Batteriespeicher sind netzdienlich und können sich lohnen

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Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) geht in die Offensive und hat heute in Berlin zusammen mit der Messe Hannover eineKurzstudie zur Nützlichkeit von Batteriespeichern vorgestellt. Der Verband will damit seine Position in der politischen Diskussion um die Gestaltung der neuen Energiewelt untermauern.
„Man hat ja den Eindruck, dass die Kohle im Todeskampf ist“, sagt Hermann Falk, Geschäftsführer des BEE. Die Zeit, in der Kohlekraftwerke noch laufen, müsse genutzt werden. „Die dezentralen Energiespeicher sind für die Zeit nach den Großkraftwerken sehr gut geeignet.“ Dafür müssten nun die Bedingungen geschaffen werden.

In der vorgestellten Kurzstudie untersuchte Michael Sterner verschiedene Konzepte, wie Batteriespeicher die Netze stabil halten oder helfen, den Netzausbau zu reduzieren. Der Professor von der OTH Regensburg und seine Mitarbeiter kamen zu dem Schluss, dass dies um Beispiel mit der Frequenzstützung und der Schwarzstartfähigkeit (das Starten des Stromnetzes nach einem Blackout) sehr gut möglich sei, ebenso mit der Sicherstellung der Kurzschlussleistung. „Batteriespeicher können schneller reagieren als Kraftwerke“, sagt Sterner.
Bisher werden diese Netzdienstleistungen vorwiegend durch konventionelle Kraftwerke und die rotierenden Massen ihrer Turbinen sicher gestellt. Wenn die konventionellen Kraftwerke sukzessive heruntergefahren werden, und sei es auch nur temporär an einigen Stunden des Tages, müssen andere Einrichtungen diese Dienstleistungen übernehmen.


So schätzen Michael Sterner und seine Kollegen in der Kurzstudie die Möglichkeit der Speichertechnologien ein, die Frequenz im Netz zu stützen und Regelenergie bereit zu stellen. Die grün markierten Felder zeigen, was danach heute schon wirtschaftlich umsetzbar sei. Dabei lassen die Autoren offen, was besser mit Home- und was besser mit Quartiersspeichern abgedeckt werden kann. Grafik: Sterner und Stadler, siehe Studie.

Mit Speichern fünf Milliarden Euro sparen
Sterner legt dabei Wert auf die Unterscheidung „netzverträglich“, „netzdienlich“ und „systemdienlich“. Netzverträglich ist alles, was an das Netz angeschlossen werden darf und für das es wie für Wechselrichter eine Konformitätserklärung gibt. Netzdienlich definiert er so, dass es einen eigenen Beitrag zur Netzstabilisierung leistet. Systemdienlich geht über das pure Stromnetz hinaus. Dazu gehört, dass zum Beispiel auch die Häuser betrachtet werden. Die sollen etwa auch geheizt werden. Batteriespeicher sind nach dieser Definition systemdienlich.


Der erste Schritt zur Wettervorhersage ist der Schluss vom Vortag auf den folgenden Tag. Mit der Annahme, das Wetter werde heute so wie gestern, liegt man mit höherer Wahrscheinlichkeit richtig als mit einem zufälligen Raten. Foto: TKJ1966/pixelio.de

Damit Batteriespeicher systemdienlich sind, müssen sie entsprechend benutzt werden. Als „Königsklasse“ bezeichnet Sterner ein Energiemanagement, das eine Prognose der Erzeugung und der Lasten benutzt. Dabei sei es schon ein erster sinnvoller Schritt, wenn man zur Verbrauchsprognose die Last vom gleichen Tag eine Woche zuvor heranzieht und zur Erzeugungsprognose das Wetter vom Vortag. „Diese prognosebasierten Steuerungen sollten wir weiterentwickeln“, sagt er.
Wenn die Speicher netzdienlich arbeiten, würden sie sich auch volkswirtschaftlich lohnen, sagt Michael Sterner mit Verweis auf eine Studie der RWTH Aachen. So sei der Netzausbau mit dezentralen Batteriespeichern fünf Milliarden Euro billiger als ohne dezentrale Batteriespeicher.
Wichtige Entscheidungen stehen an
Mit der Kurzstudie will der BEE darauf einwirken, dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass sich die dezentralen Energiespeicher und der Markt dafür entwickeln können.

Derzeit stehen mehrere wichtige Entscheidungen an. Zum einen wird über die Fortsetzung desMarktanreizprogramms entschieden, mit dem die dezentralen Home-Energiespeicher gefördert werden. Es läuft noch dieses Jahr, in der zweiten Jahreshälfte könnte es um seine Verlängerung für 2016 gehen.

Außerdem wird die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze überarbeitet. Sie legt unter anderem fest, welche Ausgaben Netzbetreiber über die Netzumlage finanzieren dürfen. Speicher gehören bisher nicht dazu. Michael Sterner fordert, dass sie mit aufgenommen werden. Das würde es erlauben, dass mit Batteriespeichern Netzausbau reduziert werden kann. Ebenfalls in Diskussion ist das Weißbuch Energiemarkt, dass das Bundeswirtschaftsministerium im Juni veröffentlichen will.

