Degressionsberechnung bei Solarförderung unlogisch

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Ende März wird die Bundesnetzagentur verkünden, wie sich die Einspeisevergütung für Photovoltaik-Anlagen zum 1. April, zum 1. Mai und zum 1. Juni entwickeln wird. Mit dem Mechanismus soll der Markt nach offizieller Lesart so gesteuert werden, dass der Zubau an Photovoltaik-Anlagen den Zielkorridor des EEG erreicht. Der ist auf 2,4 bis 2,6 Gigawatt festgelegt und es ist ziemlich klar, dass er dieses Jahr nicht erreicht wird. Der Logik nach müsste die Einspeisevergütung steigen, um gegenzusteuern. Dass das nicht geschehen wird, liegt an einigen bekannten Gründen. Jetzt ist ein weiterer dazu gekommen.

Die Bundesnetzagentur hat noch einmal bestätigt, dass sie entgegen der Logik der Vergütungsanpassungen zur Berechnung der Degressions- oder Steigerungsschritte der Solarförderung nicht die realen Zubaudaten heranzieht, also die Leistung der in Betrieb genommenen Photovoltaik-Anlagen, sondern die Zahl der gemeldeten Anlagen. Jeden Monat werden aber auch viele Anlagen gemeldet, die zu einem früheren Zeitpunkt in Betrieb genommen wurden. Nach dem, was man bisher weiß, gingen – jetzt wieder bestätigt von der Netzagentur –im Januar lediglich 91 Megawatt in Betrieb und nicht die als Zubau gemeldeten 123 Megawatt. In die Degressionsberechnung gehen aber die 123 Megawatt ein. Die Netzagentur drückt das auf Anfrage von pv magazine folgendermaßen aus: „Das (Inbetriebnahme)Datum ist für die Degressionsberechnung unerheblich, weil dabei nur der jeweils gemeldete Zubau berücksichtigt wird. Die 2013 in Betrieb gesetzten Anlagen, die 2015 erst gemeldet werden, können erst ab der Meldung in die Berechnungen einbezogen werden.“ Allerdings prüfe die die Netzagentur nicht im Detail, ob Anlagenbetreiber die Anmeldung richtig ausfüllen.

Die Anlagenregisterverordnung, nach der die Bundesnetzagentur seit August 2014 handelt, lässt sich dabei durchaus in ihrem Sinne interpretieren. Dort heißt es in Paragraph 11: „Die Bundesnetzagentur hat … zu veröffentlichen: monatlich den Zubau der installierten Leistung. Hierzu ist zu veröffentlichen: die Summe der installierten Leistung der jeweils im vorangegangenen Kalendermonat … registrierten Anlagen.“

Unlogisch ist es trotzdem, da der Zubau der installierten Leistung nicht der registrierten Leistung entspricht. Im EEG scheint es dagegen eindeutig zu sein, dort ist in Paragraph 31 nur von „Brutto-Zubau“ die Rede und nicht von „Brutto-Registrierung“. Das scheint aber niemanden zu scheren.

Was hat diese unlogische Berechnung für Folgen?
In einem Photovoltaik-Markt, der sich nur langsam ändert, wäre der Effekt dieses logischen Fehlers nicht groß. So sind von den im Januar gemeldeten 123 Megawatt zwar 30 Megawatt in der Zeit vor Januar in Betrieb gegangen. Aber genauso werden in Februar und März noch Anlagen gemeldet werden, die im Januar in Betrieb genommen wurden. In einem stabilen Markt wäre das ein Nullsummenspiel.

Der Solarmarkt ist aber nicht stabil und dadurch kann es zu einem beachtlichen Fehler kommen. Zum einen durch die Anlagen, die in 2014 und 2015 gemeldet wurden und schon davor zwischen 2009 und 2013 in Betrieb genommen wurden (allein im Januar waren das 14 Megawatt). Zum anderen dadurch, dass in einem schrumpfenden Markt die Anlagen, die in den ersten Monaten des Berechnungszeitraums zu viel berechnet werden, nicht durch Anlagen kompensiert werden, die in den Monaten am Ende des Bezugszeitraums zu wenig berechnet werden.

