Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach am Mittwochabend nach sechs Jahren wieder auf dem BEE-Neujahrsempfang in Berlin. Weit mehr als 1000 Gäste warteten gespannt, was die Kanzlerin der Erneuerbaren-Branche zu sagen hatte. Doch ganz ihrer Art entsprechend ließ sich Merkel kaum zu eindeutigen Aussagen hinreißen. Sie beteuerte, dass die Bundesregierung an der Energiewende festhalte und bezeichnete die EEG-Reform als Erfolg, da damit der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien besser gesteuert werden könnte. Mit der EEG-Reform seien verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen worden. „Es ist aber schier unmöglich, dabei allen Interessen gerecht zu werden“, sagte Merkel. Dennoch sei ein tragfähiger Kompromiss gelungen, mit dem die Balance zwischen Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimaschutz gehalten werden könne. Auch Merkel griff in ihrer Rede immer wieder auf das Polit-PR-Kauderwelsch zurück, um das Handeln der Politik zu rechtfertigen.
Nur an einer Stelle rutschte Merkel ein Satz raus, der dem Publikum und speziell den Vertretern der Solarbranche, wie ein Schlag ins Gesicht erschien. „Es ist richtig, dass wir bei der Photovoltaik nun eine Atempause brauchen“, sagte die Kanzlerin mit Blick auf die Zubauzahlen 2014, die unter dem von der Bundesregierung anvisierten Ziel liegen werden. Die Schätzungen gehen von 1,8 bis 1,9 Gigawatt aus. Das jährliche Photovoltaik-Ausbauziel der Bundesregierung ist im EEG mit 2,5 Gigawatt festgeschrieben. Merkel ging mit keinem Wort auf die tausenden Arbeitsplätze in Deutschland ein, die in den vergangenen Monaten in der Solarindustrie verloren gegangen seien. Vielmehr sagte sie, dass der starke Zubau von Photovoltaik-Anlagen in den Jahren 2010 bis 2012 in Deutschland dazu geführt habe, dass im Ausland massiv Kapazitäten aufgebaut worden seien. Ihren verbalen Ausrutscher versuchte Merkel im Anschluss wieder einzufangen und verwies darauf, dass Deutschland eine Diversifizierung von Energiequellen brauche und die
Photovoltaik in den vergangenen Jahren bereits stark ausgebaut worden sei. „Ich denke, wir werden jetzt noch viel bei Offshore-Wind zu lernen haben. Alle sollen ihre Chance bekommen“, sagte sie.
Fritz Brickwedde, Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), hatte in seiner Einleitung gefordert, dass es mit der geplanten Umstellung der Förderung von Erneuerbaren auf Ausschreibungen „keine Reoligopolisierung durch die Hintertür“ geben dürfe. Die Bundeskanzlerin versprach zumindest in ihrer Rede, dass auch kleine Akteure künftig weiter Chancen haben werden. Die Verordnung für die Pilotausschreibungen bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen befindet sich derzeit noch in der Ressortabstimmung. Nach pv-magazine-Informationen soll der Entwurf aber kommenden Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Das Ziel der Bundesregierung ist es, noch im ersten Quartal mit den Ausschreibungen zu beginnen.
Beim Thema Strommarkt unterstützte Merkel die Haltung des BEE. Sie teile die Skepsis zu Kapazitätsmärkten. Allerdings ließ Merkel offen, ob sie deren Einführung auch politisch verhindern wolle. „Wir sind auch in Zukunft auf fossile Energieträger angewiesen“, so die Kanzlerin. „Wir müssen den konventionellen Energieerzeugern eine verlässliche Perspektive geben.“ Allerdings bleibe bei den Entscheidungen für ein neues Strommarktdesign nur wenig Zeit. Noch in diesem Jahr werde die Bundesregierung das Grünbuch veröffentlichen und Entscheidungen treffen, kündigte Merkel an.
Auch bei der umstrittenen Einführung der Smart Meter sagt Merkel nur, dass es wichtig sei, die Rahmenbedingung und gleichzeitig Datenschutz richtig zu setzen. Was richtig heißt, erfuhr das Publikum nicht. Damit blieb auch bei diesem Punkt nur hängen: Gut, dass sie es richtig machen will.
Die Kanzlerin wirkte bei ihrer Rede insgesamt lustlos bis fahrig und bot wenig Substanz. Dies zeigte sich auch daran, dass die studierte und promovierte Physikerin an diesem Abend so ihre Schwierigkeiten mit Maßeinheiten hatte. So sagte sie: „Jede nicht verbrauchte Kilokalorie ist die beste.“ BEE-Präsident Fritz Brickwedde nutzte diesen Fauxpas der Kanzlerin im Anschluss an ihre Rede für eine Spitze gegen den wohlbeleibten Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD). Auch beim Klimaschutz sprach Merkel nicht vom Zwei-Grad-, sondern vom Zwei-Prozent-Ziel, dass es einzuhalten gelte.
Zum Abschluss ihrer Rede betonte Merkel, dass der BEE mittlerweile einen großen Einfluss im Bundestag habe. Reformen ließen sich nur noch schwer gegen den Widerstand der Erneuerbaren durchsetzen. Sie appellierte an die Branche diese Macht verantwortungsvoll einzusetzen. (Michael Fuhs/Sandra Enkhardt)
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