Lokale dezentrale Regelungen mit viel Potenzial zur Netzstützung
Batteriespeicher können übrigens nicht nur in der Zukunft netzdienlich eingesetzt werden, sondern werden es bereits jetzt in der Gegenwart. Wer seine Speicher im Rahmen des Marktanreizprogramms von der KFW fördern lässt, das waren in 2014 über 6.000 Betreiber, verpflichtet sich zum Beispiel, nie mehr als 60 Prozent der maximalen Solaranlagenleistung einzuspeisen. Das spart Netzausbau, erklärt Bernd Engel, Professor an der TU Braunschweig und Sprecher des Arbeitskreises Netzfragen des Bundesverbandes Solarwirtschaft, ebenfalls auf der Veranstaltung des BEE-Vorstellung zur Vorstellung der Kurzstudie. Die geförderten Speichersysteme müssen außerdem fernsteuerbar sein und die Software muss sich aktualisieren lassen. Neben dem Marktanreizprogramm lege außerdem die FNN Richtlinie zum Anschluss von Speichersystemen weitere Punkte zur Netzdienlichkeit fest.

Für die Zukunft schlägt Engel vor, die Einspeiseleistung der geförderten Batteriespeicher auf 50 Prozent herunterzusetzen und die Speicher zur Frequenzhaltung zu verpflichten. So sollte zum Beispiel eingeführt werden, dass die Blindleistungseinspeisung, mit der die Spannung im Verteilnetz beeinflusst werden kann, von der Spannung am Netzanschlusspunkt abhängig gemacht wird (sogenannte Q(U)-Regelung). „Das hilft den Verteilnetzbetreibern“, sagt Engel. Wenn die Spannung steigt, weil etwa viel Solarstrom eingespeist wird, wirkt dem die Blindleistungseinspeisung entgegen. Außerdem können Speicher Energie einspeisen, wenn die Netzfrequenz unter die Grenze von 49,8 Hertz sinkt. Das ist nämlich ein Zeichen dafür, dass die Last höher ist als die Erzeugung. Umgekehrt können die Speicher Energie aufnehmen, wenn die Frequenz über 50,2 Hertz steigt.


In derpv magazine Produktübersicht Batteriespeicher finden Sie auch, ob Speichersysteme mit Wetterprognosen gesteuert werden können.

An dieser Stelle zeigt sich, dass es unterschiedliche Methoden gibt, die Netzdienlichkeit zu organisieren. Die beste Lösung hängt unter anderem von der Art des Speichers und dessen Größe ab. Während Großspeicher wie der von derWemag und von Younicos zentral gesteuert Regelenergie vermarkten und bereitstellen kann, könnten kleine dezentrale Energiespeicher über lokale Regelungen wie die, die Bernd Engel erwähnte, das Netz stützen ohne dass es einer zentralen Regelung bedarf.

Warum es nicht richtig wäre, mit dem Speichereinsatz zu warten
Dass Speicher schon jetzt das Netz stützen können, ist insofern wichtig, dass in den vergangenen Monaten immer wieder darüber diskutiert würde, ob man mit dem Speichereinsatz nicht noch warten könne, bis der Anteil von Wind und Sonne an der Energieversorgung nicht noch weiter gestiegen sei. DieAgora Studie von letztem Jahr wurde ja vielfach so interpretiert, dass die Speicher erst 2030 nötig seien.

Michael Sterner, der auch an der Agorastudie mitgewirkt hat, widerspricht dem scharf. Diese Interpretation habe die Presse daraus gemacht. Die Studie habe mehrere Kapitel. In einem Kapitel werde begründet, dass Erzeugungsausgleich durch Speichersysteme noch nicht wirtschaftlich sei, das ist zum Beispiel die Einspeicherung um 12:00 und die Auspeicherung des Stroms um 20:00, wenn die Sonne untergegangen ist. Doch in den anderen Kapitel sei die Netzdienlichkeit herausgearbeitet worden. Diese sei anders als der Erzeugungsausgleich schon jetzt sinnvoll. Der Younicos Speicher, der Regelenergie anbietet, sei nur mit 20 Prozent Zuschuss gebaut worden. Das ginge schon jetzt günstiger. Außerdem sei 2030, wenn es um die Entwicklung und Bereitstellung einer neuen Technolgie gehe, ja auch schon so wie übermorgen. Da müsse man jetzt anfangen, Systeme einzuführen.

Bernd Engel stellte fest, wie wichtig es ist, dass die Politik den Firmen, die in den letzten Jahren viel in Speicherentwicklung investiert haben, nicht die Verdienstmöglichkeiten nehme, indem sie jetzt einen Rückzieher macht. „Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass die nächsten PV-Anlagen mit Speicher und nicht ohne Speicher gebaut werden“, sagt er.
Außerdem ginge es nicht nur um die reine volkswirtschaftliche Rechnung, sagt Robert Brandt, Projektleiter Systemtransformation beim BEE. Die Menschen kaufen ein Auto auch nicht nur aufgrund der Kosten-Nutzen-Analyse. Die Motivation in Speicher zu investieren sei derzeit sehr hoch. „Es wäre volkswirtschaftlich dumm, diese Motivation in der Bevölkerung nicht zu nutzen“, erklärte er. (Michael Fuhs)
Lesen Sie auch in der aktuellen Printausgabe (freier Content)"Dezentral erzeugen und speichern", eine Sinngebung für dezentrale Photovoltaikanlagen und Batteriespeichersyteme

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