Die Standardisierer

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Auf dem Foto sehen sie aus wie unscheinbare Standardcontainer. Darin sind auch keine großen Unbekannten, sondern die gut bekannten Bestandteile eines typischen Mikrogrids. Und trotzdem haben es Steffen Heinrich und Busso von Bismarck geschafft, sich damit selbstständig zu machen. Ihr Unternehmen nannten sie Qinous, und jetzt, bereits ein dreiviertel Jahr nach der Gründung, haben sie das erste Gerät verkauft, ausgeliefert und in Betrieb genommen. „Oberflächlich betrachtet gibt es viele ähnliche Lösungen, aber am Ende unterscheiden sie sich sehr“, sagt Heinrich.

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Qinous hat den pv magazine award: top innovation gewonnen.

Die Container, die es als Varianten mit 10, 20 und 40 Fuß gibt und die von den inzwischen neun Mitarbeitern in Berlin entwickelt wurden, enthalten je nach Bedarf des Kunden alles, was für ein Inselsystem nötig ist: eine Systemsteuerung mit integriertem Energiemanagement, die auch die Koordination mit Dieselgeneratoren übernimmt, einen Batterieumrichter, eine Batterie und einen Photovoltaik-Wechselrichter. Wichtig sei, dass die Container geschlossen und klimatisiert sind. Auch die Bedienung kann von außen erfolgen.
Die Marktlücke ist der Leistungsbereich: 30 Kilowatt bis in den Megawattbereich, womit der Container für Dörfer, Hotels und Minen geeignet sei. „Dieser Leistungsbereich macht rund ein Drittel des Dieselgeneratormarktes aus“, erklärt George Hanna, der später als dritter Mitgründer zum Team gestoßen ist. Die Hauptkosten beim Dieselstrom liegen beim Kauf des Treibstoffs. Wenn sich mit parallel geschalteten Photovoltaikanlagen Diesel sparen lässt, amortisieren sich diese Anlagen daher im Prinzip relativ schnell. Mit den klimatisierten Containern sollen sie sich noch schneller rechnen, weil diese in Berlin zusammengebaut und getestet, dank der Standardisierung einfach transportiert und vor Ort relativ einfach angeschlossen werden können.
Da das Qinous-System auch einen Speicher enthält, können die Dieselgeneratoren sogar teilweise ganz abgeschaltet werden. Als Speicher in dem Container kommen Lithium- oder Natrium-Ionen-Battterien mit einer Kapazität von bis zu 1.000 Kilowattstunden pro Container in Frage.

Vom Angestellten zum Unternehmer
Auf die Idee kamen Steffen Heinrich und Busso von Bismarck bei ihrem letzten Arbeitgeber Younicos, der größere individualisierte Speichersysteme entwickelt. Sie arbeiteten dort an einem Projekt in Madagaskar, wo eine kleinere Containerlösung sinnvoll gewesen wäre. Doch Younicos scheute den langen Vorlauf und die damit einhergehenden Entwicklungskosten. Daraufhin nahmen Heinrich und von Bismarck das Projekt selbst in die Hand. Sie lernten George Hanna kennen, der bei Bosch in der Solarsparte tätig war. Diese sollte zu dieser Zeit verkauft oder geschlossen werden, so dass Hanna offen für eine Gründung war. „Wir mussten aber auch zunächst durch ein Tal der Tränen gehen“, sagt Heinrich. Es sah lange Zeit schwierig aus, eine Finanzierung zu bekommen, bis sie diesen Januar den Zuschlag von einem Business Angel für die sogenannte Seed-Phase bekommen haben. Dann ist die Investitionsbank Berlin als Zweitinvestor dazugekommen. In der Seed-Phase soll ein Start-up normalerweise ein Produkt zur Marktreife führen.

Ein Aspekt der technischen Entwicklung waren dabei umfangreiche Tests. Dafür hat Qinous eine Testumgebung aufgebaut. „Die Container müssen auch die Sonderfälle, die im Mikrogrid auftreten können, beherrschen“, erklärt Hanna. Dazu gehört die sogenannte Schwarzstartfähigkeit, also dass der Container das Netz alleine hochfahren kann, die Kurzschlusssicherheit, im Kurzschlussfall muss der Strom so hoch sein, dass die Sicherungen sicher auslösen, und die Fähigkeit des Speichersystems, das Netz auch alleine zu betreiben. Wenn zusätzlich Windkraft angeschlossen wird, sei diese Aufgabe sogar eine noch größere Herausforderung, so Hanna.

Arbeiten an der Wirtschaftlichkeit
Der andere Aspekt der Entwicklung war die Wirtschaftlichkeit. „Die Standardisierung soll so weit gehen, dass die Entwicklungskosten von Container zu Container marginal werden“, erklärt Hanna. Anfangs hätten sie fertige Wechselrichter zugekauft. Jetzt würden sie aber Umrichter einbauen, deren Kern in großer Stückzahl für andere Industrien gefertigt werde. Qinous verarbeitet sie für den Einsatzbereich im Speichersystem weiter. „Das hat die Kosten für die Umrichter um circa 80 Prozent gesenkt“, sagt Hanna. Inzwischen seien die Kosten so weit gefallen, dass sich das System grob geschätzt bei einem Dieselpreis von rund 70 bis 80 Cent pro Liter gegenüber dem Dieselgenerator finanzieren lasse.
Nachdem im August ein Prototyp fertiggestellt wurde, hat das System laut Hanna jetzt sogar schon einen Käufer gefunden. Der sitzt allerdings in Deutschland und betreibt es netzparallel. Aber auch für den Einsatz in anderen Ländern gebe es bereits viele ernsthafte Interessenten. Teilweise sind das EPCs aus Deutschland, teilweise Endnutzer vor Ort. Dass sie so schnell bekannt geworden seien, liege teilweise an ihren eigenen Netzwerken, teilweise an den Herstellern von Batteriespeichern. „Diese brauchen Speichersystemintegratoren, um ihre Batterien zu verkaufen“, sagt Hanna.
Qinous ist nicht das einzige Unternehmen, das standardisierte Container in netzferne Regionen verkaufen will. Heinrich sieht es relativ entspannt, da der Entwicklungsaufwand, das, „was wir in den eineinhalb Jahren der Entwicklung alles abarbeiten mussten und nur mit dem vorhanden Know-how möglich war“, ziemlich hoch sei. In eine Patentierung will er nicht investieren, das sei in diesem Segment schwierig und es widerspreche seiner Mentalität, andere an etwas zu hindern. Er setzt eher auf den zeitlichen Entwicklungsfaktor. Es geht also darum, schnell zu sein, zu wachsen und möglichst schnell Skaleneffekte zu nutzen. Denn je höher die Stückzahlen werden, umso günstiger werden die Komponenten. Michael Fuhs

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