Das ließe sich leicht abschätzen, wenn die Bundesnetzagentur durchgehend alle Inbetriebnahmedaten veröffentlicht hätte. Das macht sie aber erst seit August. Während im Zeitraum August 2014 bis Januar 2015 rund 660 Megawatt neue Anlagen gemeldet wurden, betrug der Zubau nur 483 Megawatt. Vermutlich kommen da noch 20 oder 30 Megawatt hinzu, da noch Anlagen für Januar nachgemeldet werden. Trotzdem bleibt eine Diskrepanz von 150 Megawatt, die nicht durch das „Nullsummenspiel“ kompensiert werden wird. Der Markt schrumpft eben.


Die roten Balken geben für den Zeitraum August bis Dezember ziemlich genau an, wie viel Leistung tatsächlich neu installiert wurde. Für Januar wird der Zubau vermutlich höher sein, da noch Anlagen nachgemeldet werden. Für Januar 2014 bis Juli 2014 hat die Bundesnetzagentur die Daten nicht veröffentlicht. Für den Zeitraum geben die roten Balken nur an wie viel Anlagen nach August 2014 nachgemeldet wurden. (Daten: Bundesnetzagentur, Auswertung: pv magazine)

Degressionsberechnung wird im September kritisch
Für die Degressionsberechnung zum 1. April ist relevant, ob der Photovoltaik-Zubau im Berechnungszeitraum März 2014 bis Februar 2015 unter oder über 1500 Megawatt liegt. Liegt er darüber, fällt die Einspeisevergütung um 0,25 Prozent pro Monat. Liegt er darunter, stagniert die Vergütung. Fällt er unter ein Gigawatt, müsste die Vergütung sogar steigen. Von März 2014 bis Januar 2015 liegt die gemeldete Anlagenleistung bei 1716 Megawatt. Zur Degressionsberechnung müssen nur noch die Daten vom Februar addiert werden, also schätzungsweise 100 bis 150 Megawatt. Danach würde die Degression zum ersten April bei 0,25 Prozent liegen. Wie groß die Diskrepanz zwischen gemeldeten und tatsächlich installierten Anlagen ist, lässt sich auf Basis der veröffentlichten Daten zwar nicht sagen. Es ist aber unwahrscheinlich, dass bei einer sinnvolleren Berechnung auf Basis der installierten Anlagen die Degression niedriger sein würde.


Verteilung der Meldung eines Monats auf die Installationsmonate. Die Prozentsätze geben die Mittelwerte der Daten August 2014 bis Januar 2015 an. (Daten: Bundesnetzagentur, Auswertung: pv magazine)

Verteilung der Installationen eines Meldemonats
Anders sieht es für die Berechnung der Degression zum 1. Oktober und den Bezugszeitraum September 2014 bis August 2015 aus. Aus den bekannten Daten lässt sich schätzen, dass von einer Meldung im Mittel 23 Prozent der Anlagen im Vormonat und sechs Prozent im Vor-Vormonat installiert wurden. Außerdem fallen rund zehn Prozent in den irrelevanten Zeitraum vor 2014 (siehe Grafik). Nimmt man die bekannten Daten für September und Oktober 2014 und nimmt man für 2015 einen monatlichen Zubau von 120 Megawatt an, errechnet sich daraus ein Fehler von rund 150 Megawatt. Liegt die Leistung der zwischen September 2014 und August 2015 neu gemeldeten Anlagen unter 1,65 Gigawatt, was durchaus denkbar ist, würde eine unlogische, zu hohe Degression berechnet. Die Leistung der Installationen läge dann nämlich vermutlich unter der 1,5 Gigawatt-Grenze.

