Die EU-Kommission hat die Förderung des Baus und Betriebs des neuen AKW Hinkley Point C in Großbritannien als mit dem EU-Beihilferecht vereinbar eingestuft. Großbritannien habe im Laufe des Beihilfeverfahrens zugesagt, die Bedingungen der Projektfinanzierung erheblich zu ändern. „Mit diesen Änderungen wird die staatliche Beihilfe in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen, und es werden übermäßige Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt vermieden“, begründete die europäische Kommission ihre Genehmigung.
Die Förderung sieht vor, dass mittels eines so genannten Differenzvertrags, der dem Betreiber des Kernkraftwerks Hinkley Point über einen Zeitraum von 35 Jahren stabile Einnahmen gewährleistet werden. Zudem kommt der Betreiber in den Genuss einer staatlichen Bürgschaft für sämtliche Darlehen, die er auf den Finanzmärkten für den Bau des Kraftwerks aufnimmt, wie die EU-Kommission schreibt. Es werde auch eine staatliche Bürgschaft für sämtliche Darlehen für den Betreiber EDF geben, zumindest jener, die er auf Finanzmärkten zu den Bau aufnehme. „Im Verlauf der Untersuchung konnten die britischen Behörden nachweisen, dass mit der Beihilfemaßnahme ein echtes Marktversagen behoben wird, und die anfänglichen Zweifel der Kommission ausräumen. Insbesondere könnten die Projektträger aufgrund der beispiellosen Art und Tragweite des Projekts nicht die erforderlichen Finanzmittel beschaffen“, heißt es aus Brüssel.
Zu den Änderungen im Laufe des Beihilfeverfahrens schreibt die EU-Kommission, dass zum einen die Bürgschaftsgebühr deutlich angehoben worden sei. Dadurch werde die Beihilfe um etwa 1,3 Milliarden Euro geringer ausfallen. Zum anderen sei vereinbart worden, dass sobald die Gesamtgewinne des Betreibers (Kapitalrendite) höher ausfallen als der zum Zeitpunkt des Beschlusses geschätzte Wert, würden sie mit der Behörde geteilt, die die Unterstützung gewährt. Des Weiteren ist im Beschluss ein zweiter, höherer Schwellenwert festgelegt, ab dem die Behörde mehr als die Hälfte der Gewinne erhält, wie Brüssel mittetilte. Dieser Gewinnteilungsmechanismus werde zudem nicht auf 35 Jahre beschränkt, sondern gelte für die gesamte Laufzeit des Projekts.
Umweltorganisationen sind von der Entscheidung der EU-Kommission entsetzt. „Diese Entscheidung ist ökonomischer und ökologischer Irrsinn. Atomkraft gefährdet Menschen und birgt viele ungelöste Probleme: Die unzureichende Haftung im Falle einer Atomkatastrophe, explodierende Kosten beim Rückbau der Reaktoren, die fehlende Lösung für das Atommüllproblem sind nur einige Beispiele“, erklärte Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. Er warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, keine atomkritische Position vertreten zu haben. „Sie ist nicht für eine europäische Energiewende eingetreten. Somit ist sie mitverantwortlich für künftige AKW-Neubauten in Europa, welche auch die deutsche Bevölkerung auf Jahrzehnte hinaus gefährden werden“, so Smital weiter.
Beim europäischen Photovoltaik-Industrieverband zeigt man sich ebenfalls enttäuscht. „Diese Entscheidung, die im Widerspruch zu dem Ziel mehr Wettbewerb im Energiesektor steht, wird zweifellos weitere Verzerrungen im Energiesektor hervorrufen und die Entwicklung eines Energiebinnenmarktes behindern. Dagegen wird von der Photovoltaik erwartet, sich Marktregeln anzupassen, die gar nicht zu ihr passen“, erklärt EPIA-CEO James Watson.
Atomlobby freut sich
Freude herrscht hingegen bei der Atomlobby. „Die Entscheidung stellt Kernkraft ein eine Reihe mit anderen Formen sauberer Energiegewinnung mit einem Marktmechanismus sogenannter Differenzverträge, die Teil der jungen Strommarktreform der britischen Regierung sind“, sagt Agneta Rising, Generaldirektorin der World Nuclear Association. Weltweit werde dies den Bau neuer AKW vorantreiben.
Nach Angaben der EU-Kommission erfordert der geplante Neubau des AKW Hinkley Point C eine Fremdfinanzierung von umgerechnet rund 21,6 Milliarden Euro. Das Gesamtkapital wird auf ungefähr 43 Milliarden Euro geschätzt und die Baukosten auf 31,2 Milliarden Euro. Die Inbetriebnahme des AKW ist für 2023 geplant. Es soll dann insgesamt 3,3 Gigawatt Leistung haben. Die erwartete Lebensdauer beträgt nach EU-Angaben 60 Jahre. (Sandra Enkhardt)
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