiequellen stammt. Seit Dezember 2014 nutzen 14 Haushalte und vier Gewerbebetriebe im Mannheimer Stadtteil Rheinau den Gemeinschaftsspeicher mit derzeit 100 Kilowattstunden Kapazität.
Der Batteriespeicher funktioniert für Projektteilnehmer ähnlich wie ein Girokonto. Das Konto beginnt bei null und kann vom Betreiber einer PV- oder KWK-Anlage mit Strom gefüllt werden. Dafür wird für jeden Teilnehmer eine physikalische Speicherkapazität reserviert, so dass der „eingezahlte“ Strom auch jederzeit zur Verfügung steht. Auf diese Weise steigt der Eigenverbrauchsanteil: Angepeilt ist ein Anstieg von aktuell rund 30 Prozent auf bis zu 60 Prozent. Da es sich noch um ein Forschungsprojekt handelt, ist der bereitgestellte Speicherservice für die Teilnehmer kostenfrei.
Zu den Projektpartnern gehören neben MVV Energie der Batteriespezialist Ads-tec, der Netzbetreiber Netrion und die Universität Stuttgart mit dem Institut für Photovoltaik IPV und dem Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung Zirius. Gefördert wird das Projekt vom Land Baden-Württemberg im Rahmen des BWPLUS-Programms.
Synergieeffekte durch gemeinschaftliche Nutzung
Einer der Vorteile, den ein Großspeicher im Vergleich zu vielen einzelnen Home-Speichern bieten kann, ist der deutlich günstigere Preis. Home-Speicher kosten derzeit ungefähr 1.500 bis 2.500 Euro pro Kilowattstunde nutzbarer Speicherkapazität – und es geht auch noch deutlich teurer (siehe Marktübersicht Home-Speicher ab Seite 35).
„Für einen Großspeicher zahlt man heute ungefähr 800 Euro pro Kilowattstunde“, sagt Robert Thomann, Innovationsmanager bei MVV Energie. Das liege unter anderem daran, dass viele Komponenten, die in jedem Home-Speicher einzeln verbaut werden, in Großspeichern nur einmal integriert werden müssen, zum Beispiel Wechselrichter, Batteriemanagement, Monitoring und einiges mehr. „Für Energieversorger hat das Angebot außerdem den Vorteil, dass sie so den Kontakt zu den Kunden halten können. Quartierspeicher als Dienstleistungsmodell sind eine Option, um die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden aufzugreifen“, sagt Thomann. Auch eine netzdienliche Betriebsweise sei mit dem Großspeicher aller Voraussicht nach leichter zu realisieren.
Hinzu kommt, dass auch Synergieeffekte der verschiedenen Nutzer möglich sind. Nicht alle Haushalte und Industrieunternehmen brauchen die Kapazität gleichzeitig, erklärt Thomann. „Wir haben auch Mikro-KWK-Anlagen integriert, die teilweise komplementär zu den Photovoltaikanlagen agieren.“ Dadurch könne die Speicherkapazität für den einzelnen Kunden durchaus noch einmal günstiger werden. Genaue Aussagen hierzu gibt es allerdings erst nach einer detaillierten Auswertung der Daten, womit nach Abschluss des Projekts Anfang des Jahres 2016 begonnen wird. Nach der Auswertung soll dann auch entschieden werden, ob MVV Energie ein entsprechendes Produkt anbieten wird und wie das Geschäftsmodell genau aussehen soll (siehe auch Interview Seite 62).
Eine der großen Herausforderungen für das Projekt sind die Strommarkt-Regularien. Heute werden Speichersysteme wie Stromverbraucher behandelt. Das heißt, wer Strom speichert und ihn dafür durch das öffentliche Stromnetz leitet, muss Abgaben wie EEG-Umlage, Netzentgelte und Stromsteuern pro gespeicherter Kilowattstunde abtreten. Und das nicht nur beim Einspeichern, sondern zusätzlich auch beim Strombezug aus dem Speicher. Diese Kosten entfallen teilweise beziehungsweise ganz, wenn man einen Home-Speicher betreibt, der an das eigene Hausnetz angeschlossen ist. Eine entscheidende Frage bei der Entwicklung eines Geschäftsmodells für die Strombank wird daher sein, ob die Kostenvorteile des Großspeichers die Nachteile durch die zusätzlichen Abgaben ausgleichen oder übertreffen können. Das zu klären gehört ebenfalls zu den Zielen des Forschungsprojekts.
Energie-Communitys auf Quartiersebene
Die Zukunftsvision geht bei dem Projekt noch weit über das reine „Einzahlen und Abheben“ hinaus. So könnte es für die Teilnehmer interessant sein, so wie bei einem herkömmlichen Girokonto Geld überwiesen wird, Strom oder Energie zu überweisen. Man könnte der Strombank auch die Möglichkeit einräumen, mit der gespeicherten Strommenge wirtschaftlich zu agieren, sagt Thomann. Das hieße zum Beispiel, an der Direktvermarktung teilzunehmen und so weitere Erlöse zu erzielen. Es sei vielleicht auch möglich, lokale Energieprodukte anzubieten und diese an die Kunden weiterzugeben.
Die Strombank könnte in Zukunft außerdem die Idee von Energie-Communitys auf Quartiersebene vorantreiben. „Die Idee, Erzeugung und Verbrauch dezentral auszugleichen, passt sehr gut in die Anforderungen der künftigen Energiewelt“, sagt Thomann. Wenn man solche Lösungen zum Beispiel mit der Strombank in weiteren Quartieren umsetzt, könnte man auch diese wieder miteinander verbinden. Die Strombank werde so zu einer Keimzelle eines zellulären Energiesystems, in dem sich verschiedene Strombanken gegenseitig beim Ausgleich dezentraler Schwankungen unterstützen.

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