Das „wichtigste Projekt seit der Mondlandung“ sei die Energiewende, so tönten Mitglieder der Großen Koalition noch vor einem Jahr. Doch inzwischen ist die Groko dazu etwas weniger vollmundig.
Der letzte Koalitionsgipfel hat zum Beispiel das für die Energiewende wichtige Thema Stromtrassen wieder einmal vertagt.
Horst Seehofer traut sich nicht, seinen Wählern in Bayern zu sagen, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn auch nach Bayern Windstrom von Norddeutschland in Richtung Süden geliefert wird. Und dazu braucht es zumindest eine zusätzliche Stromleitung. Solange aber Bayerns Ministerpräsident den Vorkämpfer der Trassen-Gegner spielt, klemmt es mit der Energiewende.
Schließlich muss das Bundesland knapp 50% Atomstrom in sieben Jahren alternativ erzeugen oder importieren. Ohne neue Trassen müssten tausende Windräder im Freistaat errichtet werden. Aber das will Seehofer auch nicht. Obwohl die Energiewende möglichst dezentral organisiert werden muss.
Also: Netze und Speicher sind die Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende, weil die Sonne nicht immer überall scheint und der Wind nicht immer überall weht.
Technisch gilt: Je mehr Speicher desto weniger Leitungen und je mehr Leitungen desto weniger Speicher.
Was aber ist ökonomisch am sinnvollsten?
Darüber muss jetzt ernsthaft gestritten, aber, Herr Seehofer, auch irgendwann entschieden werden. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn die Politik den Bürgern offen sagt, dass dazu auch viele neue Windräder gehören und wenn diese nicht in Bayern errichtet werden sollen, dann sind eben entsprechende Leitungen von Nord nach Süd nötig. Mit dem Streit über zusätzliche Windräder und/oder zusätzliche Trassen tritt die Energiewende in eine entscheidende Phase.
Da das Jahrhundert-Projekt nur von unten mit möglichst großer Bürgerbeteiligung und dezentral gelingen kann, ist es ökonomisch am günstigsten, auch in Süddeutschland den Ausbau der Windenergie zu forcieren. Dies bedeutet aber, dass Bayern seine unsinnige Abstandregelung von 2.000 Metern zwischen Windrad und nächstem Haus revidieren und Baden-Württemberg seinen Windausbau rasch beschleunigen muss.
Im grün-rot regierten Ländle wurden im Jahr 2014 gerademal zwei Windräder aufgestellt. Bei diesem Tempo dauert die für ach so wichtig gehaltene Energiewende länger als 1.000 Jahre. Die USA haben für ihr Mondlandeprojekt im letzten Jahrhundert knapp 10 Jahre gebraucht.
– Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte aufwww.sonnenseite.com. –
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Mit dem Absenden dieses Formulars stimmen Sie zu, dass das pv magazine Ihre Daten für die Veröffentlichung Ihres Kommentars verwendet.
Ihre persönlichen Daten werden nur zum Zwecke der Spam-Filterung an Dritte weitergegeben oder wenn dies für die technische Wartung der Website notwendig ist. Eine darüber hinausgehende Weitergabe an Dritte findet nicht statt, es sei denn, dies ist aufgrund anwendbarer Datenschutzbestimmungen gerechtfertigt oder ist die pv magazine gesetzlich dazu verpflichtet.
Sie können diese Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. In diesem Fall werden Ihre personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht. Andernfalls werden Ihre Daten gelöscht, wenn das pv magazine Ihre Anfrage bearbeitet oder der Zweck der Datenspeicherung erfüllt ist.
Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.