Bei den Daten der Bundesnetzagentur fällt übrigens auf, dass die Zahl der Nachmeldungen für Anlagen, die vor 2014 in Betrieb genommen wurden, stark ansteigt. Waren es August bis Oktober 2014 im Mittel etwa drei Megawatt, waren es danach bis Januar 19 Megawatt pro Monat. Dadurch wird der Fehler in der Berechnung größer.

Außer auf die direkten Degressionsberechnungen kann die unlogische Berechnung zu einem Fehler bei der Abschätzung der absoluten Zubauzahlen kommen, die bezüglich des 52 Gigawattdeckels für die Photovoltaik wichtig wird. Für 2009 hat die Netzagentur den Zubau nur geschätzt und durch einen Abgleich mit Daten der Übertragungsnetzbetreiber vergangenes Jahr einfach mal 644 Megawatt drauf geschlagen. Streng genommen dürfte sie jetzt die Anlagen, die noch für 2009 nachgemeldet werden, nicht mehr zum Zubau dazu zählen. Der Fehler dürfte aber relativ gering sein. Zwischen August 2014 und Januar 2015 kamen so nur einige Megawatt zusammen. Die Pressestelle der Netzagentur wirbt für Verständnis dafür, dass das Melderegister nicht in kurzer Zeit „auf die letzte Nachkomastelle“ exakt sein kann. „Man kann nicht alles nachvollziehen“, sagt Sprecher Michael Reifenberg. Grund dafür sei, dass das Melderegister eben erst im Laufe der letzten Jahre entstanden und sich die Datenbasis mehrmals verändert hat.
Es ist trotzdem erstaunlich, dass sich diese Unlogik in das Gesetz eingeschlichen hat. So hat die Bundesregierung etwa auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten der Linken nochmals herausgestellt, wie wichtig die exakte Erfassung des tatsächlichen Zubaus sei: "Für die Funktionsfähigkeit dieses Mechanismus (des atmenden Deckels, die Red.) muss der tatsächliche Anlagenzubau soweit wie möglich vollständig erfasst werden", antwortete Staatsekretär Rainer Baake im Januar.

Bekannte Gründe wiegen noch stärker
Noch mehr als die Diskrepanz zwischen gemeldeten und neu in Betrieb genommenen Photovoltaik-Anlagen wiegen aber zwei andere, durchaus bekannte Webfehler des EEG dafür, dass die Steuerung des Zubaus nicht funktioniert. Eine Steigerung der Vergütung ist nicht etwa vorgesehen, wenn der Zubau der letzten zwölf Monate unter 2,4 Gigawatt fällt, sondern erst wenn er unter ein Gigawatt fällt. Das führt die Definition des Zielkorridors 2,4 bis 2,6 Megawatt ad absurdum.

Außerdem werden als Bezugszeitraum zwölf Monate berechnet. Das mag funktionieren, wenn sich das Marktumfeld nicht schlagartig ändert. Genau das ist mit der EEG-Novelle zu letztem August aber geschehen. Wurden vor dem 1. August 2014 rund 200 Megawatt pro Monat zugebaut (Zeitraum Januar bis April 155 Megawatt pro Monat), waren es danach nur noch 85 Megawatt (korrigierte Zahlen entsprechend des Inbetriebnahmezeitraums, siehe Grafik). Der Markt bräuchte also schnell eine Korrektur, damit das offiziell verkündete Zubauziel erreicht wird.

Das System reagiert aber mit zwölf Monaten Verzögerung. Auch Michael Reifenberg von der Bundesnetzagentur nennt es „sehr träge“. Wenn man aber einen höheren Zubau im Sinne des atmenden Deckels haben möchte, sei nicht die Bundesnetzagentur die richtige Ansprechpartnerin, sondern das Wirtschaftsministerium. Für dieseshat bereits Dorothee Mühl mitgeteilt, dass die Bundesregierung keine schnelle Änderung des EEG plane. (Michael Fuhs)

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